Es geht mir darum, zu ermutigen: Die Weihnachtsgeschichte spielt auch in einer sehr unfriedlichen Welt. Kaiser Augustus regiert mit seiner „Pax Romana“ als brutaler Unterdrücker. Und doch setzt sich am Ende dieses verletzliche Kind als Friedefürst durch. Durch Vertrauen und Liebe halten die zentralen Figuren die Hoffnung auf wahren Frieden wach.
Sie verbinden Worte und Klänge. Welche Rolle spielt Musik für Ihre Weihnachtsmeditation und wie ist diese Verbindung entstanden?
Mit dem Komponisten und Musiker Hans-Jürgen Hufeisen habe ich schon seit fünfzehn Jahren immer wieder gemeinsame Projekte gestaltet. Mein Text und seine Musik ergänzen sich, treten in Dialog miteinander. Begleitet werden wir von dem Pianisten Thomas Strauß.
Welche Botschaft wünschen Sie sich, dass Leserinnen und Leser aus diesem Buch mit in ihr eigenes Weihnachten nehmen?
Nach einer Veranstaltung sagte mir ein Mann, das „Fürchtet euch nicht“ würde in ihm weiterklingen, das hätte ihm so gut getan. Das hat mich gefreut, denn darum geht es am Ende. Und wenn die Menschen mitnehmen, dass die Weihnachtsgeschichte gar nicht so romantisch ist, wie sie dargestellt wird, sondern durchaus Parallelen zu unserer Zeit aufzeigt, ist das gut so.
Gibt es einen Text oder eine Passage im Buch, die Ihnen persönlich besonders viel bedeutet – vielleicht auch, weil sie aus einem biografisch schwierigen oder besonderen Moment stammt?
Mir war wichtig, die Sorgen von Maria und Elisabeth mit Blick auf die Geburt, das Leben und Sterben ihrer Söhne deutlich zu machen. Und auch das furchtbare Leid, als Herodes den Kindermord in Bethlehem anordnet. Auch da gibt es viele Parallelen zu Heute.
Frieden ist ein großes, fast überforderndes Wort. Wie definieren Sie „Frieden“ im Alltag – im Kleinen, im ganz persönlichen Leben?
Wir leben in einer Zeit, in der in den so genannten sozialen Netzwerken Hass und Gewalt verbreitet werden. Da sollten wir dagegenhalten – in unseren persönlichen Beziehungen, aber auch, indem wir uns daran nicht beteiligen. Wer Hass und Hetze verbreitet, sollte mal in den Spiegel schauen und sich fragen, ob er oder sie wirklich so ein Mensch sein will. Das vergiftet doch die ganze Gesellschaft!
Viele Menschen berichten, dass Weihnachten zunehmend stressig wird. Was raten Sie, um trotz Trubel zur eigentlichen Botschaft zurückzufinden?
Erst einmal: zwischendurch Ruhe finden. Einen Adventsgottesdienst besuchen, das Weihnachtsoratorium hören, eine Kerze anzünden und Stille wahrnehmen, Und mit Blick auf Weihnachten selbst die Erwartungen klären. Es muss nicht das tollste Fest sein. Wir sind an Weihnachten keine anderen Menschen als davor oder danach. Gestaltet es so, dass es ein schöner Abend wird für euch. Und klar, für mich gehört der Weihnachtsgottesdienst dazu.
Wenn man Ihr eigenes Weihnachten beobachtet – wie feiern Sie? Eher klassisch, eher still, eher politisch, eher spirituell?
Unsere Familie ist inzwischen so groß, dass wir nur mit Kindern, Schwiegerkindern und Enkeln 27 Personen sind. Das geht gar nicht mehr, alle zusammenzubringen. So feiert dieses Jahr jede Familie für sich, wir besuchen uns alle vorher, und am Heiligen Abend werden mein Partner und ich das erste Mal seit Corona in aller Ruhe zu zweit allein feiern, mit Gottesdienst, Weihnachtsbaum und Gans, ganz traditionell.
Viele fragen sich: Kann man Weihnachten feiern, wenn die Welt in Krisen steckt? Wie gehen Sie selbst mit diesem Spannungsfeld um?
Aber das ist doch das Entscheidende! Die Weihnachtsgeschichte ist nicht romantisch! Welche Frau möchte in einem Stall ein Kind zur Welt bringen und dann kommen auch noch lauter fremde Leute vorbei, Hirten mit ihren Schafen, Gelehrte aus der Ferne! Welcher Mann möchte die Geburt da ganz alleine mit seiner Frau durchstehen und dann auch noch mit Frau und Kind in ein fremdes Land flüchten müssen? In der Geschichte, die die Evangelisten Lukas und Matthäus erzählen, steckt die Welt auch in einer Krise. Aber am Ende setzen sich Liebe, Vertrauen und Hoffnung durch.
Was macht für Sie ein wirklich gelungenes Weihnachtsfest aus – unabhängig von äußeren Umständen?
Für mich ist es ein gelungenes Fest, wenn alle am Ende froh sind und sagen: Das war ein schöner gemeinsamer Abend, das waren wirklich gute Tage zusammen, in denen wir mal Abstand gewonnen haben vom Alltag und uns auf die wichtigen Dinge im Leben konzentriert haben, die am Ende alle nicht käuflich sind: Beziehungen, Vertrauen, Liebe, Familie, Glaube an Gott, Freundschaften.
In Ihren Büchern sprechen Sie oft über Begegnung und Dialog. Denken Sie, dass Christen, Juden und Muslime Weihnachten gemeinsam feiern können – zumindest als Fest des Friedens?
Auf jeden Fall. Wir können andere zum Fest einladen. Bei einer Freundin in Berlin sind die muslimischen Freunde jedes Jahr zu Gast und das geht auch mit Menschen jüdischen Glaubens, schließlich ist es die Geschichte einer jüdischen Familie, die da erzählt wird.
Welche gemeinsamen Wurzeln und Botschaften der drei Religionen sehen Sie, die ein solches gemeinschaftliches Feiern verbinden könnten?
In jeder Religion gibt es Fundamentalisten, die erklären, allein ihre Wahrheit über Gott sei gültig. Dann wird friedliches Miteinander schwer. In jeder Religion überwiegen aber die Menschen, die ihre Wahrheit über Gott gefunden haben, aber respektieren, dass andere einen anderen Weg zu Gott für sich sehen. Diese Menschen können sich gut verbinden, weil sie alle glauben, dass Gott die Menschen und die Schöpfung geschaffen hat und so jeder Mensch Respekt verdient und Würde hat, wir also alle in Frieden miteinander leben können.
Was haben Sie selbst aus Begegnungen mit jüdischen und muslimischen Gemeinden über die Bedeutung von Festen und Friedensritualen gelernt?
Wenn ich in jüdischen Gemeinden eingeladen war, hat mich immer das Konzept von „Shalom“ bewegt. Da geht es um einen Frieden der weit mehr meint als ein Schweigen der Waffen, es geht um inneren Frieden, um ein Zusammenleben in Gerechtigkeit. Bei muslimischen Gemeinden war ich mehrfach zum Fastenbrechen eingeladen an den Abenden im Ramadan. Dieses fröhliche Miteinander beim gemeinsamen Essen, die Freude daran, haben mich sehr berührt.
Was würden Sie Menschen entgegnen, die meinen, religiöse Vielfalt bedrohe „das richtige Weihnachten“?
Wer Christ oder Christin ist, den eigenen Glauben lebt, unsere Lieder singt, die Texte kennt, mit den Ritualen unseres Glaubens das Leben gestaltet, der muss doch keine Angst vor anderen haben! Weihnachten feiern wir die Geburt des Gotteskindes, ein verletzlicher Säugling, später ein junger Mann, der sich nicht mit dem Schwert verteidigen lässt und am Kreuz gefoltert stirbt. Es geht um die Verletzlichkeit des Lebens, die Ohnmacht gegenüber Gewalt.
Sie gelten als eine der wichtigsten Stimmen für Frieden und soziale Verantwortung in Deutschland. Was haben die letzten Jahre – politisch und gesellschaftlich – mit Ihrem Glauben gemacht?
Sie haben mich bestärkt. Jesus ist so klar in seiner Botschaft: „Steck das Schwert an seinen Ort!“ Oder: „Selig sind die Frieden stiften!“ Mehr noch: „Liebet eure Feinde“. Ich kann aus dem Evangelium keinerlei Legitimation von Gewalt aherauslesen.
Und zum Abschluss: Wenn Sie dieses Jahr nur einen einzigen Wunsch unter den Weihnachtsbaum legen dürften – für Deutschland oder die Welt – welcher wäre es?
Ganz klar: Frieden in den Familien, in unserer Gesellschaft, in unserer Welt.
Vielen Dank für Ihre Zeit!







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