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«heute show»: Von Jon Stewart weit entfernt

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Das deutsche Fernsehen hat nach «Wochenshow» & Co. endlich wieder eine Nachrichten-Satire. Noch hapert es allerdings an der inhaltlichen Gestaltung der Show.

Einst war es Oliver Welke, der bei «7 Tage – 7 Köpfe» die Nachfolge von Rudi Carrell antrat – und nun tritt er schon wieder in die Fußstapfen des inzwischen verstorbenen, aber wohl unvergessenen Komikers. «heute show» nennt sich die Neuauflage der legendären «Tagesshow», die sich zweifelsohne an der US-«Daily Show» mit Jon Stewart orientierte und nun also dem ZDF zu einem gewissen Comedy-Image verhelfen soll.

Bei der am Dienstagabend gezeigten Premiere wollte das noch nicht so recht gelingen. Immerhin: Ambitioniert war das Format durchaus, doch um zu einer wirklichen Institution werden zu können, muss noch der nötige Feinschliff angebracht werden. „Bevor SPD und Grüne etwas von Sicherheitspolitik verstehen, wird Claudia Roth Germany’s Next Topmodel“ – falsche Witze dieser Art zogen sich fast schon wie ein roter Faden durch die Sendung.

Von bissiger Polit-Satire, wie sie im Vorfeld von den Machern angekündigt wurde, war in der ersten Ausgabe noch wenig zu hören. Dabei machte Oliver Welke keine schlechte Figur, wenngleich er sich wohl erst noch an die Rolle als Nachrichten-Anchor gewöhnen muss. In weiten Teilen glich die «heute show» zudem etwas zu stark der einstigen «Wochenshow», die jahrelang in Sat.1 mit großem Erfolg zu sehen war. „Trend in Prozent“ hieß bei Ingolf Lück einst eine kleine Meinungsforschungs-Rubrik, das Team der «heute show» machte daraus nun „Kompetent in Prozent“.



Innovationen sehen sicherlich anders aus. Bleibt nur die Frage, ob die Mannschaft um Oliver Welke das Rad überhaupt neu erfinden wollte. Wahrscheinlich nicht, auch wenn durchaus gute Ansätze erkennbar waren. Wenn ein chronisch unfreundlicher Olaf Schubert einen Börsen-Experten am Frankfurter Parkett interviewt und am Ende des Gesprächs „zurück in eine andere Welt“ gibt, mutet das schon komisch an. Ebenso wie der Einsatz des ehemaligen „Titanic“-Chefredakteurs Martin Sonneborn, der im Osten Deutschlands den 60. Geburtstag des Grundgesetzes begehen wollte und letztlich sogar Geld zum Feiern bieten musste. Mehr als drei Schnäpse aufs Grundgesetz waren am Ende nicht drin.

Die großen Lacher blieben bei der Premiere der «heute show» allerdings aus, doch das Projekt an sich lässt hoffen. Ob eine monatliche Ausstrahlung der Grundidee einer Nachrichten-Satire allerdings gerecht werden kann, mag durchaus bezweifelt werden – doch der Ansatz ist gut. Wenn sich der Inhalt künftig noch stärker an das optisch sehr gelungene Design der Show annähert, wäre es natürlich umso besser. Eines sollte man sich als Zuschauer allerdings schnellstens aus dem Kopf schlagen: Eine deutsche «Daily Show» wird es so schnell wohl nicht geben.

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