Hingeschaut

Opdenhövels Action-«Dalli Dalli»

von
Die Gameshow-Hoffnung des Ersten: «Opdenhövels Countdown» sieht modern aus, beinhaltet aber eine zeitlose Mischung aus Quiz und klassischen Actionspielen.

Matthias Opdenhövel ist unter Deutschlands Showmoderatoren der Mann für das Unplanbare. Jahrelang sagte er bei «Schlag den Raab» bis tief in die Nacht hinein einen kuriosen Mix aus anspruchsvollem Quiz, anstrengenden Sportspielen und albernen Verrücktheiten an, schlug sich mit Raabs Gequengel rum und durchstand unzählige Ausbrüche aus dem geplanten Sendeablauf. Andere würden dabei untergehen, Opdenhövel erhob es hingegen zu einer unterhaltsamen Kunst.

Deswegen ist es kein Wunder, dass Opdenhövels erste eigene Unterhaltungsshow im öffentlich-rechtlichen Fernsehen, trotz kleineren Makeln, aus dem drögen Einheitsbrei ausbricht. Während Jörg Pilawa ein und dieselbe schleppende Quizshow unter fünf verschiedenen Titeln an den Zuschauer bringt, weckt «Opdenhövels Countdown» mit seiner abwechslungsreichen Mischung aus Action und Quiz Erinnerungen an ein aufgeplustertes «Dalli Dalli» oder «Die 100.000 Mark Show». Wie schon bei «Schlag den Raab» darf Opdenhövel seine Kandidaten durch einen kunterbunten Spiele-Mix führen – das allerdings leider nicht live, so dass ein wenig Nervenkitzel verloren geht.

Dafür ging die Premiere von «Opdenhövels Countdown» sehr rasant voran, was sie sowohl vom monumentalen «Schlag den Raab» abgrenzte, als auch von den zähen öffentlich-rechtlichen Spielshows, die es sonst unter der Woche zu sehen gibt. Das ist dem klar umrissenen Konzept zu verdanken: In jeweils einminütigen, modern präsentierten Einspielern werden die vier Kandidaten vorgestellt, die daraufhin in sechs Teamspielen gemeinsam darum kämpfen, den Jackpot zu erhöhen. In drei K.o.-Runden verkleinert sich das Kandidatenfeld, so dass nur noch einer von ihnen im Finale um den Gewinn von bis zu 100.000 Euro spielt. Auch der Titel erklärt sich von selbst: Jedes Spiel muss innerhalb eines bestimmten Zeitlimits bewältigt werden.

Solch ein Konzept steht und fällt deshalb nahezu allein mit der Spielauswahl und der Moderation. Und da gab es kaum etwas zu mäkeln: Matthias Opdenhövel zeigte, dass er seit seiner letzten «Schlag den Raab»-Show nichts an Schlagfertigkeit eingebüßt hat: Den Kandidaten drückte Opdenhövel in einem angebrachten Maße freundliche Seitenhiebe rein, insbesondere an Kandidat Jörg (Dauerstudent seit sieben Jahren) fraß er sich einen Narren. In einem Spiel ging es beispielsweise darum, zwei Autos auf einer überdimensionalen Waage ins Gleichgewicht zu bringen. Jörg trug zu diesem Spiel nichts weiteres bei, als cool aus dem Auto zu gucken und seinen Wagen einmal wenige Zentimeter nach vorne zu bewegen. Opdenhövels trockener Kommentar dazu: „Wow, Jörg, das hast du spitze gemacht!“

Gehässig zeigte sich Opdenhövel, der die Kandidaten auch engagiert anzufeuern wusste, allerdings nie, dafür brachte er sehr viel Selbstironie mit. Das Actionspiel „Glühbirnen eindrehen“ musste abgebrochen werden, weil der Moderator in einem Moment der Unachtsamkeit die bereitgestellten Lampen umschmiss. Das hätte in einer aufgezeichneten Show rausgeschnitten werden können, aber die Regie war weise, es in der ausgestrahlten Fassung beizubehalten. Pannen machen Gameshows menschlich, und Moderatoren-Kommentare wie „Welcher Idiot hat mir eine Abendshow gegeben?“ bedeuten den wertvollen Unterschied zwischen einem spritzigen Opdenhövel und einem müde gewordenen Pilawa.

Die Zusammenstellung der Spiele bescherte einen vergnüglichen Showabend: Erst musste das noch vierköpfige Team aus zwölf Lebensmitteln die vier mit dem höchsten Vitamin-C-Gehalt erraten. Nach diesem gemeinsamen Quiz auf «Dalli Dalli»-Niveau folgte ein Actionspiel, wie es aus der «100.000 Mark Show» entflohen sein könnte: Eine Rampe, anfangs waagerecht und dann alle paar Sekunden in einem höheren Winkel ansteigend, führte zu einer Buchstabenwand à la «Glücksrad», auf der es die Felder mit Handbällen frei zu werfen galt.

Diese Mischung aus Allgemeinwissen und kreativen Aktionsaufgaben zog sich durch die komplette Show. Einziger Ausrutscher: In Footballmontur galt es während des fünften Gemeinschaftsspiels durch Türen zu rennen. Jede stand für eine Antwort, nur die Tür mit der korrekten Antwort öffnete sich. Den Kandidaten stand es frei, stur durch alle Türen zu rennen und so die korrekte Antwort zu erraten. Das führte zu einem kopflosen Chaos ohne Spannungsbogen.

An einem einzelnen Spiel scheitert jedoch keine gesamte Show. «Opdenhövels Countdown» hat das Zeug dazu, ein langlebiges Showhighlight im Angebot des Ersten zu werden. Dazu müsste sich nur wenig verbessern: Das in einem Stoppuhr-Thema gehaltene Studio ist etwas zu klein, um eine den großen Actionspielen angemessene Stimmung zu verbreiten, und man sollte es sich überlegen, live zu senden, um Opdenhövel noch deutlicher glänzen zu lassen. Aber die Redaktion hat gute Spielideen und scheint es auch zu vermeiden, auf die Sorte von selbstdarstellerischen Kandidaten zu setzen, durch die in letzter Zeit viele aufgezeichnete Gameshows zur Tortur wurden. «Opdenhövels Countdown» lässt also in kleinerem Rahmen und moderner Ausstrahlung die Gameshow-Stimmung der 90er aufleben. Mit etwas Feinschliff und anhaltend guten Spielideen dürfte das für einen Dauerbrenner reichen. Toi, toi, toi!

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