Hintergrund

«El Camino» und das Phänomen von Serienfilmen

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«Breaking Bad» ist eine der international am meisten ausgezeichnetsten Serien. Sie wird nicht nur regelmäßig in Diskussionen um die qualitativ besten Serienproduktionen an erster Stelle genannt, auch die Fangemeinde bleibt der Geschichte um den Crystal Meth kochenden und an Krebs erkrankten Chemielehrer treu. So ist es nicht verwunderlich, dass nun mit «El Camino» eine vollständige Filmproduktion erscheint. Quotenmeter.de hat sich das Phänomen von Filmen, die aus Serien entstanden sind, genauer angesehen.

Wer kennt es nicht: dieser eine Moment, wenn man den Abspann der letzten Folge seiner Lieblingsserie sieht. Je nach Finale kann man entweder begeistert sein, wie die Serie beendet wurde, oder aber die Entscheidung der Macher kritisieren, wie es zuletzt noch bei «Game of Thrones» der Fall war. In den meisten Fällen möchte die Zuschauerschaft mehr von der Serie erfahren, mehr von der Welt, in die sie über mehrere Folgen und Staffeln hinweg eingetaucht sind. Neue Ableger sind also keine Seltenheit und kommen oftmals in Form von Kinofilmen daher, die insbesondere die Fans der entsprechenden Serien in die Säle locken möchten.

Ein prominentes Beispiel für dieses Phänomen ist die Serie «Firefly», die sich bis heute großer Beliebtheit erfreut. Die humorvolle Mischung aus Western und Science-Fiction wurde trotz pointierten Dialogen und sympathischen Charakteren 2003 abgesetzt. Joss Whedon, das Mastermind hinter der Serie, sollte später an großen Hollywoodproduktionen wie Marvel’s «The Avengers» beteiligt sein und gilt als einer der begabtesten Drehbuchautoren. Die Rufe der Fans wurden letztendlich erhört und bereits 2005 kam mit «Serenity» ein vollwertiger Kinofilm, der sich an den Charakteren und Geschehnissen der Serie orientierte. Auch wenn der Film kein bedeutender Kassenschlager war, spielte er zumindest sein Budget von 40 Millionen US-Dollar wieder ein und genießt insbesondere bei den Fans einen Kultstatus.

Doch Filmableger von Serien müssen finanziell kein Nullsummenspiel sein, im Gegenteil sogar. «Star Trek», eines der größten Franchise weltweit, begann in Serienform und hat mittlerweile eine Vielzahl an Filmen, die abseits der Serie spielen. So ist «Star Trek – Der Zorn des Khan II» von 1982 ein absoluter Science-Fiction Klassiker, der zum einen erfolgreich war, aber auch die Fans der Serie mit neuen Charakteren und Geschichten bereicherte. Und auch die Neuauflagen des Universums von Regisseur J.J. Abrams basieren auf der Erfolgsserie rund um Captain Kirk und das Raumschiff Enterprise.

Momentan gibt es auch Planungen zu Spin-Off Filmen, die sich mit dem «The Walking Dead»-Universum beschäftigen sollen. AMCs Zombieserie ist zwar ein nahezu permanent populärer Name, die Einschaltquoten hingegen sind ein ständiges auf und ab. Ein Film abseits der Reihe bietet die Möglichkeit eine eigenständige Handlung aufzubauen und vollständig abzuschließen, ohne sie über mehrere Folgen hinweg zu strecken und auslaufen zu lassen. Frei nach dem Motto „In der Kürze liegt die Würze“ könnte ein spannender, aber kurzweiliger Film der Serienwelt mit ihren umherlaufenden Zombies wieder zu alter Stärke verhelfen.

Ebenso kann ein Kinofilm auch als großer Abschluss inszeniert werden. Wenn das Finale der eigentlichen Serie beispielsweise bereits gelaufen ist, kann ein Film als endgültiger Schlusspunkt gesetzt werden. So, wie es auch die Erfolgsserie «Downton Abbey» dieses Jahr tat. Die Serie um ein britisches Adelshaus wurde bereits vor längerer Zeit zu einem Ende geführt, der Film dient somit zugleich als Wiedersehen, aber auch als finaler Abschied. Mit einem Budget von 20 Millionen US-Dollar und einem Einspielergebnis von weit über 100 Millionen, ist der Kinofilm über das beliebte Adelshaus ein bemerkenswerter Erfolg.



Ein Erfolg, den «El Camino» nicht replizieren kann. Dies rührt daher, dass der Film von Netflix produziert und auch auf dem Streamingdienst ausgestrahlt wird. Ein Kinorelease ist ihm nicht gegönnt, der angesichts der großen Fangemeinschaft, die «Breaking Bad» immer noch hat, finanziell sicherlich erfolgreich gewesen wäre. Der Spin-Off Film entstammt erneut der Feder von Vince Gilligan, der bereits der Schreiberling der Serie war. Auch die Inszenierung hat er übernommen und Jessie Pinkman, alias Aaron Paul, wird Hauptdarsteller des Ablegerfilms sein. Ansetzen soll er dort, wo die Handlung der Erfolgsserie aufgehört hat. Walter White, der Drogenbaron, ist gestorben, sein Komplize Pinkman ist über alle Berge. Der Trailer zeigt bereits im Ansatz, wie es mit ihm weitergeht. Er kontaktiert alte Bekannte, deren Gesichter man bereits kennt und muss sich entscheiden, wie sein Leben nach dem Zusammenbruch des Drogenimperiums aussieht, das er mit Walter gemeinsam aufgebaut hat.

Die Prämisse des Ablegers bietet viel Potential, muss sich letztendlich jedoch dem größten Kritiker stellen. Dieses ist nicht etwa das Feuilleton, sondern der Fan selbst. Wird der Kinofilm der Serie gerecht, oder kann er nicht an ihre Qualität anschließen? Sind die Entscheidungen der Charaktere nachvollziehbar, sind die Dialoge wieder so scharf, wie sie es einst waren oder haben sie sich verändert? Wie der Film bei Kritikern und Fans ankommen wird, bleibt abzuwarten. Dennoch ist er jetzt schon ein Beispiel dafür, wie hoch die Erwartungen gegenüber Serienfilmen sein können – manchmal sogar zu hoch.

«El Camino» ist ab dem 11. Oktober auf Netflix verfügbar.

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