Die Kritiker

«Gottes mächtige Dienerin»

von

Story


Für die ausgeprägte Religiosität seiner ehrgeizigen Tochter hat der bodenständige Bauer Lehnert kein Verständnis. Die junge Josefine bricht mit ihrem Vater und tritt als Schwester Pascalina in den Orden vom Heiligen Kreuz in Altötting ein. Dank ihrer Tüchtigkeit schickt man sie 1918 nach München. Sie soll den Haushalt von Nuntius Eugenio Pacelli führen, der als päpstlicher Vertreter mit Repräsentanten des deutschen Staates Verhandlungen führt. In einer Erscheinung sieht sie die große Zukunft des Kirchendiplomaten voraus und intensiviert ihre Bemühungen, ihm den Rücken frei zu halten. Der Nuntius schätzt ihre pragmatische Art, erkennt ihre Intelligenz und betraut sie bald mit der Aufgabe einer Privatsekretärin. Die für eine Nonne ungewöhnliche Karriere erweckt den Argwohn der Oberin, die die eigenwillige Schwester ins Kloster zurückberuft.

Für die Arbeit des einflussreichen Kirchenvertreters ist die patente Ordensschwester aber längst unabkömmlich geworden. Mit diplomatischem Fingerspitzengefühl lässt er sie nach Berlin kommen, da er dort ihre Unterstützung benötigt. Doch Pascalina ist schwer erkrankt und braucht einige Zeit der Erholung. Durch seine politischen Erfolge wird Pacelli 1930 zum Kardinalstaatssekretär ernannt und nach Rom abberufen. Der Vatikan ist kein Ort für Frauen, und so muss Pacelli sich schweren Herzens von seiner treuen Assistentin trennen. Schwester Pascalina findet jedoch Mittel und Wege, sich Eintritt in die hermetisch abgeschlossene Männerwelt des Vatikans zu verschaffen.

Darsteller
Christine Neubauer («Die Minensucherin») ist Schwester Pascalina
Remo Girone ist Eugenio Pacelli / Pius XII.
Wilfried Hochholdinger («Inglourious Basterds») ist Monsignore Wilson
Thomas Loibl ist Pater Andreas
Ulrich Gebauer ist Kardinal Faulhaber
Emily Behr ist Theresa / Kreszentia
Renato Scarpa («Der talentierte Mr. Ripley») ist Pius XI.

Kritik
Das selbe Team, das kürzlich mit «Die Minensucherin» dem ZDF-Montagsfilm einen neuen Tiefpunkt beschert hat, zeichnet sich auch für den Zweiteiler «Gottes mächtige Dienerin» verantwortlich, mit dem uns die ARD pünktlich zum Osterwochenende ein bisschen Sakrales bieten möchte: Produzentin Regina Ziegler, Hauptdarstellerin Christine Neubauer und Regisseur Marcus O. Rosenmüller. Keine guten personellen Voraussetzungen also für einen Film mit differenzierter Narrative. Und genauso kommt es auch.

Bevor der Streifen beginnt, erhält der Zuschauer bereits eine kleine Vorwarnung: „Die in diesem Film beschriebenen Ereignisse basieren auf historischen Fakten. Einige Charaktere, Ereignisse und Namen sind jedoch frei erfunden“, liest man auf der Mattscheibe, bevor die erste Szene einsetzt. Was erfunden und was historisch akkurat ist, lässt sich dabei meist recht schnell feststellen; denn das Erfundene aus der Feder der Drehbuchautorinnen Gabriele Scheidt und Henriette Piper, die sich ihren Credit mit Marcus O. Rosenmüller teilen, ist zumeist vollkommen unglaubwürdig.

Insbesondere der erste Teil ist dabei viel zu langatmig geraten und arm an Dramatik. Die wenigen Konflikte, die hier existieren, drehen sich bis auf Schwester Pascalinas Kindheit, die recht schnell abgearbeitet ist, um Banalitäten: Die Wäsche und das Essen von Eugenio Pacelli und der eine oder andere Machtkampf durch die Hierarchien in der katholischen Kirche. Die wirklich interessanten Konflikte, wie das Zustandekommen der Konkordate und die politischen Umwälzungen in der Zeit der Weimarer Republik, die ja auch direkte Auswirkungen auf das kirchliche Leben haben, werden allenfalls angeschnitten. Den ersten Teil hätte man sich also vollkommen schenken können, während der zweite, der von der Zeit von Pascalinas Aufenthalt im Vatikan handelt, leider nahezu ebenso wenig wirklich Interessantes zu bieten hat.

Auf die Kontroverse der historischen Deutungen des Pontifikates von Pius, XII wird dabei nur hingewiesen. Der Film entscheidet sich gegen eine Anklage, wie sie etwa der Geschichtswissenschaftler Daniel Goldhagen führt, und für eine Absolution des umstrittenen Kirchenvaters. Er entscheidet sich jedoch ebenfalls dagegen, diesen Disput mit der nötigen Differenziertheit zu führen und nimmt es dafür in Kauf, vielleicht auch ungerechterweise Pius, XII als Lichtgestalt darzustellen.

Christine Neubauer erweist sich unfähig wie eh und je, einer Figur die nötige Glaubwürdigkeit zu verleihen, und sie spielt ihre Rolle völlig überzeichnet und aufgesetzt. Remo Girone kann dagegen in der Rolle als Eugenio Pacelli / Pius, XII durchaus überzeugen. Das reicht jedoch nicht aus, um «Gottes mächtigere Dienerin» mit seinem an die Wand gefahrenen Drehbuch und seiner verhunzten, weil häufig suggestiven Filmästhetik noch zu einem sehenswerten Zweiteiler zu machen.

«Gottes mächtige Dienerin» ist am Freitag, den 22. April, und Samstag, den 23. April 2011, jeweils um 20.15 Uhr im Ersten zu sehen.

Kurz-URL: qmde.de/49174
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