Die Kino-Kritiker

«Teenage Mutant Ninja Turtles»

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Cowabunga! Das von Michael Bay produzierte «Turtles»-Reboot ist aller Unkenrufe zum Trotz überraschend unterhaltsam geraten.

Filmfacts «Teenage Mutant Ninja Turtles»

  • Kinostart: 16. Oktober 2014
  • Genre: Action
  • FSK: 12
  • Laufzeit: 101 Min.
  • Regie: Jonathan Liebesman
  • Drehbuch: Josh Appelbaum, André Nemec, Evan Daugherty
  • Darsteller: Megan Fox, Will Arnett, William Fichtner, Alan Ritchson, Noel Fisher, Pete Ploszek, Jeremy Howard
  • OT: Teenage Mutant Ninja Turtles (USA 2014)
Bei Neuauflagen populärer Franchises, die eine besonders treue Anhängerschar hinter sich versammeln, sind massive Fanproteste schon nach der bloßen Ankündigung des Vorhabens vorprogrammiert. Wenn dann – wie im Fall der «Teenage Mutant Ninja Turtles» – auch noch Krawall-Meister Michael Bay und Regisseur Jonathan Liebesman, der sich mit Machwerken wie «World Invasion: Battle Los Angeles» und «Zorn der Titanen» bis dato nicht gerade mit Ruhm bekleckert hat, als Verantwortliche hinter dem geplanten Projekt fungieren sollen, sehen Liebhaber der Comic- und Zeichentrick-Vorlagen wohl allerspätestens den Zeitpunkt gekommen, auf die Barrikaden zu gehen. Die angedrohte Änderung, aus den mutierten Schildkröten diesmal Außerirdische zu machen, wurde so zwar noch einmal abgewendet, Bay und Liebesman konnten die Liebhaber der gepanzerten Reptilien allerdings nicht von ihren Posten vertreiben. Mit ihrem Endprodukt dürften die beiden Filmemacher nun aber zumindest einige Skeptiker eines Besseren belehren.

New York City sieht sich mit einer gefährlichen neuen Bedrohung in Form des skrupellosen Foot-Clans konfrontiert, der unter Führung des mysteriösen Shredder (Tohoru Masamune) immer mehr Einfluss in der Stadt gewinnt. Selbst die Polizei scheint machtlos gegen die um sich greifenden Verbrechen der kriminellen Vereinigung. Das Risiko ignorierend, hat es sich die ehrgeizige Reporterin April O’Neil (Megan Fox) zur Aufgabe gemacht, eigene Nachforschungen zu den Vorfällen anzustellen. Nachdem sie hautnah miterlebt, wie weitere Übergriffe des Foot-Clans von einigen Unbekannten vereitelt werden, versucht sie hinter die Identität der selbstlosen Rächer zu kommen.

Als ihr dies schließlich gelingt, zweifelt sie allerdings zunächst an ihrem eigenen Verstand. Vier humanoide, sprechende und äußerst kampferprobte Schildkröten, die sich selbst als Raphael (Alan Ritchson), Michelangelo (Noel Fisher), Leonardo (Pete Ploszek) und Donatello (Jeremy Howard) vorstellen, haben der finsteren Organisation den Kampf angesagt, um die Bewohner New Yorks zu beschützen. April möchte die Geschichte daraufhin an die Öffentlichkeit bringen, wird von ihrer Chefin (Whoopi Goldberg) und ihren Kollegen jedoch nur verspottet. Selbst ihr vorlauter Kameramann Vern (Will Arnett) begegnet der jungen Journalistin mit Skepsis. Lediglich der wohlhabende Eric Sacks (William Fichtner), ein alter Kollege ihres verstorbenen Vaters, an den sie sich hilfesuchend wendet, schenkt April Gehör. Doch scheint Sacks ganz eigene Ziele zu verfolgen.

Man kann «Teenage Mutant Ninja Turtles» sicherlich (und nicht zu Unrecht) mit einer ganzen Reihe der üblicherweise an das moderne Blockbuster-Kino gerichteten Vorwürfe konfrontieren (CGI-Overkill, peinliche Dialoge, flache Charaktere und und und…), doch haben sich «Snow White and the Huntsman»-Autor Evan Daugherty und die «Mission: Impossible - Phantom Protokoll»-Schreiberlinge André Nemec und Josh Appelbaum durchaus mit der zu Grunde liegenden Comic-Vorlage befasst und sie hier und da ihren eigenen Vorstellungen angepasst, um das Ganze recht adäquat in die Jetztzeit zu transportieren. Die vier tierischen Protagonisten haben dabei schon rein äußerlich nicht mehr sonderlich viel mit ihren bestenfalls knuffigen Pendants aus den zuweilen trashigen Realverfilmungen der 90er Jahre gemein, nähern sich im Gegenzug dafür aber ihren doch recht düsteren Comic-Ursprüngen an. Zwar spielt der infantile Humor der vier jugendlichen Schildkröten und ihr lässiges (wenn auch folgerichtig nun von der Popkultur der späten 90er und frühen 2000er Jahre geprägtes) Gehabe eine große Rolle, doch geht von den massigen Reptilien zugleich auch eine raue Bedrohlichkeit aus, die die in ihnen schlummernden Fähigkeiten direkt erahnen lässt.

Das Gelingen dessen ist nicht zuletzt den nahezu makellosen visuellen Effekten zuzuschreiben, mit denen die Turtles zum Leben erweckt werden. Obwohl die kämpferischen Schildkröten, trotz zu Grunde gelegter Darstellung echter Schauspieler aus Fleisch und Blut, letztlich nur aus dem Computer stammen, legen sie definitiv eine weitaus beeindruckendere Ausdruckspalette an den Tag als Hauptdarstellerin Megan Fox, die wohl zu den größten Schwachpunkten des Films zählt. Fast schon sehnt man sich nun nach den Streitigkeiten zwischen Fox und Produzent Michael Bay zurück, hat die scheinbare Aussöhnung der beiden die fragwürdige Besetzung doch überhaupt erst möglich gemacht. Zu keiner Sekunde nimmt man dem absolut hölzern agierenden Hollywood-Star die Rolle der taffen und cleveren Journalistin ab.

Um der Figur an sich aber zumindest etwas mehr Relevanz in Bezug auf die Titelhelden zu verpassen, haben die Autoren nach einer zunächst aufs Wesentliche reduzierten Etablierung des Settings in einem wahrlich schön in Szene gesetzten Vorspann später tatsächlich noch an der Entstehungsgeschichte der mutierten Schildkröten gefeilt. Allerdings wanderte ihr Griff dabei etwas zu tief in die Zufallskiste. Generell hat das Autoren-Trio ganz offensichtlich nicht sonderlich viel Mühe darin investiert, die einzelnen Stationen der erzählten Geschichte wirklich schlüssig miteinander zu verknüpfen. Dass die Handlung eines Blockbusters der Marke «Teenage Mutant Ninja Turtles» weitestgehend vernachlässigbar ist, dürfte sich von selbst verstehen, doch die Skript-Faulheit, die Nemec, Appelbaum und Daugherty bei der Entwicklung der Story mitunter demonstrieren, lässt selbst im absurden Setting des Films Logiklöcher und Ungereimtheiten auch für tolerante Blockbuster-Freunde nur zu deutlich aufklaffen.

Hinzu kommt, dass die Drei scheinbar nicht so recht wussten, was genau sie mit Bösewicht Shredder anfangen sollten. Der für die Reihe eigentlich so ikonische Gegenspieler bleibt völlig blass und damit am Ende total verschenkt. Während er in Form von Tohoru Masamune zunächst noch angemessen unheilvoll eingeführt wird, ist er bald nur noch in seinem völlig verschlossenen, wie ein Transformers-Klon daherkommenden High-Tech-Anzug zu sehen, in dem er nur noch wenige Worte verliert und stattdessen mechanisch und wild um sich schlägt, ohne dass eine eigene Persönlichkeit erkennbar wird oder der Figur noch irgendetwas Brauchbares hinzugefügt werden kann

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Kino ist ein Milliardengeschäft. Werden die Tage kürzer und kälter, kommen wieder vermehrt Qualitätsproduktionen auf die Leinwände. In dieser Woche dreht sich bei Quotenmeter.de alles um das Geschehen in den deutschen Lichtspielhäusern.
Am Montag hat Sidney Schering eine neue Ausgabe von «Popcorn und Rollenwechsel» parat und geht der Frage nach, wie erfolgreich der einstige Trend 3D noch ist. Zudem: Antje Wessels mit einer Kritik zu «The Riot Club».
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Dass dem Leinwand-Comeback der ungewöhnlichen Ninjas dennoch ein außerordentlicher Unterhaltungswert inne wohnt, liegt zum einen in der Tat an den Titelfiguren selbst, mit denen die menschlichen Gegenparts kaum mithalten können. Trotz lediglich rudimentärer Figurenzeichnung werden die sich unterscheidenden Charakterzüge von Raphael, Michelangelo, Leonardo und Donatello im weiteren Filmverlauf halbwegs deutlich herausgearbeitet. Auch wenn der über sie vermittelte Humor, gerade in Sachen Selbstironie zweifellos ausbaufähig ist und somit längst nicht jeder Spruch oder Gag sitzt, ist ihr chaotisches Verhalten obendrein für gelegentliche Lacher gut. Komplettiert wird das bunte Spektakel-Paket schließlich durch die wirklich famosen Schauwerte und das sie begleitende, absolut bombastische Sound-Design, das den Kinosaal regelrecht zum Beben bringt und den Film endgültig für die Vorführung in einem solchen prädestiniert. Besonders zum Tragen kommt all das in einer Ski-Abfahrt der etwas anderen Art, die mit verspielten Ideen, einem enormen Tempo und großartig zur Geltung kommenden 3D-Bildern aufwarten kann. Der sich daran anschließende eigentliche Showdown, der fast schon dreiste Parallelen zum Finale von «The Amazing Spider-Man» aufweist, fällt dagegen ein Stück weit ab.

Fazit: Dass die Neuauflage der «Teenage Mutant Ninja Turtles» absolut bescheuert wird, war wohl von Beginn an klar. Dass das Ganze dabei allerdings ein derart spaßig-rasanter Ritt (und nicht etwa eine völlig lieblose Gurke wie «Transformers 4») wird, war angesichts der Vorzeichen hingegen kaum zu erwarten. Regisseur Jonathan Liebesman guckt sich zwar viel bei seinem Produzenten Michael Bay ab, verzichtet aber glücklicherweise auf dessen anstrengend-pathetische Amerika- und Militär-Beweihräucherung. Obwohl er sich mit Megan Fox eine völlig fehlbesetzte Hauptdarstellerin aufgehalst hat, kann er somit am Ende mit nett gemeintem Witz, der atemberaubenden Bild- und Tonkulisse sowie grandiosen (3D-)Effekten für überraschend kurzweilige Popcorn-Unterhaltung sorgen.

Die «Teenage Mutant Ninja Turtles» sind ab dem 16. Oktober in 2D und 3D in den deutschen Kinos zu sehen.

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