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Will man wieder Sascha Hehn im Fernsehen in der Ferne sehen?

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Nach seinem Rücktritt als «Traumschiff»-Kapitän ist der Schauspieler dem ZDF ferngeblieben - dabei liegt ein Comeback so nahe. Überlegungen von Mario Thunert.

Als das «Traumschiff» vor ein paar Wochen gegen gleich zwei Fußball-Übertragungen in See stach, mögen sich wohl einige die Augen gerieben haben: Denn nicht nur holte ein alter 2018er-Trip nach Hawaii trotz scheinbarer Sport-Übermacht den Gesamtsieg, sondern mit knapp vier Millionen auch nur unwesentlich weniger Zusehende als die letzte neue Folge an Bord. Neben einem passgenauen Kontrast, könnte es dafür einen weiteren bestimmten Grund geben – und der heißt Sascha Hehn.

Ab 2014 war es der arrivierte ZDF-Schauspieler (u.a. auch «Schwarzwaldklinik»), der der (melo-)dramatischen Sendereihe mit Fernweh-Touch als Kreuzfahrt-Kapitän seinen Stempel aufdrückte. Über die Jahre wurde besagter Victor Burger für den Mimen zu einer neuen Paraderolle, die er trotz großen Zuspruchs 2018 wieder an den Nagel hing – zum Bedauern Vieler. In seiner Ära gelang dem Format ganze sechs Mal der Sprung über sechs Millionen, zweimal über sieben Millionen und zum Einstand sogar über acht Millionen Einschaltende.

Zwar schaffte es sein Nachfolger Florian Silbereisen zunächst, das Niveau hoch zu halten, doch seit einigen Jahren ist ein Abwärtsstrudel zu erkennen, von dem Quotenmeter kürzlich bereits sprach: Erst ging es in eine Zone um 5,5 Millionen, inzwischen hat man sich auf etwa 4,5 Millionen Verfolgende eingependelt. Seit Anfang 2022 konnte keine Folge mehr die sechs Millionen erreichen. Das daraus resultierende Bild – Publikumsrückgang nach Hehn, hohe Einschaltimpulse bei Hehn-Wiederholung – offenbart eine Energie, ein Potenzial, das in der damaligen Konstellation steckt(e).

Eine These, die man daraus ableiten könnte: Reisen/Fremde Orte/(Melo-)Drama/Sascha Hehn als Guide, das scheint ein Perfect Match zu sein. Umso ärgerlicher, dass man jene Kombination beim ZDF (noch) nicht wieder gehoben hat, um darum eine neue Reihe mit neuen Kontexten für Hehn bauen. Würde dieses Match in Mainz nämlich erkannt, wäre ein logischer Schritt, alles dafür zu tun, die Elemente zu verbinden, die ein für ein Hehn stimmiges Gebilde ergeben.

Denn gegangen ist er ja eben nicht, weil die Menschen ihn in seiner Rolle nicht mehr sehen wollten, sondern weil für ihn der Rahmen mit zu belanglosen Drehbüchern und zu dilettantischen Darstellern nicht mehr standesgemäß genug war. Warum nicht also an einem neuen Setting arbeiten, welches man auf Hehn zuschneidert, um mit dem beliebten Sendergesicht wieder übereinzukommen?

Der Ansatz einer neuen Event-Reihe mit zwei Geschichten im Jahr kann folglich der sein, grundsätzlich eine Anlehnung an Hehns vormaligen Käpt'n zu setzen, die die veränderte Figur wieder in die Postion eines Guides bringt, der die Zuschauenden durch ferne Umgebungen mitnimmt und leitet. Die theoretische Überlegung, die dahinter steckt, ist die von Hehns Rolle als aufmerksamkeitskonzentrierenden Erzähler in idealisierter Überhöhung. In diesem Sinne fungiert die von ihm verkörperte Figur zugleich als (auch visueller) Türöffner in eine exotisierte Umgebung, in die die Verfolger*innen durch intensive Präsenz von ihm mitgenommen werden.

Möchte man ein Erfolgsgeheimnis von Hehns Spiel unterstellen, so lässt sich behaupten, dass er es (trotz) theatralisierter Stilistik geschafft hat, eine authentische Zuschauerbindung hervorzubringen. Faktoren hierbei sind sicherlich seine im Gegensatz zu Silbereisen professionelle Fähigkeit, schauspielerische und körperliche Präsenz zu erzeugen, seine durchdringende voluminöse tiefe Stimme sowie wie eine Überzeugung für die emotionale Bedeutung der Handlung nach außen zu tragen. Auch das punktuelle Signalisieren einer selbstironischen Ebene einer Figur stellt zumindest ein gewisses innerliches Verständnis der Situation aus, welches der leiernden Performance des aufsagenden Schlagersängers abgeht.

Was könnte also drehbuchmäßig getan werden, um der Wirkung des ehemaligen «Traumschiff»-Stars einen fruchtbaren Boden zu bereiten? Ein Ansatz wäre, Hehns Rolle zu einer Art Privatdetektiv zu machen, der alte ungeklärte Vermisstenfälle bearbeitet. Ungeklärt wären diese auch deshalb, weil sie deutsche Staatsangehörige an entlegenen ausländischen Orten betreffen (bspw. Touristen, die bei im Urlaub verschwunden sind). Nun muss sich Hehn durch teils unwegsames Gelände (Dschungel, Moorgebiet, Wüste, Steinküsten etc.) manövrieren, um zum vermeintlich letzten Aufenthaltsort zu gelangen. Hier wäre dann der (aufwändige) Weg das Ziel.

Eine modifizierte weniger (True)-Crime-Procedural anmutende Variante würde Hehns Figur mehr zu einer männlichen Julia Leischik ausstaffieren, die im Auftrag von Klienten ins Ausland reist, um dort Angehörige ausfindig zu machen, zu denen seit Jahrzehnten kein Kontakt bestand. Hier würde sich Hehn weniger MacGyver-mäßig durch raues Gelände winden, sondern sich von Begleitern chauffieren lassen, oder Mietwagen nehmen. Vor Ort würde der Recherche-Prozess in idyllischem Setting abgebildet.

Ein letzte konzeptuelle Möglichkeit, die an dieser Stelle ins Spiel gebracht werden soll, ist die, Hehns potenzielle Rolle zu einem Locationscout zu machen. Hierbei wäre es dann nicht gefragt, Menschen oder Leichen zu finden, beziehungsweise einen Sachverhalt aufzuklären, sondern möglichst spektakuläre und außergewöhnliche Standorte für beispielsweise ein Restaurant, Konzert, Fotoshooting, Filmdreh oder Bau von einem Penthouse aufzuspüren. In diesem Kontext bestünde zudem die Option, eine Kontrahenten-Konstellation zu konstruieren, in der Hehns Figur in Konkurrenz zu einem anderen Scout steht und das Ganze zu einem Wetteifern darum wird, wer als erstes an bestimmten spektakulären Ort ankommt, beziehungsweise diese findet.

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