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Machtwechsel: Zwei Fragensteller, zwei Wege

von  |  Quelle: Quotenmeter.de
Am Freitag platzte eine wahre TV-Bombe, die die Fernsehwelt wohl seit dem 21. Dezember, als Premiere die Live-Rechte an der Bundesliga-Übertragung verlor, nicht mehr gesehen hat. Sabine Christiansen wird ihren Job als Polit-Talkerin der ARD im kommenden Sommer aufgeben. Ihr nachfolgen wird der wohl erfolgreichste Fragensteller des Landes: Günther Jauch.

Günther Jauch, der erfolgreichste TV-Moderator in Deutschland. Wie hat es der 49-Jährige geschafft, zu einem der meistgefragten Entertainer in der BRD zu werden? Aufgewachsen ist Günther Johannes Jauch in Berlin. Nach bestandenem Abitur besuchte er die Deutsche Journalistenschule in München. Der erfolgreiche Abschluss verhalf ihm an die Ludwig-Maximillians-Universität in München zu kommen, wo er Politik und Neuere Geschichte studierte. Das Studium brach er jedoch ab, als er ein Angebot vom Rundfunk bekam.

So arbeitete er zunächst bei RIAS in Berlin, bevor es ihn zurück nach München zur Popwelle Bayern 3 zog. Von 1985 bis 1989 moderierte er mit Thomas Gottschalk die „Radioshow“, die vor allem durch die legendären Übergaben Kultstatus erreichte. Gottschalk war von 14 bis 16 Uhr on air, Jauch zwischen 16 und 17:30 Uhr. Und so kam es, dass sich die beiden stets vor 16 Uhr mit Sticheleien bewarfen. Zumeist ging es darum, wer wohl den besseren Gast in der Sendung hat.

Schon während des Radio-Engagements führte Jauchs Weg zum Fernsehen. So moderierte er zunächst beim ZDF (u.a. «Menschen» und «Das aktuelle Sportstudio»). Für den Mainzer Sender war er bis 1996 tätig. Seit 1989 ist Jauch zudem beim Kölner Sender RTL unter Vertrag, bei dem er zunächst die Sendung «Stern TV» moderierte. In den 90ern moderierte er dort unter anderem auch Champions League-Spiele. Absoluter Glanzpunkt seiner Karriere war das Spiel Real Madrid gegen Borussia Dortmund am 1. April 1998. An besagtem Abend krachte eines der beiden Tore bereits vor Spielbeginn zusammen. Während der anschließenden Aufbauarbeiten mussten Jauch und Kommentator Marcel Reif satte 76 Minuten überbrücken. Den absoluten Durchbruch schaffte der gebürtige Münsteraner mit seiner Quizshow «Wer wird Millionär?», die im Jahr 1999 startete.

Günther Jauch - Sein Leben im Überblick

• geboren am 13. Juli 1956 in Münster

• Grundschule St. Ursula in Zehlendorf

• Altsprachliches Gymnasium Steglitz in Berlin

• Studium an der Deutschen Journalisten Schule in München und an der Ludwig Maximilians Universität in München

• 1985-1989: Moderation der Bayern 3 Radioshow von 16 Uhr bis 17:30 Uhr.

• Größe Erfolge: Moderation der Champions League bei RTL, Moderation des Jahresrückblicks «Menschen» beim ZDF, Moderation von «Wer wird Millionär».

• ab 2007: Moderation des Sonntags-Polittalks in der ARD.


Jauch ist zudem Inhaber der Produktionsfirma „I & U TV“, die diverse Unterhaltungsshows produziert («Die 70er Show», «Die ultimative Chartshow», «Hape trifft», «Stern TV» uvm.). Er erhielt in seiner Laufbahn mehr als 25 Auszeichnungen und Ehrungen.

Viele Preise gab es auch für Sabine Christiansen. Dass sie allerdings einmal Deutschlands einflussreichste Polit-Talkerin sein würde, hätte sie sich früher wohl selbst nicht träumen lassen. Schließlich war sie bereits mit 19 Jahren Stewardess bei der Lufthansa. Doch nach sieben Jahren wollte die in Schellhorn bei Preetz in Schleswig-Holstein aufgewachsene Fernsehfrau nicht mehr ihre Zeit in der Luft verbringen, vielmehr strebte sie noch Höheres an. Vor mittlerweile 23 Jahren kam Christiansen zum Norddeutschen Rundfunk (NDR), wo ihre journalistische Karriere ihren Lauf nahm.

Schon zwei Jahre später war sie Redakteurin und Moderatorin im Landesfunkhaus Hamburg. 1987 begann schließlich ihre Tätigkeit als Moderatorin der angesehenen «Tagesthemen» in der ARD. Während den zehn Jahren, in denen sie dieser Arbeit nachging, entwickelte Christiansen ihren eigenen Stil, für den sie allzu oft kritisiert wurde. Dies sollte sich auch ab 1998 nicht ändern. Am 04. Januar wurde erstmals ihre eigene Talkshow am Sonntagabend ausgestrahlt, deren Stellenwert CDU-Politiker Friedrich Merz in der 250. Ausgabe zum Ausdruck brachte: „Ich finde, wir sollten Ihnen erst mal gratulieren zu dieser Sendung“, begann er damals. „Diese Sendung bestimmt die politische Agenda in Deutschland mittlerweile mehr als der deutsche Bundestag. Das betrübt mich, aber das ist ein großer Erfolg.“

Sabine Christiansen – Ihr Leben im Überlick

• geboren am 20. September 1957 in Preetz / Holstein

• 1975 - 1976: Sprachenausbildung, Auslandsaufenthalt

• 1976 - 1983: Arbeit bei der Lufthansa

• 1983 - 1985: Ausbildung beim NDR

• 1987: Moderatorin der «Tagesthemen»

• 1998: Leitung ihrer eigenen Talkshow

• seit 2006: Moderation der Sendung «Global Players» (CNBC)

Während Sabine Christiansen und Günther Jauch bis Ende der 90er Jahre also einen ähnlichen Weg einschlugen - beide wurden immer erfolgreicher - trennten sich die Richtungen, in die die beiden wanderten. Jauch gelang beim Fernsehsender RTL der endgültige Durchbruch. Nahezu alles, was er anfasste, wurde erfolgreich. Nicht umsonst ist „die Allzweckwaffe von RTL“ einer seiner Spitznamen.

Bereits ein Jahr nach dem Start ihres Talks wurde Christiansen eine zweifelhafte Ehre zuteil: Für die „geringe Beachtung frauenbezogener Aspekte in der politischen Debatte“ wurde sie mit der „Sauren Gurke“ ausgezeichnet. Sie selbst sprach sich jedoch mehrfach für „mehr Frauen in verantwortungsvollen Positionen aus.“ Die Kritik an ihrer Sendung nahm kein Ende. Im Juni 2004 erschien gar das Buch „Meine Sonntage mit Sabine Christiansen - Wie das Palaver uns regiert“. Die „neue deutsche Dreifaltigkeit“ bestehend aus «Tagesschau», «Tatort» und eben der Talk von Christiansen war darin nur einer von vielen Kritikpunkten.

Sabine Christiansen blieb ihrem Stil aber treu - bis zum Ende. Die Rolle der Einschaltquoten spielte für sie nach außen hin nie eine wirklich große Rolle: „Das Kriterium für eine gute Sendung“, sagt sie, „ist sicherlich nicht in erster Linie die Quote, wenn auch der Zuspruch zur Sendung sehr wichtig sind. Gute Gäste, ein interessantes Gespräch mit Neuigkeitswert, eine lohnenswerte Debatte - das sind die entscheidenden Kriterien.“ Jedem wolle sie die „gleiche Chance geben in ihrer Sendung.“ Allerdings stand auch dieser Aspekt immer wieder im Zentrum zahlreicher Angriffe gegen sie. Über einen kurzen Zeitraum war sie Mitglied der Jungen Union. Daher wird ihr bis heute eine Nähe zu den Christdemokraten nachgesagt. Offiziell hat sie sich nie dazu geäußert.

Schon vor Jahren brachten Branchenkenner Frank Plasberg (Foto) als möglichen Christiansen-Nachfolger ins Spiel, der für die Moderation von «Hart aber fair» mit dem Deutschen Fernsehpreis und dem Adolf-Grimme-Preis ausgezeichnet wurde. Seit September vergangenen Jahres, also seit Bestehen der großen Koalition, hatte es Christiansen noch schwerer. Durch die immer geringer werdenden Reibungspunkte, die Politjournalisten kritisierten, brach ihre Einschaltquote immer weiter ein. In den besten Zeiten holte die Sendung Woche für Woche mehr als fünf Millionen Zuschauer in die ARD. Seit geraumer Zeit lag der Talk jedoch bei weniger als vier Millionen Zuschauern. Den deutlichen Rückgang der Reichweite bestätigt auch die Quotenmeter.de Quotendatenbank.


In der neunten Staffel der Talkshow erreichte Christiansen einen Bestwert von fast schon sensationellen 7,47 Millionen Zuschauern vor der Bundestagswahl. Die Quote lag damals bei fast 28 Prozent, selbst bei den jungen Zuschauern waren 19,5 Prozent dabei. Doch gerade in 2006 ging es rapide bergab: Im April konnte sie das letzte Mal mehr als vier Millionen Menschen zum Einschalten bewegen. Im Mittelwert erreicht die Show 4,17 Millionen Zuschauer (14,6 Prozent ab 3) und 0,78 Mio 14- bis 49-Jährige (6,1 Prozent).

Noch vor drei Jahren definierte Christiansen das mögliche Ende folgendermaßen: „So lange die Sendung im Tessin, in Rostock, Berlin, Köln gern gesehen wird, werde sie auch weiterhin am Sonntagabend moderieren.“ 150 Wochen danach ist davon nicht mehr viel übrig geblieben.

Christiansen zieht sich zurück
Nach fast zehn Jahren hat sie nun allerdings genug vom Wirbel um ihre Person. Im Sommer 2007 wird die letzte Gesprächsrunde mit ihr im Ersten zu sehen sein. „Die Gründe für diese Entscheidung liegen in einem verstärkten Engagement meinerseits für das weltweite CNBC-Format «Global Players» als auch im privaten Bereich durch eine Verlagerung meines Lebensmittelpunktes ins Ausland“, so Christiansen. Mit ihrem Lebensgefährten Norbert Medus, einem französischen Unternehmer, will die als „mächtigste Fernsehfrau Deutschlands“ bezeichnete Moderatorin ihr Leben neu ordnen. Dabei dürfte auch die Ruhe vor der deutschen Boulevardpresse eine Rolle spielen. Anlässlich ihrer Scheidung im Januar 2003 geriet sie in die Schlagzeilen. Nach siebenjähriger Ehe hatte sie ihr zweiter Mann, der Fernsehproduzent Theo Baltz, wegen der Moderatorin Ulla Kock am Brink verlassen.

Das Hauptproblem Christiansens war, stets nie wirklich ernst genommen worden zu sein. Walter von Rossum, der unter anderem für die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ und „Die Zeit“ arbeitet, machte vor zwei Jahren seine Meinung deutlich: „Sabine Christiansen funktioniert als eine Tonspur in der Endlosschleife mit den stets gleichen Figuren, die bloß unterschiedliche Namen tragen.“ Und weiter: „Das Zentralkomitee der Sabine-Christiansen-Demokratie wird irgendwann an den Folgen jahrelangen Inzests eingehen.“ Und so scheint es nun gekommen zu sein.

Von ihren Senderchefs wurde sie bis zuletzt verehrt, wohl nicht zuletzt aus dem Grund, dass sie es mit ihrer Show immer wieder schaffte, die Aufmerksamkeit zu erregen. Doch das Motto „Aus den Augen, aus dem Sinn“ gilt im deutschen Fernsehgeschäft offenbar mehr denn je. In scheinbar einer Silbe macht NDR-Intendant Jobst Plog (Foto) das Ausscheiden Christiansens und den Beginn von RTL-Mann Günther Jauch deutlich: „Ich habe Verständnis für ihren Wunsch, dass sie sich ab Herbst 2007 nach dann zehn Jahren neuen Herausforderungen stellen will. Als federführender Sender ist der NDR zugleich froh, dass ab September 2007 ein hervorragender Nachfolger bereitsteht.“ Wenig Dank für fast zehn Jahr kontinuierliche Arbeit.

Die wahren Gründe über das Ende der wohl bekanntesten Polittalkshow Deutschlands wird wohl niemand so schnell erfahren: Man darf jedoch zumindest spekulieren, ob es nicht auch der Druck war, der seit Jahren auf Sabine Christiansen lastete. Denn es zermürbt zuweilen, wenn das Gefühl besteht, es ohnehin niemandem wirklich recht machen zu können. Vielleicht ist aber auch nur ihre neue Liebe daran schuld: Christiansen will nun heiraten und im Ausland ein neues – schöneres? - Leben beginnen.

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