Hingeschaut

Ein Kessel Buntes: «Du gewinnt hier nicht die Million» ist ein lahmer Eintopf

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Mehrere Monate haben Stefan-Raab-Fans auf die neue Sendung gewartet. Das Ergebnis ist die Vermischung mehrere Zutaten, das Ergebnis ist keine Spitzengastronomie, sondern Hausmannskost.

An Ostern überraschte Stefan Raab mit seiner Wiederauferstehung: In den sozialen Medien kursierte ein Video, das sein Comeback andeutete. Wenige Tage später folgte die Auflösung und die Gewissheit: „König Lustig“ steigt wieder in den Ring. Der ehemalige Metzgersohn tritt die Nachfolge von Thomas Gottschalk an, der im Grunde auch dreimal die gleiche Soße servierte. Entertainer Raab wurde am Samstagabend die lange Showtreppe ausgerollt, nur dass er anschließend von Regina Halmich ein paar Schläge auf die Nase bekam.

Seit rund einem Jahr brodelt es in der deutschen Unterhaltungsbranche, schließlich hat Raab seine Firma, die deutsche Tochter Banijay, verlassen, um sich mit dem ehemaligen ProSieben-Chef Daniel Rosemann selbstständig zu machen. Die neue Firma hört auf den Namen Raab Entertainment und lieferte nicht nur einen Boxkampf und eine unverhältnismäßig unausgegorene Europameisterschafts-Highlight-Show, sondern nun auch das Premiumprodukt «Du gewinnst hier nicht die Million».

Für die neue 90-Minuten-Show, die künftig immer mittwochs ausgestrahlt werden soll, hat Raab kurzfristig auch seine ehemalige Band, die Heavytones, zu RTL geholt. Schon in den letzten Wochen gab es Kampfansagen zwischen den Teams Brainpool/ProSieben und Raab/RTL. Da fragt man sich schon, ob die Zuschauer wirklich die rote Sieben verlassen, nur weil Bandleader Wolfgang jetzt mit Raab statt mit Sebastian Pufpaff ein paar Sätze plaudert. Das deutsche Fernsehen hat schon immer versucht, das Publikum bei Laune zu halten. Eine der groteskesten Entscheidungen der letzten Jahrzehnte war das rotierende «Wetten, dass...»-Sofa mit Markus Lanz als Moderator.

Der große Aufschlag soll es sein: Aus dem Studio 1 des Raab Entertainment Parks meldete sich Stefan Raab mit seiner neuen Show. Die legendäre «TV total»-Stimme Manfred Winkens verkündete das Ende der zehnjährigen Sommerpause, obwohl Raab im Dezember 2015 seinen Hut genommen hatte. Raab will uns und sich unterhalten, heißt es zu Beginn. Das Nippelboard ist jetzt ein Smartphone, die Band rückt zusammen und Raab tritt hinter einem roten Vorhang hervor. Natürlich darf der obligatorische Schreibtisch nicht fehlen.

Es folgt das, was Stefan Raab immer macht: „Strecke produzieren“. Er spielt seinen „Pa aufs Maul“-Song vor der „Bar aufs Maul“, es folgen Szenen vom Wochenende und schließlich die ersten Einspieler per Memepad. Die Florian-Silbereisen-Clips werden mehrfach wiederholt, weil Raab sich unterhalten will. Das Timing ist halbwegs gut, reicht aber nicht an «TV total» am Mittwochabend heran. Schon nach einer knappen halben Stunde muss die Sendung wieder gestreckt werden, minutenlang läuft ein Film über das Bandagieren vor dem Boxkampf. Ein so ernstes Thema völlig unironisch in eine Comedy-Sendung zu packen, ist genauso unklug, wie eine Talkshow im Ersten mit vier Wochen Verspätung auszustrahlen und sich dann zu wundern, dass die Sendung völlig am Publikum vorbei produziert wurde. «Amado, Belli, Biedermann» hat nach drei Folgen sein Ende gefunden, RTL und Raab werden aber länger durchhalten.

In der 39. Minute war der Kandidat Oliver gefunden, der in der neuen Show gegen Raab antreten durfte. Der 31-jährige Servicekraft aus Karlsruhe hat es nicht leicht, denn für die Million müssen 20 Spiele gelöst werden. Wie bei «Wer wird Millionär» gibt es bei den Fragen vier Antwortmöglichkeiten. Nach jeweils drei Fragen gibt es 1.000 Euro, 5.000 Euro, 10.000 Euro oder 20.000 Euro zu gewinnen. Drei weitere Finalspiele müssen absolviert werden, um mit Raab um die Million zu spielen. Joker gibt es nicht, stattdessen ist der Versuch, überhaupt eine große Summe zu gewinnen, absolut unwahrscheinlich.

Oliver und Raab sitzen sich ähnlich wie in der Jauch-Show gegenüber, aber es fehlt die Ausarbeitung der Show. Es fehlt ein ikonischer Soundtrack, der die viel zu lange Show mit ihren unterschiedlichen Spielniveaus differenziert. In den ersten Fragerunden gibt es keine witzigen Redewendungen, stattdessen muss schon bei der ersten Frage beantwortet werden, welche Farbe auf der rechten Seite der französischen Flagge steht. Während Jauch gerade zum 25-jährigen Jubiläum noch zeigt, dass er mit seinen Kandidaten eine intelligente Konversation pflegt und sie mit persönlichen Fragen in den Mittelpunkt stellt, fehlt dem neuen RTL-Moderator hier das Feingefühl.

Mit der 1.000-Euro-Frage hat Elton, der sein rotes Sakko auf der anderen Rheinseite an den Nagel gehängt hat, seinen ersten großen Auftritt. Oliver und Raab müssen nun jeweils zehn Maschendrahtzäune mit einer kleinen Gartenschere durchtrennen. Quizfragen und Aktionsspiele wechseln sich ab, das Schema ist klar: «Hier gewinnt man nicht die Million». Stefan Raab hat es wieder einmal geschafft, die mittlerweile fast identische Show mehrfach zu lizenzieren. Der frühere «TV total»-Host scheint wirklich Lust auf die Show zu haben, scheitert aber selbst an seinen Vorbildern - wenn nicht gar an sich selbst. Natürlich kann man eine Clipshow wie «TV total», eine Spielshow wie «Schlag den Raab» und eine Quizshow wie «Wer wird Millionär?» in einen Topf werfen. Sterneköche kochen keinen Eintopf, sondern lassen die einzelnen Zutaten sprechen.

Und damit zurück zu «TV total» und Sebastian Pufpaff!

«Du gewinnst hier nicht die Million» kann mittwochs ab 20.10 Uhr bei RTL+ gestreamt werden.

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