Die Kritiker

«Tatort – Rettung so nah»

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Der Mord an einem Rettungssanitäter wirft für die Kommissarinnen Gorniak und Winkler Fragen auf. Wurde das Rettungsfahrzeug, in dem er hinterrücks erstickt wurde, absichtlich an die Elbe gelockt? Oder ist ein fremdenfeindlicher Angriff das „Motiv“, stammt das Mordopfer doch aus Syrien.

Stab

REGIE: Isabel Braak
DREHBUCH: Christoph Busche
MUSIK: Dürbeck & Dohmen
KOSTÜME: Sonja Hesse
SZENENBILD: Anette Reuther
PRODUCERIN: Tanja Marzen
REDAKTION: Sven Döbler
DARSTELLER: Cornelia Gröschel, Martin Brambach, Karin Hanczewski, Luise Aschenbrenner, Golo Euler, Annika Blendl, Torsten Ranft, Matthias Kelle, Zejhun Demirov, Sabrina Amali
Das ist die Ausgangssituation dieses Dresdner «Tatort»s, der mit einer stark konstruierten Geschichte weder Spannungsmomente zu erschaffen vermag noch echte Aufmerksamkeit zu generieren versteht. Pflichtgemäß besuchen Gorniak und Winkler nach der Tatort-Begehung also die schwangere Ehefrau des Opfers (eine schwangere Hinterbliebene wirkt immer tragischer als eine „nur“ Hinterbliebene), die ebenso pflichtgemäß verkündet, ihr Mann sei immer ein guter Sanitäter gewesen, der aber natürlich in den letzten Monaten irgendwie verändert wirkte. Warum? Weil es auf der Wache, wo er an sich sehr beliebt war, einen Kollegen gibt, mit dem er aus verschiedenen Gründen nicht klar kam. Es muss ja immer diesen einen unsympathischen Kollegen geben, mit dem sich ein paar Minuten Spielzeit füllen lassen. Und so verfolgen die Kommissarinnen in den ersten rund 20 Minuten eben jener Spielzeit einige Spuren, die für sich genommen erst einmal nicht zu kritisieren sind, sie bauen halt eine Geschichte auf. Nur sind sie schon bald ohne jeden Belang - da ein zweiter Anschlag auf Sanitäter der Wache die Story nun in eine ganz andere Richtung führt.

Ein Rettungswagen wird auf dem Weg zu einem Einsatz von der Fahrbahn abgedrängt; dabei werden die beiden Insassen so schwer verletzt, dass für den Fahrer zumindest keine Hoffnung mehr besteht diesen Anschlag zu überleben. Dabei scheint es der Mörder (oder die Mörderin) auf eine Person gezielt abgesehen zu haben: Nämlich auf die Rettungssanitäterin Greta Blaschke. Besagte Greta war die Partnerin von Tarik an den Tag, an dem dieser ermordet worden ist. Und laut Dienstplan hätte sie auch in dem verunglückten Rettungswagen sitzen müssen, hätte sie nicht kurzfristig die Schicht getauscht. Gut, Greta wirkt etwas verwirrt, was nach dem Mord an ihrem Kollegen nicht verwundert. Dass es jemand gezielt auf sie abgesehen haben könnte ist auch nur eine Vermutung. Aber gut, nach zwei tödlichen Anschlägen auf Rettungssanitäter einer Wache ist nichts auszuschließen. Vor allem, da es da jemanden gibt, der sich in Gretas Leben geschlichen hat: Jakob, der Vater eines Kindes aus dem Kindergarten, den Gretas Tochter besucht. Einen Jakob, der gar nicht Jakob heißt.

Die von diesem Moment der Erkenntnis ausschließlich auf die Sanitäterin Greta gerichtete Fokussierung der gesamten Inszenierung macht es fast unmöglich, so etwas wie falsche Spuren zu legen, wenn es einfach für andere Figuren keinen Platz mehr gibt. Der für einen «Tatort» unvermeidbare gesellschaftlich relevante Aspekt der Geschichte wiederum soll die zunehmenden Gewalt gegen Rettungskräfte in diesem Land darstellen. Wer immer Rettungskräfte im Einsatz angreift, dem mögen die Arme beim nächsten Toilettengang schrumpfen, das ist keine Frage - und diese an Liederlichkeit kaum zu überbietenden Taten erfordern in der Realität eine unnachgiebige Verfolgung solcher Angreifer durch die Justizbehörden.

Es gibt dafür ganz einfach keine Entschuldigung. Punktum.

Im Rahmen einer fiktionalisierten Aufarbeitung solch realer Geschehnisse braucht es allerdings fassbare Charaktere, die tatsächlich so etwas wie Frust und Wut der Betroffenen greifbar machen. Solche Charaktere müssen jedoch eine Komplexität aufweisen, die auch erklärt, warum sie diesen Job eigentlich noch ausüben, wenn es doch alles so schlimm ist. Es braucht Charakterisierungsfutter! Der Inszenierung fällt dazu jedoch nicht viel mehr ein als ein paar Figuren vom Reißbrett auffahren zu lassen, die ein paar Mal betroffen „schlimmschlimmschlimm“ in die Kamera sagen und dann wieder von der Bühne abtreten. Das schließt von Anfang an aus, dass der Täter möglicherweise aus den eigenen Reihen kommen könnte, denn dafür fehlt es all diesen Figuren an Persönlichkeit; auch der eine zur Ablenkung erschaffene unsympathische Kollege ist eben sehr schnell erkennbar nur das: Eine Ablenkung - und leider keine wirklich gelungene, denn spätestens ab der Mitte der Spielzeit dieses «Tatort»s verliert dieser vollkommen die Frage aus den Augen, was er sein möchte. Ein Kriminalstück, das von der Suche nach einem Mörder berichtet? Oder ein Drama über eine Sanitäterin in Not?

Schon früh dreht sich nämlich, wie bereits an voran geganger Stelle erwähnt, alles nur um Greta, eine junge, alleinerziehende Mutter. Die ihre Arbeit offenbar auch aus ihrem Privatleben nicht ausblenden kann – denn was findet der Jakob im Spiegelschrank in ihrem Badezimmer? Tabletten, die sie nicht wegen eines physischen Leidens einnimmt. Also ist wohl etwas passiert, was sie besonders mitgenommen hat. Etwas, das sich nicht professionell ausblenden lässt. Was? Na ja, ein Einsatz halt, der ziemlich tragisch ausgegangen ist. Was auch kein großes Geheimnis darstellt, sondern recht frühzeitig offenbart wird. So früh, dass die Geschichte keinen Kniff, keinen Dreh mehr findet, diese frühen Erkenntnisse in ein Konzept einzubinden, das im weiteren Verlauf der Handlung noch in der Lage wäre, Überraschungen zu kreieren oder gar zu unvorhergesehenen Wendungen zu führen. Vielmehr schleppt sich die Story irgendwann müde über die Ziellinien hin zur weitestgehend wenig überraschenden und spannungsarmen Auflösung.

Nach dem Dresdner Horror-«Tatort» «Parasomnia» des kongenialen Autoren-Regisseur-Duos Erol Yesilkaya und Sebastian Marka («Exit» ist der nunmehr elfte Dresdner Sonntagsabendthriller leider ein Rückschritt in Richtung zurück zum „Dienst nach Vorschrift“ mit ein bisschen Tragik hier und ein wenig gesellschaftlich relevante Thematik da. Viel ist das nur leider nicht.

Am Sonntag, 07. Februar 2021, ab 20.15 Uhr im Ersten

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Sentinel2003
06.02.2021 14:51 Uhr 1
Alles klar, 25 %...wieso nicht gleich 0 %?? :relieved: :grimacing:
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