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Alle Jahre wieder: Das «Traumschiff»-Phänomen

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Seit fast 35 Jahren ist «Das Traumschiff» ein Quotengarant für das ZDF - Wir haben uns gefragt, warum die Serie sich seitdem zwar kaum verändert, aber trotzdem ihre Zugkraft behalten hat.

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Faktor 3: Die kenn ich doch!


Doch wäre aller Inhalt nichts ohne diejenigen, die ihn uns präsentieren. Dabei verlässt man sich auch bei der deutschen Variante seit jeher auf das gleiche Prinzip, welches das US-Pendant «The Love Boat» zwischen 1977 und 1986 in fast 250 Episoden ebenfalls so erfolgreich getragen hatte.

Jahr für Jahr gibt sich das Who-is-Who der deutschen Fernsehunterhaltung ein Stelldichein. Ob Gaby Dohm, Evelyn Hamann, Heinz Hoenig oder Elmar Wepper. Grit Boettcher, Klausjürgen Wussow, Günther Pfitzmann oder Thomas Gottschalk. Sie alle brachten und bringen Abwechslung und Wiedererkennungswert in die Serie.

Dass einige Darsteller über die Jahre bereits in verschiedene Rollen schlüpfen durften, artet dabei nicht in Langeweile aus, sondern unterstreicht ebenfalls die Verlässlichkeit des Formats. Selbst TV-Gestalten ohne große schauspielerische Vorbildung finden ihren Weg in die Serie. So durfte man bereits Moderatorin Inka Bause sechs Episoden lang als Fitnesstrainerin bewundern und Harald Schmidt gibt sich dieses Jahr bereits zum siebten Mal als Kreuzfahrtdirektor Oskar Schifferle an Bord die Ehre (auch er hatte vorher bereits zweimal einen anderen Charakter gespielt).

Dabei spielt es noch nicht einmal eine Rolle, dass weder Bause noch Schmidt besonderes Schauspieltalent zu Tage fördern, sondern eher eine Version ihrer selbst zum Besten geben. Es reicht, dass man sie erkennt und sich an ihrer Mitwirkung erfreuen kann.

Ausblick: Traumschiff 3.0


Neben all den bekannten Faktoren bahnen sich aber auch immer wieder Neuerungen ihren Weg in die Serie. So wurde für die aktuellen Folgen erstmals komplett digital gedreht. Durch den Einsatz von Drohnen ergeben sich vollkommen neue Kameraeinstellungen und filmische Herangehensweisen. Die Serie wird also unter Einsatz aktueller technischer Möglichkeiten dezent aber merklich dem visuellen Zeitgeist angepasst. Laut Nick Wilder entstanden dadurch gerade in Bezug auf die Episode auf den Cook Islands mit ihren einsamen Inseln und Lagunen sensationelle Aufnahmen, die man nicht verpassen sollte. Auch wurde die Erzählweise eine Spur modernisiert. Das Format bleibt sich treu, aber geht dennoch mit der Zeit. Ein Mix, der der Serie in 35 Jahren immer gute Dienste erwiesen hat.

Nach den Episoden am 26.12.2015 und 01.01.2016 sticht die Crew im Februar schon wieder in See. Dann geht es in den wunderschönen Inselstaat Palau im Pazifischen Ozean - Ein Paradies für Taucher und Fernsehzuschauer mit Palmen und Relikten aus dem zweiten Weltkrieg. Als zweites Reiseziel wurde Kuba ausgewählt.

Die andere Seite: Ein Haar für die Suppe


Ohne Frage kann man alle angeführten Argumente auch problemlos gegen die Serie verwenden. Ein Strick ist schließlich schnell gedreht. Die Drehbücher sind aufs simpelste reduziert, die Dialoge erfüllen kaum Minimalkriterien. Bei den Darstellern zählt der Name mehr als die Leistung und Veränderungen bewegen sich im kaum messbaren Bereich - und wenn, kommen sie oft Jahre zu spät. Eine lebendige Fototapete zum Wegdämmern, die sicherste Lebensversicherung für Herzpatienten. Oder noch etwas deutlicher: Eine Produktion kurz vor scheintot.

Doch warum sollte man so argumentieren? Um etwas, was eine große Anzahl Menschen in diesem Land seit 35 Jahren liebt zu diskreditieren? Lieber sollte man einer Produktion, die handwerklich und organisatorisch, optisch wie akustisch derart kohärent daherkommt, den Maßstab angedeihen lassen, den sie verdient.

«Das Traumschiff» will unterhalten, Schauwerte bieten und eine Brücke heraus aus dem Alltag bauen – in all diesen Disziplinen kann man ihr ohne unnötigen Zynismus keinen Vorwurf machen. Deshalb genug davon. Ehre wem Ehre gebührt – die Serie hat sich ihren Stellenwert verdient.

Fazit


«Das Traumschiff» folgt weiter ihrer erfolgreichen Formel – weil man es sich leisten kann. Doch ist es auch ein Zeichen von Stärke, kleine Veränderungen nicht erst dann anzustoßen, wenn der Abgrund bereits in Sichtweite ist.

Die Serie bietet eine etablierte, starke Marke, die dem Sender absolut verlässliche Zahlen liefert und nebenbei durch ihre Historie ein sympathisches Zugpferd in einer zunehmend schnelllebigen Welt ist. Dass man sich Neuerungen und Zeitgeist dennoch nicht verschließt und immer wieder nach Möglichkeiten sucht, dem Format neue Impulse zu geben, ohne die Identität aus den Augen zu verlieren, kann und sollte man der Produktion durchaus hoch anrechnen.

Solange Menschen träumen wollen und sich nach aufmunternden Antworten auf die nicht ganz so leichten Fragen des Lebens sehnen, darf «Das Traumschiff» gerne fester Bestandteil der Feiertagsunterhaltung bleiben.

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