Die Kritiker

«Doktor Martin» (2x01)

von

Story


Die Situation im verschlafenen Neuharlingersiel ist für Doktor Martin Helling nicht besser geworden: Nach dem "Mundgeruchdebakel" ist das Verhältnis zu seiner heimlichen Liebe, der Grundschullehrerin Thea Sonnabend, deutlich unterkühlt, seine unfähige Arzthelferin ist nach Frankreich durchgebrannt und hat ihre Cousine Paula - genauso hübsch wie inkompetent - als Vertretung "eingestellt", und trotz der erfolgreichen Notoperation hat sich nichts an Martin Hellings Blutphobie geändert.

Ausgerechnet jetzt benötigt Tante Alma Martins dringende Hilfe: Ihre Freundin Camilla Honsberg hat sich den Fuß verletzt. Erst auf den zweiten Blick erkennt er, dass es Alma vielmehr darum geht zu verhindern, dass Camillas Sohn Erik seine angeblich demente Mutter ins Pflegeheim abschiebt!
Zeitgleich erscheint der Strandkorbvermieter Horst Strackholder in der Praxis, der von einem maskierten Dieb überfallen wurde. Während Polizeichef Dononelli zur Hochform aufläuft - was beinahe zur Verhaftung des Klempnersohns Nils Breitens führt - merkt Doktor Martin, dass es in Strackholders Krankengeschichte genauso viele Ungereimtheiten gibt wie in der von Camilla Honsberg. Als sich deren Sohn Erik noch als die Jugendliebe von Thea herausstellt, ist das Chaos perfekt.

Darsteller


Axel Milberg («Tatort: Kiel») ist Dr. Martin Helling
Margrit Sartorius («SOKO Leipzig») ist Thea Sonnabend
Ellen Schwiers («GG 19 - Eine Reise durch Deutschland in 19 Artikeln») ist Tante Alma
Nora Binder («Mein Leben & ich») ist Paula
Max Hopp («Bella Block») ist Mark Dononelli
Hans-Martin Stier («SOKO Köln») ist Gert Breitens
Florian David Fitz («Doctor’s Diary») ist Nils Breitens

Kritik


Die erste Ausgabe der neuen Staffel von «Doktor Martin» fällt ungemein desaströs aus. Zunächst einmal ist der dramaturgische Aufbau der Folge nicht nachvollziehbar. Die Fälle des insgesamt recht inkompetenten Arztes ranken sich um widerliche Geschichten um missglückte Sado-Maso-Spielchen und dehydrierte, alte Frauen. Spannend, unterhaltsam oder tiefgründig ist das alles bei weitem nicht, bizarr und sinnlos schon eher. Weiterhin hat natürlich die ständig hoch gehaltene und im Großen und Ganzen untrübliche Kleinstadtidylle, die nie auch nur ansatzweise hinterfragt wird, etwas außerordentlich Befremdliches an sich. Beim Einschalten der Folge sind wir sofort in einer heilen Welt gelandet, in der sämtliche Konflikte vollkommen banal sind, und jeder den anderen ungemein lieb hat. Von einer doch so bitter notwendigen Tragik, bzw. Dramatik ist weit und breit nicht die Spur.

Doch nicht nur die Konstruktion der Atmosphäre der Serie und den Plotaufbau der Folge haben die Autoren gehörig vermasselt, denn die Figuren sind ihnen ebenfalls alles andere als gelungen. Die Hauptfigur ist schrullig und chronisch genervt, hat dabei aber natürlich, wie sollte es in einer typischen ZDF-Serie zur Prime-Time auch anders sein, ihren weichen Kern. Dabei ist Dr. Martin Helling aber kein Genie, wie etwa Dr. House, was ja eine Rechtfertigung für sein, nun ja, sonderbares Benehmen gewesen wäre, sondern er wird uns als Mensch wie du und ich präsentiert. Nichts an ihm ist außergewöhnlich, nichts auch nur irgendwie interessant. Dass er als Arzt eine Blutphobie hat, verpasst der Glaubwürdigkeit ihren finalen Todesstoß. Wie hat der Mann denn im Studium seinen Anatomieschein gemacht?

Neben der gänzlich unnahbaren und uninteressanten Hauptfigur sind es auch die stereotypen Nebenprotagonisten, die aus dieser Serie eine vollkommen erbärmliche Ansammlung an Kitsch machen. Hellings ehemalige Sprechstundenhilfe ist mit ihrem Lover nach Frankreich durchgebrannt und ihre unfähige und unemanzipierte Cousine übernimmt einstweilen den Job. Diese ordnet Patientenakten nach Vornamen, flirtet mit allem, was halbwegs ansehnlich ist, platzt in Sprechstunden mit einer Tasse Tee in der Hand und hat den IQ eines belegten Toastbrotes. Das soll sie dann wohl für den Zuschauer unheimlich sympathisch machen, was aber nicht gelingt. Dies kann man jedoch gleichermaßen ihrer Darstellerin Nora Binder vorwerfen, die mit ihrem furchtbar penetranten Gewese und ihrem irren Blick irgendwie Angst einflößend wirkt.

Dann wären da noch der leichtgläubige und paranoide Dorfpolizist, der nicht einmal halbwegs unfallfrei das Alphabet beherrscht, eine alte Frau, die nicht ins Heim will, sowie ihr Sohn, der jede freie Minute seiner Zeit nutzt, um sie genau dorthin zu verfrachten. Eines haben sie alle dabei gemeinsam: Sie entbehren jegliche Charaktertiefe und um etwas auch nur ansatzweise Interessantes an ihnen zu finden, müsste man schon sehr lange suchen. Alles in Allem ist «Doktor Martin: (K)eine Frage des Alters» daher ein Desaster auf ganzer Linie, das man hoffentlich ganz schnell wieder absetzen wird.

Die neue Staffel ist ab Donnerstag, dem 7. Mai 2009, um 20.15 Uhr im ZDF zu sehen.

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