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Astro-Beratungen treiben 38-Jährige in den Ruin

von  |  Quelle: FAZ, Quotenmeter.de Exklusiv
Offenbar aus Liebeskummer vertelefonierte eine Frau innerhalb eines Jahres rund 38.000 Euro. Sie rief bei Kartenlegern und Hellsehern des Unternehmens Questico an, zudem auch der Fernsehsender AstroTV gehört.

Kostenpflichtige Rufnummern im Fernsehen sind tückisch. Das Geld ist schneller weg als so manch einer denkt. Vor allem, wenn die Kosten über die üblichen 50 Cent pro Anruf hinausgehen. Und auch Liebeskummer ist tückisch. Durchaus verständlich, dass sich Alleingelassene gerne an Strohhalmaussagen von Kartenlegern und anderen Zukunftsdeutern klammern. So geschehen in einem ganz besonders drastischen Fall. Eine von Trennungsschmerz geplagte 38-Jährige nutzte im März 2006 den Service des Unternehmens Questico, das seiner Werbebotschaft zufolge kompetente und liebevolle Lebensberatung anbietet. Alles begann ganz harmlos: 88 Euro kosteten die Beratungen im ersten Monat. Ein Jahr später hatte die Frau einem Zeitungsbericht zufolge über 60 Berater des Unternehmens durch und war rund 38.000 Euro ärmer.

Im Juli 2006 wäre es zu einer Hochphase des Anrufverhaltens gekommen – rund 5600 Euro musste sie in alleine einem Monat bezahlen. In diesen Monat fiel der Scheidungstermin mit ihrem Mann - und die Berater ermutigten die Frau, er würde in ein paar Monaten zurückkommen. Um alles zu begleichen, löste die 38-Jährige nicht nur ihr Sparguthaben in Höhe von 21.000 Euro, sondern auch einen Kredit in Höhe von 13.000 Euro auf. Den Rest des fälligen Betrags lieh sie sich von einer weiteren Person.

Erst als sie ihren Eltern von ihren finanziellen Nöten erzählte, hörte der Wahnsinn auf. Inzwischen befindet sich die Dame in psychologischer Behandlung. Zu diesem Schritt hätten laut dem Zeitungsbericht im Übrigen nur drei der rund 60 Berater geraten. Der Fall sorgt für Wirbel: Zum Unternehmen Questico gehört der Fernsehsender AstroTV, der täglich 20 Stunden live on Air und zum Teil auch über 9Live zu sehen ist.

Pikant: Neben den Beratungen vor laufenden Kameras wird in den Sendungen mehrmals pro Stunde aufgerufen, sich ein Gratisgespräch zu sichern. Damit wird der Anrufer allerdings Kunde beim Unternehmen (und somit natürlich auch bei Questico) und muss für alle weiteren Gespräche bezahlen – und das nicht wenig. Etwa 50 Euro wird für eine normal langes Beratung fällig, verriet eine Kartenlegerin einmal in einer Livesendung. Den Zusammenhang zu AstroTV wies die Unternehmenssprecherin auf Quotenmeter.de-Anfrage deutlich zurück. In einer schriftlichen Richtigstellung für unsere Redaktion erklärte sie: „Der angesprochene Fall einer Kölner Frau fand nicht bei AstroTV statt“. Das ist für das Unternehmen durchaus wichtig.



Denn so kann die zuständige Landesmedienanstalt nicht auf den Plan gerufen werden. Am vergangenen Mittwoch kam es dann zu einem Krisengespräch zwischen den Medienwächtern und dem Kanal. Den Landesmedienanstalten geht es nun darum, "Mechanismen zu finden, die verhindern, dass psychisch labile Menschen sich und ihre Familien in den Ruin treiben", so die "FAZ". Weil das nichts Gutes für Sender wie AstroTV heißen kann, weist man die Vorwürfe weiter ab. „Die Kundin nutzte unter anderem die Internetplattform questico.de“, so Sprecherin Martina Wagner. Dieser Fall sei der erste seit Bestehen des Unternehmens – also seit sieben Jahren - auf den Questico in dieser Form angesprochen wurde.

Und der Fall mache die Verantwortlichen sehr betroffen. Laut "FAZ" erklärte Questico den Eltern der 38-Jährigen, dass sie rund 1.200 Euro zurückbekommen können. Auf die Anfrage, ob man der nun Verschuldeten noch mehr Geld erlassen wolle, antwortete die Sprecherin des Unternehmens nicht. Vielmehr verwies sie auf bereits bestehende Kontrollmechanismen: „Deshalb arbeiten wir seit jeher mit festen Standards und Kontrollmechanismen, um die Kundenzufriedenheit sicherzustellen. Wir haben rund eine Millionen Kunden, die in Form von direkten Reaktionen und dem nach jedem Beratungsgespräch abzugebenden Feedback zeigen, dass sie mit unserer Leistung sehr zufrieden sind“, Wagner.

Ob weitere Gespräche mit der Landesmedienanstalt folgen, ist bislang noch unklar. In Berlin zeigt man sich in diesem Punkt aber gelassen: „Questico hat das Gespräch mit den Landesmedienanstalten schon vor geraumer Zeit gesucht, um die Standards für Beratungs-TV zu definieren. Sollten diese Gespräche zu konstruktiven Ergebnissen führen, sind wir gern zu weiteren Stellungnahmen bereit“, heißt es vom Konzern.

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