Die Kritiker

«Tatort: Familienbande»

von

Story


Im Kühlraum des Fringshofes, einem Wild- und Geflügelbetrieb, wird die Leiche des kleinen Mark Bürger gefunden. Seine Eltern hatten ihn als vermisst gemeldet und ihre schlimmsten Befürchtungen bestätigen sich: Mark ist erfroren. Bernd Bürger ist in seinem Hass kaum zu bändigen - für ihn trägt Hofbesitzerin Iris Findeisen die Schuld am Tod seines Sohnes. Auch Helene Bürger, seine Schwiegermutter, teilt seine Ansicht. Die Kommissare Ballauf und Schenk sind misstrauisch, denn die Geschäftsfrau scheint in dem kleinen Dorf am Stadtrand von Köln keinen guten Ruf zu genießen. Seltsam ist außerdem, dass Nadja Bürger, die Mutter des Opfers, kein böses Wort über die vermeintliche Täterin verliert. Bevor erste Ermittlungsergebnisse feststehen, geschieht ein zweiter Mord, der den Kommissaren zu denken gibt.

Darsteller


Klaus J. Behrendt («Das Wunder von Lengede») ist Max Ballauf
Dietmar Bär («Männer») ist Freddy Schenk
Tessa Mittelstaedt («Der Bergdoktor») ist Franziska
Joe Bausch («Kriminalzeit») ist Dr. Roth
Karoline Schuch («Verbotene Liebe») ist Melanie Schenk
Petra Kelling («Neger Neger Schornsteinfeger») ist Helene Bürger

Kritik


Die «Tatort»-Reihe feiert im Jahr 2010 ihr 40-jähriges Bestehen, doch jubiläumsverdächtig ist er nicht, der aktuelle Fall der Kommissare Ballauf und Schenk. Ganz nach alten Tugenden und Krimimustern gilt es, den Tod an einem Kind zu lösen, der unter Familien- und Beziehungsdramen, dörflichem Spießbürgertum und zahlreichen Missverständnissen begraben liegt und eigentlich viel mehr ist als ein Mord oder Unfall. Der Krimi, der als ein Mahnmal an die Vergänglichkeit und als Denkanstoß an die menschliche Fehlbarkeit angelegt ist, bringt dem Zuschauer die Thematik allerdings nicht wirklich nahe. Und so ist die Anfangsszene, in der Bernd Bürger seinen toten Sohn im Kühlraum des Fringshofes entdeckt und vor Wut rasend und unter Tränen die Hofbesitzerin Iris Findeisen beschuldigt, seinen Sohn auf dem Gewissen zu haben, auch bereits eine der emotionalsten im gesamten Spielfilm.

Potential zu einer spannenden Haupthandlung hätte die Familienkonstellation der Bürgers gehabt, die letztendlich sogar entscheidend für die Lösung des Falls ist, aber dennoch viel zu lange zu einer Nebenhandlung degradiert wird: Statt sich mit einem verbitterten Betriebsleiter, einer lesbischen Ehefrau und einer grantigen Schwiegermutter zu beschäftigen, deren Familienbande nach dem Tod des Sohnes gänzlich aus den Fugen gerät, stochern Ballauf und Schenk lieber ein wenig in dörflichem Mist - da wäre zum Beispiel die neue Freundin des Schützenvereinverantwortlichen Gebauer, die behauptet, Iris Findeisen, die Exfrau ihres Freundes, zum Todeszeitpunkt in der Nähe des Hofes gesehen zu haben. Schnell wird eine zwar nachvollziehbre, aber dennoch unwahrscheinliche Theorie an den Haaren herbeigezogen, die neben dörflichen Beziehungen, Familiendramen und Borniertheit noch ökonomische Interessen und die lieben Finanzen ins Spiel bringt. Da sich der gewiefte Zuschauer bereits in den ersten Minuten die weitere Handlung samt Täter zusammenreimen kann und mit seinen Vermutungen auch noch Recht behalten soll, sind die Holzwege gänzlich uninteressant.

Dabei ist «Familienbande» an sich kein schlechter «Tatort» - ein wirklich guter ist er allerdings auch nicht. Die Identifizierung mit den Protagonisten gelingt kaum, die Schauspieler wirken teils hölzern und gehen in ihren Charakteren nicht vollends auf. Die spannende Thematik des konservativen Spießbürgers, der Eifersüchteleien und des Denunziantentums in einer ländlichen Gegend, in der jeder mit jedem bekannt, verschwägert, vertraut oder zerstritten ist, wird zwar deutlich, die «Tatort»-Reihe hat die psychische Last, die Schwere einer derartigen Situation in anderen Folgen allerdings schon bedeutend gelungener und schwermütiger umgesetzt. Dazu gesellt sich eine zwar nicht gänzlich plakative, aber dennoch klassische Antithese: Während im Kölner Vorort die Familie, die Liebe und die Gemeinschaft zerbröckelt, nähert sich Kommissar Schenk seiner Tochter an, damit am Ende auch die Liebe in der Provinz Einzug halten kann. Kokettieren kann der «Tatort» maximal mit einer runden Geschichte, die zwar nicht durchgehend spannend ist, aber ordentliche Sonntagabendunterhaltung bietet.

Das Erste zeigt «Tatort: Familienbande» am Sonntag, den 05. Dezember 2010, um 20:15 Uhr.

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