Die glorreichen 6

Die glorreichen 6: Richtig gute Flops (Teil I)

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Wirtschaftliche Misserfolge verdienen nicht automatisch ein Naserümpfen: Wir stellen sechs starke Filme vor, die an den Kinokassen brutal untergingen. Zum Auftakt: Das Disney-Zeichentrickabenteuer «Der Schatzplanet».

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Die 6 glorreichen Aspekte von «Der Schatzplanet»


«Der Schatzplanet» ist einer der handwerklich ambitioniertesten Disney-Zeichentrickfilme in der Geschichte des Traditionsstudios – und regt als angedachtem Vorreiter, dem aufgrund seines Misserfolges keine Nachfolger vergönnt waren, mehr als die meisten Disney-Projekte zum Spekulieren an: "Was hätte noch alles werden können?". In einer Zeit des Umbruchs, als DreamWorks Animation und Pixar mit reinen Computeranimationsfilmen mehrere Hits lieferten und die Blue Sky Studios frisch mit «Ice Age» durchgestartet ist, verweigerte sich das Disney-Trickstudio noch, exakt dasselbe zu tun – und segelte stattdessen mit einer überaus aufwändigen Medienverschmelzung zu neuen Ufern:

Sämtliche der atemberaubenden Hintergründe des Films wurden aufwändig am Computer in einem Look erstellt, der den Ölgemälden der sogenannten Brandywine-Schule aus dem frühen 20. Jahrhundert nachempfunden ist, während die meisten Figuren von Hand gezeichnet wurden. Einzelne Figuren hingegen sind komplexe Verschränkungen aus CG-Animation und Zeichentrick, während der verwirrte Roboter B.E.N., den die Helden auf dem titelgebenden Schatzplaneten treffen, zwar komplett am Computer entstand, seine Oberfläche allerdings so gehalten wurde, dass er neben den Zeichentrickfiguren nicht heraussticht. Vor dem Kinoflop von «Der Schatzplanet» gab es in den Disney-Trickstudios Pläne, an diesen Ambitionen und den dafür erstellten technischen Entwicklungen anzuknüpfen und eine übernatürliche Geschichte in diesem ästhetischen Stil zu erzählen – bedauerlich, dass dies nicht eingetreten ist.



Das Potential, das bei einer Weiterentwicklung der in «Der Schatzplanet» getätigten Versuche vorhanden gewesen wäre, offenbart sich unter anderem in den spektakulären Actionszenen, die mit ihren komplexen Kamerabewegungen und zahlreichen minutiösen Details überaus kinetisch sind und optisch deutlich verwegener als von Disney-Zeichentrickfilmen gewohnt. Jedoch ist der kostspielige Flop der Regisseure Ron Clements & John Musker, die später auch «Küss den Frosch» und «Vaiana» verantworteten, keine reine Materialschlacht. Gewiss: Weil «Der Schatzplanet» auf einige der typischen Disney-Gefühlszutaten verzichtet, wird diesem Abenteuer vorschnell vorgeworfen, kein Herz zu haben. Umso mehr lohnt es sich, den Film erneut zu gucken.

Mit Jim Hawkins steht eine im Konflikt mit sich selbst stehende, ungewöhnliche Disney-Hauptfigur im Fokus, der Zeichner John Ripa ebenso eine rebellische Attitüde wie eine verträumte Ader verleiht. Der bärige Piratenkoch John Silver wiederum hat sich dank des faszinierenden Clashs zwischen grobschlächtigem Auftreten und feinfühlig gezeichneter Mimik einen Platz im Pantheon der Disney-Antihelden verdient – Zeichner Glen Keane (das Biest in «Die Schöne und das Biest», Titelheld in «Tarzan») lieferte hier einen weiteren Geniestreich ab. Perfekt abgerundet wird all dies durch die Kompositionen von James Newton Howard, der eine retrofuturistische Instrumentalmusik zauberte, die mit ihrer Abenteuerromantik begeistert und lange im Ohr bleibt.

«Der Schatzplanet» ist auf DVD und Blu-ray erhältlich sowie via Amazon, maxdome, iTunes, Google Play, Videoload und Juke abrufbar.

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