Meinungen

Mogelpackung RTL

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Von wegen „Mein RTL“. Das neue Programm des Marktführers will man nicht mal geschenkt haben, meint Christian Richter.

Mit der neuen Reality «Nachbarschaftsstreit – Kolb greift ein» bedient man sich eines Themas, ohne das kein Boulevardmagazin oder keine Ausgabe von «Akte 09» auskommt. Doch selbst in der Primetime wurde der Krieg zwischen Nachbarn in der Sat.1-Show «Gute Nachbarn, Schlechte Nachbarn» mit Thomy Wosch bereits getestet – auch wenn dort der Comedyfaktor etwas mehr im Vordergrund stand.

Obwohl bisher kein RTL-Format mit der einstigen Comedy-Hoffnung Mirja Boes bisher erfolgreich war, setzt der Sender auch weiterhin auf sie. Mit ihrer neuen Sketch-Comedy, die den vielsagenden Titel «Ich bin Boes» bekommen wird, kehrt das einstige Sat.1-Gesicht dann in ein Format zurückkehren, durch das sie bekannt wurde («Die dreisten Drei»).

Und vergessen wir nicht, dass selbst die große Showüberraschung «Das Supertalent» nur eine andere Version der legendären «Gong-Show» aus den 90er Jahren ist.

Auch zum neuen Nachmittag muss an dieser Stelle ein Wort verloren werden, denn hier schienen die Senderverantwortlichen am wenigsten Engagement gezeigt zu haben. Beim neuen Magazin «Life – Die Lust zu Leben» hat man einfach den kompletten Sendetitel aus den 90ern geklaut. Außerdem erwarten den Zuschauer künftig zwei gescriptete Real-Life-Dokus. Also Dokumentationen, die echt aussehen sollen, aber mit Drehbuch produziert wurden. Letztendlich handelt es sich dabei um Sendungen wie «Lenßen & Partner» nur ohne Mord und ohne Bart. Ob dieses minderwertige Fernsehen die Rettung für den angeschlagenen Nachmittag sein kann, darf bezweifelt werden. Es zeigt nur, dass kein noch so dummes und überflüssiges Format nicht noch dümmer und noch überflüssiger kopiert werden kann.

Was jedoch am meisten am neuen Programm des Marktführers aufstößt, ist die geringe Anzahl an eigenproduzierten Serien für die Primetime. Mit «Alarm für Cobra 11», «Doctor’s Diary», «Der Lehrer» und der neuen Serie «Countdown» setzt man in Köln im gesamten Jahr auf lediglich vier Produktionen. Da allesamt nur recht kurze Staffeln erhalten haben, wird es der erfolgreichste Privatsender(!) nicht mal schaffen, in jeder Woche des Jahres wenigstens eine neue Folge in seinem Programm zu zeigen. Das ist vor allem für die deutsche Fernsehlandschaft verheerend. Unerreichbar fern scheinen die Zeiten endgültig, als RTL fast die gesamte Primetime mit eigener, fiktiver Ware bestückte. Sicher, die anhaltende Finanzkrise und rückläufigen Werbebuchungen lassen eine solche flächendeckende Programmgestaltung nicht mehr zu, doch ein wenig mehr Risiko wäre schon zu wünschen. Auch in eigenem Interesse. Wie soll denn die Branche wieder aus der Krise herauskommen, wenn alle Sender den Schwanz einziehen und hoffen, dass die Bedrohung schon von allein vorbeiziehen wird?

Die stolze Präsentation des neuen RTL-Programms sollte die Verantwortlichen daher eher mit Scham erfüllen. Ein derart einfallsloses und unmotiviertes Portfolio ist einfach nur peinlich. Es zeigt einmal mehr, dass es keine Grenze gibt, so tief sie auch sein mag, unter man sich auf der Suche nach Profit nicht doch noch drunter durchmogeln kann.

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