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«BH90210»: Eine durchdachte (Nicht-)Fortsetzung

von   |  4 Kommentare

«Beverly Hills, 90210» ist zurück, aber irgendwie auch nicht. In «BH90210» spielt der alte Cast satirisch überhöhte Versionen von sich selbst und will ein Reboot auf die Beine stellen.

Im Grunde genügt ein einziger Name und jeder weiß, von welcher Serie die Rede ist: Brandon (Walsh). Kaum ein Charakter wird bis heute so sehr mit «Beverly Hills, 90210» verbunden wie der von Jason Priestly verkörperte. Das ist aus zweierlei Gründen bemerkenswert: Zum einen weil die Mutter aller US-Teenie-Dramen bekanntlich eigentlich auszeichnete, dass nicht nur ein oder zwei Figuren im Zentrum des Geschehens standen, sondern eine ganze Gruppe, und zum anderen weil die Ausstrahlung der letzten Folge 2000 erfolgte respektive die der ersten 1990 – also vor zwei beziehungsweise drei Jahrzehnten.

Aber gerade der letztgenannte Punkt dient auch gleichzeitig als Erklärung für dieses Phänomen: Denn wenn man sich einmal anschaut, welche Produktionen in den letzten Jahren (mehr oder weniger erfolgreiche) Revivals erfahren haben oder um welche es dank sehr treuer Fangemeinden nie wirklich ruhig geworden ist, landet man ziemlich schnell bei solchen, die in den 90ern gelaufen sind («Friends», «Akte X», «Full House», «Will & Grace») – manche sind zugegebenermaßen noch in den späten 80ern gestartet und an anderen konnten sich die Anhänger sogar noch in den 00er-Jahren erfreuen, doch eines eint all diese Kulttitel: Zumindest einige Staffeln waren unmittelbar vor dem Jahrtausendwechsel in Erstausstrahlung zu sehen.

Die Weekly war allerdings ein Format, das sich spürbar von nahezu allem, was es bisher gab, abhob. So konsequent wurde bis dato selten das Leben einer jungen Clique in den Mittelpunkt gestellt und auch tatsächlich deren Themen verhandelt. «90210», wie die Soap im englischsprachigen Raum oft schlicht genannt wird, war seiner Zeit eigentlich voraus, aus heutiger Sicht zwar wahnsinnig brav und unschuldig, für damalige Verhältnisse jedoch ziemlich mutig und modern. Da ging es um offene Beziehungen, mögliche Teenagerschwangerschaften, (Beinahe-)Vergewaltigungen, Drogen usw. Im Jahre 2020 alles längst Standard in der fiktionalen Unterhaltung – ob das gut oder schlecht ist, sei einmal dahingestellt –, Anfang der 90er hingegen noch ziemlich spektakulär.

Auch die Entscheidung als Titel schlicht den Schauplatz Los Angeles respektive Beverly Hills und die entsprechende Postleitzahl zu wählen, war klug und vollkommen nachvollziehbar. Demjenigen, der moniert, dass deutsche Kino- und TV-Produktionen sehr häufig in Berlin spielen, könnte man stets entgegnen, dass in den USA bevorzugt in New York oder der besagten Stadt der Engel gedreht wird. Die Gründe liegen auf der Hand: Diese Weltstädte bieten den Crews ideale Rahmenbedingungen, weil sie eben nicht erst seit gestern diesen Status innehaben, zudem sind sie derart groß und facettenreich, dass sich nahezu alle nur erdenklichen Geschichten auf plausible Weise dort verorten lassen.


Und gerade die beiden nordamerikanischen Metropolen zeichnet überdies der Umstand aus, dass man mit ihnen die größten Events sowie die Schönen und Reichen beziehungsweise die Stars der Gegenwart, die jeder kennt, verbindet. Daher ist es nicht verwunderlich, dass rund um den Globus ein Interesse an diesen „Big Two“ besteht. Aber man sollte in diesem Kontext ebenfalls nicht unterschätzen, wie viele US-Bürger schon immer davon geträumt haben, wenigstens eine der beiden „Citys“ zu besuchen und wie wenige sich – im Verhältnis – diesen Traum mutmaßlich erfüllen. In diesem Kontext bekommt das Wort „Traumfabrik“ eine ganz neue Bedeutung.



Mit dieser ist bekanntermaßen Hollywood gemeint, das – welch Überraschung – ein Stadtteil von L.A. ist. Für die diesen Beitrag bestimmende Serie heißt das, dass sie im Prinzip von Beginn an auf einen weiteren Hauptdarsteller setzen konnte, der eine Strahlkraft besaß wie nicht einmal Jason Priestly: die Stadt selbst. Bereits das Drehbuch zur ersten Episode unterstrich dies, denn die Zuschauer erlebten damals live mit, wie Familie Walsh in ihrer neuen Heimat ankommt – davor lebte sie in Minnesota. Das Identifikationspotenzial mit den vier Neuankömmlingen ist folglich von Anfang an groß, da all jene auf der heimischen Couch, ob jung oder alt, durch die Zwillinge Brenda (Shannen Doherty) und Brandon sowie deren Eltern Cindy (Carol Potter) und Jim (James Eckhouse) die Möglichkeit erhielten, zu sehen, wie ihr Leben in einer solchen Umgebung womöglich verlaufen würde.

Interessanterweise ist diese (lange Zeit) intakte Familie etwas, wonach sich die vermeintlich cooleren Kids, mit denen sich die „Walsh-Twins“ bald nach und nach anfreunden, eigentlich sehnen: Denn weder Kelly Taylor (Jennie Garth) noch Donna Martin (Tori Spelling), David Silver (Brian Austin Green), Steve Sanders (Ian Ziering) oder Dylan McKay (Luke Perry) haben ein unproblematisches Verhältnis zu ihren Vätern und Müttern – die meisten sind getrennt oder geschieden. Während insbesondere Brenda sich mehrfach vom schönen Schein blenden lässt, ist es Brandon, der sehr schnell versteht, wie die Dinge in ihrer neuen Heimat laufen und findet in Andrea Zuckerman (Gabrielle Carteris) eine beste Freundin, die ihn – falls er ganz ausnahmsweise einmal selbst die Bodenhaftung verliert – wieder auf den Boden der Tatsachen zurückholt.

Das Publikum begleitete diese Truppe zunächst in ihrer High-School-Zeit und anschließend auch dabei, wie sie sich an das Erwachsenwerden herantastete. Gerade letzterer Aspekt dürfte besonders entscheidend für die verhältnismäßig lange «Beverly-Hills,-90210»-Laufzeit von 10 Jahren gewesen sein. Denn so blieben die ehemaligen Teenager auch in ihren (fiktiven) 20ern für ihre mehrheitlich um einige Jahre jüngeren Fans weiterhin potenzielle Vorbilder, an denen man sich orientieren, deren eingeschlagene Wege man allerdings auch gerade deshalb einschlagen oder eben nicht einschlagen konnte, da man um die daraus resultierenden, teils unschönen Konsequenzen wusste.

Lesen Sie auf der nächsten Seite, was «BH90210» im Detail auszeichnet.

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Es gibt 4 Kommentare zum Artikel
TwistedAngel
29.02.2020 18:35 Uhr 1
"überhöhte Versionen" <- wer hat denn da mit Google Translator gearbeitet? 🤔😅 überzeichnet/übertrieben wäre wohl passender gewesen ... 😉
F.K.
01.03.2020 13:57 Uhr 2
Ich muss sagen, ich finde es ja richtig gut, dass "QM" so viele aufmerksame Leser mit einem ausgeprägten Sprachbewusstsein hat. An der von Ihnen angeführten Stelle hatte ich das "satirisch" vor dem "überhöhte" vergessen. Ach, und ich muss Sie enttäuschen: Ich habe tatsächlich noch nie auf den "Google Translator" zurückgegriffen.



Haben Sie noch einen schönen Sonntag!
TwistedAngel
01.03.2020 20:30 Uhr 3


Florian Kaiser, alles gut, bin ansonsten absoluter Fan Ihrer Artikel und das mit Google war ein Gag, da dieses "hightened versions" halt auch in englischen Artikeln verwendet wurde, daher wirkte es etwas abgeschrieben ;) und ich hätte nicht unbedingt gewusst, was 'hightened' in dem Zusammenhang bedeutet ...

Und selbst 'satirisch überhöht' finde ich irgendwie unglücklich ausgedrückt/übersetzt, aber Sie sind der Autor :)

Danke gleichfalls!
F.K.
02.03.2020 20:48 Uhr 4
Ich finde es sogar wichtig, dass nicht jedem jede Formulierung gefällt, denn nur so bekommen wir ja in letzter Konsequenz abwechslungsreiche Texte. Von daher habe ich überhaupt kein Problem mit solchen Anmerkungen, und es freut mich natürlich, dass Ihnen viele meiner bisherigen Beiträge zugesagt haben. Die nächsten sind schon in Planung. In diesem Sinne: Noch eine angenehme Woche!
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