Filmfacts «The Accountant»
- Regie: Gavin O'Connor
- Produktion: Lynette Howell Taylor, Mark Williams
- Drehbuch: Bill Dubuque
- Darsteller: Ben Affleck, Anna Kendrick, J. K. Simmons, Jon Bernthal, Jeffrey Tambor, John Lithgow
- Musik: Mark Isham
- Kamera: Seamus McGarvey
- Schnitt: Richard Pearson
- Laufzeit: 128 Minuten
- FSK: ab 16 Jahren
Dieses Vertrauen in Affleck scheint sich für die Filmverantwortlichen auszuzahlen, erntete der zweifache Academy-Award-Gewinner doch unter anderem positive Kritiken für David Finchers Thrillererfolg «Gone Girl – Das perfekte Opfer». Darüber hinaus gehört er zu den wenigen Aspekten von «Batman v Superman: Dawn of Justice», die selbst von vielen lautstarken Gegnern des Superheldenstreifens gelobt wurden. Mit «The Accountant» erhält Affleck nun die Gelegenheit, sich in einem Gebiet zu behaupten, in dem sich sein Buddy Damon bereits wiederholt achtungsvoll geschlagen hat: Im Sektor des an ein etwas älteres Publikum gerichteten Actionthrillers. «The Accountant» nun als „Ben Afflecks Antwort auf die «Bourne»-Reihe“ abzutun, mag der Produktion nicht ganz gerecht werden, dennoch empfiehlt sich das Projekt von «Warrior»-Regisseur Gavin O’Connor für all jene Filmliebhaber, denen «Jason Bourne» per se gefiel, die aber gern eine winzige Prise mehr Witz und deutlich weniger Handkameragewackel gehabt hätten.

Obwohl Regisseur Gavin O’Connor schon früh zeigt, dass sein Protagonist über eine große Waffensammlung verfügt sowie sehr gut trainiert ist, und somit das non-verbale Versprechen macht, dass «The Accountant» zum Actionthriller wird, beginnt die 44-Millionen-Dollar-Produktion bodenständig: Die von Drehbuchautor Bill Bubuque («Der Richter – Recht oder Ehre») erdachte Geschichte eröffnet wie ein fiktionales Biografiedrama über einen herausragenden Buchhalter, der aufgrund seines Autismus zwar die Gesetze der Mathematik, nicht aber die Regeln des sozialen Miteinanders beherrscht. So führt O’Connor in ruhigen, mit trockenem Witz und akkurat-geradliniger Bildsprache erzählten Szenen, wie Wolff als Kind ein schwieriges Puzzle löst oder als Erwachsener mühelos einem älteren Ehepaar große Steuerersparnisse ermöglicht. Gleichwohl liegt er im obligatorischen Smalltalk mit seiner Vorzimmerdame oder ähnlich-nebensächlichen Augenblicken gesellschaftlicher Interaktion immer dezent neben dem gemeinhin als „korrekt“ geltenden Verhalten.

Doch Wolffs Tätigkeit für Living Robotics wird jäh unterbrochen. Alsbald machen erbarmungslose Gangster Jagd auf Mitarbeiter dieses Unternehmens, darunter auf die freundliche Buchhalterin Dana (Anna Kendrick), die staunend sowie eingeschüchtert Zeugin davon wird, welche Killermaschine in Wolff schlummert. Afflecks imposante körperliche Präsenz kommt in diesen Kampfsequenzen durch teils sehr enge Kameraeinstellungen nicht durchweg zur Geltung, jedoch sind sie übersichtlicher inszeniert als die Action in den hektischsten «Bourne»-Teilen. Und wenn Wolff fast schon einem Terminator gleich ohne jegliche Mimik einen Gegner nach den anderen niederschießt, bringt Affleck dies mit einer Mischung aus Coolness und Gefährlichkeit rüber. Zudem fällt sein Zusammenspiel mit der von ihm beschützten Anna Kendrick positiv auf: Ohne Romantikkitsch, dafür auf sympathische Art unbeholfen.
Was «The Accountant» aus dem Gleichgewicht bringt, ist weniger dieser graduelle Wandel zum Actionthriller, sondern eher der Subplot rund um die Steuerfahndungsbehörde: Nicht nur, dass J.K. Simmons so wirkt, als würde er seine übliche „Strenger Boss“-Routine nur halbherzig runterspulen – der gesamte Handlungsstrang bereichert diese Geschichte einfach nicht. Theoretisch ließe er sich ersatzlos streichen – das, was die Titelfigur ausstrahlt, würde sich nicht ändern, genauso wenig würden sich gravierende inhaltliche Fragen auftun, denn Wolffs Werdegang wird bereits in erzählerisch teils überstrapazierten Rückblenden erläutert. Spannung macht sich in den Ermittlerszenen, trotz einer versierten Performance von Cynthia Addai-Robinson («Arrow») als Spürnase, ebenfalls kaum breit, da die US-Behörde nie glaubhaft als Gefahr für Wolff skizziert wird.

Fazit: Stimmige Thrilleraction und schön-spröder Humor, aber gelegentlich macht sich Sand im Getriebe bemerkbar.
«The Accountant» ist ab dem 20. Oktober 2016 in vielen deutschen Kinos zu sehen.
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