360 Grad

Underwood im Elysee-Palast, Bartlett im Kanzleramt

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Nicolas Sarkozy hat kürzlich in einem Interview von seinen Lieblingsserien erzählt. Auch die von Angela Merkel sind bekannt. Über Polit-Serien im Polit-Betrieb.

Die Wahl unserer Lieblingsserien sagt etwas über uns als Personen aus. Über unsere Interessen, vielleicht über unsere Haltungen, unsere Meinungen, Standpunkte und künstlerischen Präferenzen.

Es könnte einen also ein bisschen beunruhigen, wenn ein Spitzenpolitiker ausgerechnet «House of Cards», jene Serie über den schonungslos machtgierigen und dabei gerne mörderischen fiktiven US-Präsidenten Frank Underwood, als Lieblingsserie anführen würde.

Stellen wir uns einmal vor, wie der ehemalige (und vielleicht bald erneut gewählte) französische Präsident Nicolas Sarkozy abends auf dem Sofa mit seiner Carla Bruni Frank und Claire Underwood beim Intrigieren zusieht und sich vielleicht ein bisschen davon inspirieren lässt, wie man das macht, wieder an die Macht zu kommen und dort zu verbleiben.

Warum ausgerechnet Nicolas Sarkozy? Weil er sich kürzlich in einem Interview mit „Le Figaro“ als großer Fan der Serie geoutet hat. Vergleiche zwischen Sarkozys Politik als Innenminister und Präsident und Frank Underwoods Taten als House Whip und (Vize-)Präsident zu ziehen, bleibt dem interessierten Leser überlassen.

Was Sarkozy noch so alles guckt? «Downton Abbey» findet er toll, «Game of Thrones», «Homeland» und «The Americans» auch, die viel gerühmte französische Serie «Versailles» sowieso. Serien also über eine Law-and-Order-affine Sicherheitspolitik, kriegerische Familienfehden und wehmütige Anklänge an eine untergegangene Zeit.

Kurzum: Der ehemalige französische Präsident guckt, was die meisten engagierten Serienzuschauer ebenfalls gerne konsumieren.

Ein wenig erinnert diese Beobachtung freilich an Andy Warhols Analyse des amerikanischen Konsummarkts, dessen Massenprodukte erschwinglich und für jeden Konsumenten identisch sind. Oder in seinen eigenen (eloquenteren) Worten: “What's great about this country is that America started the tradition where the richest consumers buy essentially the same things as the poorest. You can be watching TV and see Coca-Cola, and you know that the President drinks Coke, Liz Taylor drinks Coke, and just think, you can drink Coke, too. A Coke is a Coke and no amount of money can get you a better Coke than the one the bum on the corner is drinking. All the Cokes are the same and all the Cokes are good. Liz Taylor knows it, the President knows it, the bum knows it, and you know it.“

High-Quality-Serien sind dann wohl der große kulturelle Gleichmacher. Für ein paar Euro kann sich der Hartz-IV-Empfänger ein SVOD-Abo holen oder sich bei Amazon eindecken und dieselben (hochwertigen) Serien gucken, die ein französischer Ex-Präsident genauso gerne wegbinget.

In Deutschland können wir übrigens ganz beruhigt sein: Angela Merkel würde gerne mal «The West Wing» gucken und erfreut sich ansonsten an der Allerweltsserie «Inspector Barnaby». Keine Gefahr also, dass sie sich von Frank Underwood mal den einen oder anderen Trick abschauen möchte.

Josiah Bartlett ist sowieso der bessere Präsident.

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