Die Kritiker

«Lulu, der Herr Professor und die Sängerin»

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Inhalt
Lulu ist immer noch sehr streng. Schließlich war sie einmal Lehrerin. Auch mit 85 Jahren weiß sie stets alles besser und weist andere gern zurecht. Vor allem die ehemalige Opernsängerin, die mit 92 noch Arien schmettert und leider nicht mehr alle Töne trifft.

Insgesamt sind sie zu zwölft. Sie teilen sich Küche, Bad und vor allem: die Pfleger. Denn Lulu, der Herr Professor und die Sängerin leiden - ebenso wie ihre Mitbewohner - an Demenz. Dennoch leben sie ihr Leben im hohem Maße selbstbestimmt, denn in ihrer Wohngemeinschaft kann jeder seinen eigenen gewohnten Rhythmus beibehalten.

In Obersteinbach bei Nürnberg haben Pfleger diese Wohngemeinschaft für Demenzkranke eingerichtet. Die Senioren leben hier zusammen, versuchen ihr Leben in größtmöglicher Selbstständigkeit zu meistern. Möglich ist das, weil die Bewohner - wie in einem Pflegeheim - rund um die Uhr betreut werden. Demenzkranke können ihren Alltag nicht mehr alleine meistern. Was mit scheinbarer Schusseligkeit und Sprachschwierigkeiten beginnt, bedeutet am Ende Verlust der Denk- und Urteilsfähigkeit bis hin zur völligen Verwirrtheit.

Kritik
Aufgrund der Alterentwicklung der Gesellschaft wird das Krankheitsbild der Demenz in zunehmendem Maße an Bedeutung gewinnen. Heute gibt es schon rund 1,2 Millionen Demenzerkrankte in Deutschland, eine Zahl, die sich in den kommenden Jahren weit mehr als verdoppeln wird. Daher ist es unabdingbar, sich über die Folgen und Ursachen und den Umgang mit diesem Krankheitsbild vertraut zu machen.

Der Autorin Rita Stingl ist es mit diesem Film gelungen, einen bewegenden Einblick in das Leben einer Demenz-Wohngemeinschaft zu werfen. Möglichkeiten des Zusammenlebens werden aufgezeigt. Gleichzeitig werden aber auch die verschiedensten Formen und Verläufe der Krankheit anhand der verschiedenen Bewohner geschildert.
Neben dem Schicksal der erkrankten Menschen sind es aber vor allem die Angehörigen, die an dem Fortschreiten der Krankheit leiden. Lieb gewonnene Personen agieren plötzlich völlig fremd, erkennen die nächsten Verwandten plötzlich nicht mehr.

Ziel des Films ist es im ersten Schritt, eine Sensibilisierung gegenüber der oft verleugneten Krankheit voranzutreiben und Informationen über Anzeichen und Formen der Persönlichkeitsveränderung zu geben.

Aufgrund der Kürze der Filmdokumentation können die Inhalte nur kurz abgehandelt werden. Tiefere Einblicke in die Welt der Betroffenen wären wünschenswert gewesen. Stattdessen hätten die Filmemacher auf so manche Einblendung der Pflegeheim-Nachbarn verzichten können.

Kurzum, ein emotionaler, bewegender Film. Mit Sicherheit keine leichte Kost, aber in der heutigen Zeit umso wichtiger, um die Öffentlichkeit über die Folgen des Älterwerdens aufzuklären.

Das ZDF zeigt die Dokumentation «Lulu, der Herr Professor und die Sängerin - Die WG der Demenzkranken» am Mittwoch, den 22. November 2006, um 23:50 Uhr.

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Kurz-URL: qmde.de/17509
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