Die Kino-Kritiker

«Step Up: Miami Heat»

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Es wird wieder getanzt: im vierten Teil der «Step Up»-Reihe stellt sich die Tanzgruppe „The Mob“ gegen einen gemeinen Immobilienhai.

Die Flut an Tanzfilmen nahm in den letzten Jahren stetig zu. Ob «Streetdance», «Honey», «Stomp the Yard» oder eben auch die «Step Up»-Reihe – sie alle drücken ihre Geschichte hauptsächlich durch rhythmische Bewegungen aus. Doch während der erste Film noch mit dem mittlerweile viel gefragten Channing Tatum aufwarten konnte, verabschieden sich im aktuellen Teil große Darstellernamen endgültig. Wichtig ist ja quasi eh nur, dass sich die gecasteten Personen halbwegs im Takt bewegen können. Schauspielerisches Können scheint dabei ebenso wenig von Nöten zu sein wie eine zumindest im Ansatz glaubwürdige Geschichte.

Diese ist im vorliegenden Fall eigentlich nicht der Rede wert: Sean (Filmdebütant Ryan Guzman) ist Küchenangestellter, hasst seinen Job aber und nutzt jede freie Sekunde, um zu tanzen. Denn er ist Kopf der Tanzgruppe „The Mob“, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, durch Tanzflashmobs zu verschiedenen Anlässen auf sich aufmerksam zu machen. Außerdem winkt der Gruppe mit den meisten Klicks bei einem Wettbewerb auf youtube ein stattliches Preisgeld. Als Emily (Kathrin McCormick) zur Truppe dazu stoßen will, macht sich Unmut breit.

Denn Emily ist nach Miami gekommen, um sich ihren Traum einer professionellen Tänzerin endlich zu erfüllen. Dabei verliebt sie sich in Sean, der seine neue Flamme bei „The Mob“ dabei haben will. Doch dann stellt sich heraus, dass Emily die Tochter des skrupellosen Geschäftsmanns Anderson ist. Und der plant eine komplette Sanierung des alten Viertels, in dem die Tänzerinnen und Tänzer des „Mobs“ zu Hause sind. Das kann die Crew um Sean nicht so einfach hinnehmen. Sie planen einen weiteren großen Tanzflash, um gegen die Baumaßnahmen zu protestieren – und setzen damit ihren Lebenstraum und die Leidenschaft zum Tanzen aufs Spiel…

Wenn es doch nur in der Realität auch so einfach wäre wie im Film, Probleme aus der Welt zu schaffen, würde es den Menschen wohl viel besser gehen. Vorhaben ranghoher Personen werden einfach weggetanzt – die neue Art, zu demonstrieren. Das gelingt zumindest in der neuesten «Step Up»-Fortsetzung. „Brich die Regeln und höre auf Dein Herz“, so die eindringliche Botschaft. Und diese versucht Sean seiner Emily fortwährend einzubläuen. Dabei wirkt der Leitsatz so ausgelutscht wie banal. Sich gegen alles, was einem nicht passt, mit einer ausgefeilten Choreografie zu wummernden Beats zu wehren, dürfte in dieser Form nicht mal in den USA funktionieren. Doch wenn einer Drehbuchautorin, in diesem Fall Newcomerin Jenny Mayer, eben gar nichts mehr einfällt, muss etwas so Abgedroschenes und Uninspiriertes nun mal herhalten. Die Leute werden es schon nicht merken.

Dennoch: die (teilweise etwas zu lang geratenen) Tanzszenen haben einen gewissen Unterhaltungswert. Die Künstler beherrschen ihre Körper und die einstudierten „Moves“ können sich sehen lassen. Zu aktuellen Synthi-Klängen der Dance- und Hip-Hop-Kultur (das neumodische Dubstep-Genre wird dabei ebenfalls nicht außen vor gelassen) räkeln sich die durchtrainierten Jungs und Mädels auf Autos, Containern und an Seilen. Als wirklich gelungen stellt sich ein Flashmob in einer Kunstgalerie heraus, in der die „Mob“-Mitglieder als Kunstobjekte getarnt das Tanzszenario zur Verblüffung der Gäste beginnen. Hier kann die Inszenierung von Scott Speer mit einigen netten Einfällen punkten.

Als größte Schwachpunkte jedoch stellen sich die völlig abstruse Handlung und die flache Charakterzeichnung des vierten «Step Up»-Abenteuers heraus. Vielleicht mag sich die eine oder andere Kinobesucherin noch mit Emily identifizieren. Ein kleines Mädchen mit großem Traum, das sich von ihrem machohaften Vater lossagen will. Alle anderen Figuren bieten keinerlei Anhaltspunkte für Sympathien oder Mitgefühl und sind vollkommen austauschbar. Aber offenbar reichen gestählte Muskeln und eine knackige Figur für solche Zwecke aus, um Zuschauer bei der Stange zu halten. Der gesunde Menschenverstand sollte sich dann spätestens bei der vermurksten Geschichte einschalten. Ein Flashmob mitten auf einer stark befahrenen Straße in Miami – und die Polizei ist nirgends zu sehen? Ein großkotziger Immobilienmakler, der eine Rede zu seinen Plänen direkt am Flussufer inmitten von Baucontainern abhält? Neben Logiklöchern mit den Ausmaßen von Meteoritenkratern wirkt das Gezeigte teils so unfreiwillig komisch, das man nur noch den Kopf schütteln und lachen kann.

Als genauso überflüssig wie das gesamte Werk stellt sich auch die Verwendung des 3D-Effekts heraus. An keiner Stelle kann die zusätzliche Ebene einen Mehrwert erzielen. Keine Tiefe durch etwaige atmosphärische Partikel. Noch nicht einmal Pop-Outs finden sich hier vor. Selbstverständlich wurde nach dem direkten Vorgänger «Step Up 3D» erneut auf eine lukrative 3D-Produktion gesetzt. Diese kann allerdings nur mit dem Ziel den resultierenden Mehreinnahmen argumentiert werden.

An «Step Up: Miami Heat» werden wohl nur eingefleischte Fans des Tanzfranchise Gefallen finden. Wer sein Gehirn im Vorfeld ausschaltet oder an der Garderobe abgibt, könnte sich bei den Tanzeinlagen sogar unterhalten fühlen. Alle anderen, die mit Beinakrobatik auf wippenden Gangsterkarren und schwitzenden, sich aneinander schmiegenden Sunnyboys und –girls so gar nichts anfangen können, sparen sich den Besuch und den 3D-Zuschlag sowieso.

«Step Up: Miami Heat» startet am 30. August in den deutschen Kinos. Der Film ist sowohl in 2D als auch in 3D zu sehen.

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