
Vom Glitzerklub zur perfekten Balance
Mit Paris St. Germain steht eine der schillerndsten Vereine des vergangenen Jahrzehnts im Finale. Seit 2011 hat der Verein, der in der Hand der katarischen Investmentgesellschaft Qatar Sports Investments (QSI), eine Tochtergesellschaft des staatlichen katarischen Fonds QIA (Qatar Investment Authority), ist, fast zwei Milliarden Euro für Transfers ausgegeben. Bis heute ist Neymar mit 220 Millionen Euro der teuerste jemals getätigte Transfer. Unvergessen bleibt auch das Sturm-Trio Neymar, Lionel Messi und Kylian Mbappé. Allerdings spielen alle drei Akteure nicht mehr im Team von Trainer Luis Enrique.
Der Spanier hat dem Klub seine Spielidee verpasst und mit ihr ging auch ein Wandel in der Transferpolitik einher. Der Fokus liegt nicht mehr nur auf altgedienten Stars wie Messi oder Sergio Ramos (ebenfalls nicht mehr im Klub), sondern auf jüngeren Spielern, mit denen man längerfristig arbeiten will. Dass das Geld noch immer recht locker bei Präsident Nasser Al-Khelaïfi sitzt, beweist Khvicha Kvaratskhelia, der im Winter für 70 Millionen Euro von Italiens Meister Neapel in die französische Hauptstadt kam. Derweil leistet man sich auch teure Missverständnisse wie Ex-Frankfurter Randal Kolo Muani, der inzwischen bei Juventus Turin kickt. Die jüngere und nachhaltiger Transferpolitik gibt dem Verein recht. PSG wurde zum vierten Mal in Folge Meister und zählt zum zweiten Mal in Folge unter den besten Vier in Europas Königsklasse. Im Halbfinal-Rückspiel hatte die Startelf ein Durchschnittsalter von 24,7 Jahren.
Inter Mailand – Letzte Patrone?

Die Mannschaft um Kapitän und Ex-HSV- und Leverkusen-Profi Hakan Çalhanoğlu ist nicht nur aufgrund ihres Alters völlig anders zusammengesetzt. Auch unter dem seit Ende 2018 tätigten Vorstandsvorsitzenden Giuseppe Marotta trumpften die Italiener mit mächtigen Transfers auf und verpflichteten beispielsweise Romelu Lukaku (70 Mio. €) und Achraf Hakimi (43 Mio. €), der nun auf der Gegenseite spielt. Auch Lukaku ist nicht mehr Teil des Klubs. Das zeigt auch den Unterschied der Transferpolitik. Inter Mailand wollte seine teuren Stars später noch teurer verkaufen. Seit 2021 hat sich die Herangehensweise jedoch geändert, was nicht am sportlichen Abschneiden lag, sondern an den Strukturen innerhalb des Vereins.
Die chinesische Suning Holdings Group kaufte im Jahr 2016 die Mehrheit (68,55%) an Inter Mailand. 30 Prozent hielt die Hongkonger Investmentfirma LionRock Capital, diesen Anteil übernahmen die Chinesen später aber ebenfalls vollständig. Suning geriet aber in finanzielle Schwierigkeiten, weswegen 2021 die US-amerikanische Investmentgesellschaft Oaktree Capital Management via eines Darlehens in den Klub einstieg. Nachdem Suning das Darlehen nicht zurückzahlen konnte, übernahm Oaktree Capital Management am 22. Mai 2024 offiziell 99,6 Prozent der Anteile an Inter Mailand. Die neuen Eigentümer drängen auf eine Verjüngung des Kaders und wollen gezielt jüngere, dynamische Spieler verpflichten, um die Marktwertsteigerung zu fördern. Ältere, ablösefreie Spieler werden nun weniger bevorzugt.
Der Kader steht zur kommenden Saison vor einem Umbruch und soll deutlich verjüngt werden. Spieler wie Calhanoglu, Mkhitaryan oder Acerbi stehen zur Disposition. Nach dem verlorenen CL-Finale gegen Manchester City könnte es für den Verein auf absehbare Zeit die letzte Patrone sein, sich den Titel nach 2010 zurückzuerobern. Die Mannschaft legte bislang einen beeindruckenden Lauf im Turnier hin. In der neugegründeten Ligaphase belegte man Platz vier, im Achtelfinale schaltete man Bayern-Schreck Feyenoord Rotterdam aus. Im Viertelfinale musste der FC Bayern München nach zwei abgezockten Vorstellungen dran glauben. Und im Halbfinale bewies das Team, dass man keineswegs ausschließlich für den italienischen Catenaccio gemacht ist. Gegen den FC Barcelona setzte man sich in einem Scheibenschießen letztlich mit 7:6 durch. Die Mannschaft hat eine Mission und sie heißt: Titelgewinn.
Gipfeltreffen mit unterschiedlichen Vorzeichen

Beide Teams betreten am Samstag um 21:00 Uhr jeweils zum zweiten Mal in dieser Saison den Rasen der Münchner Allianz Arena. So unterschiedlich die Erfahrungen von Inter (2:1-Sieg) und PSG (0:1-Niederlage) waren, so unterschiedlich sind die Vorzeichen aus wirtschaftlicher und sportlicher Sicht. Ein ausbalanciertes Team mit zahlreichen jungen Ausnahmetalenten aus Paris trifft auf eine erfahrene Mannschaft aus Mailand, die in dieser Zusammensetzung wohl zum letzten Mal zusammenspielen wird. Während Nasser Al-Khelaifi endlich den langersehnten Champions-League-Tiel einfahren will, wollen Acerbi, Çalhanoğlu, Mkhitaryan und Co. ihre Karrieren krönen.
ZDF und DAZN übertragen das europäische Gipfeltreffen. Auf solch grandiose Quoten wie im vergangenen Jahr mit Borussia Dortmund im Finale, als über zwölf Millionen Menschen allein im ZDF einschalteten, werden die Sender wohl eher nicht kommen. Vor zwei Jahren sahen rund fünfeinhalb Millionen die Partie zwischen Manchester City und Inter Mailand. In dieser Größenordnung dürfte das Finale mit neuerlicher Mailand-Beteiligung liegen. Eine Antwort, wie viele Fußball-Fans das Spiel bei DAZN sehen, bekommen wir diesmal bereits einen Tag später, nachdem der Streamer Teil des AGF Census+ ist, der immer zu Monatsbeginn öffentlich gemacht wird.
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