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Filme des Grauens: «Meet the Blacks»

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Die Parodie auf «The Purge» hat es geschafft, ganz ohne Pointe zu arbeiten.

«Meet the Blacks» (2016) will eine bissige Parodie auf «The Purge» sein, landet aber überwiegend bei Lärm, Chaos und Gags aus der Mottenkiste. Regisseur und Co-Autor Deon Taylor (mit Nicole DeMasi) erzählt von Kleinganove Carl Black (Mike Epps), der mit Familie und geklautem Drogengeld aus Chicago nach Beverly Hills flieht – just zur jährlichen „Purge“-Nacht, in der zwölf Stunden lang alles erlaubt ist. Was als satirischer Blick auf Klassenflucht und Rassismus taugen könnte, wird zu einer Aneinanderreihung skizzenhafter Szenen, Impro-Geblödel und Cameos, die selten mehr liefern als den „Hey, den kenn ich!“-Moment: George Lopez als President El Bama, Mike Tyson als Clown, Charlie Murphy als Gangster Key Flo, Paul Mooney im Ku-Klux-Klan-Kostüm, King Bach, Lil Duval, Michael Blackson und so weiter.

Warum der Film so schrecklich ist? Erstens: Er verwechselt Tempo mit Timing. Viele Szenen wirken, als seien sie direkt aus dem Set ins Kino gestolpert – ohne Rhythmus, ohne Aufbau, ohne Punchline. Zweitens: Die Parodie bleibt Behauptung. «The Purge» böte reichlich Angriffsfläche – autoritäre Fantasien, vigilante Moral, Klassenhass. «Meet the Blacks» nutzt das Setting primär als Vorwand für Flucht-und-Schrei-Sequenzen und pubertäre Späße. Drittens: Der Humor ist inkonsequent. Zwischen derben One-Linern, Slapstick und Social-Media-Memes findet der Film keinen Ton. Die Kritik fasste es harsch zusammen: „nahezu unanschaubar“ („Common Sense Media“), „falsch gedacht, inkompetent und fast gänzlich witzfrei“ („The Hollywood Reporter“), „kriminell schlecht“ („Substream“). Rotten Tomatoes: 17 Prozent, Metacritic: 26/100 – Werte, die die Bauchschmerzen der Rezensenten ziemlich genau spiegeln.

Und doch: Mit rund 9,1 Mio. Dollar an den Kinokassen bei einem Mini-Budget von 900.000 Dollar war das Projekt wirtschaftlich erfolgreich. Die Rechnung: billige Produktion + prominente Gesichter + zugkräftige Vorlage = Gewinn. Taylor verstand das Geschäftsmodell und legte 2021 mit «The House Next Door: Meet the Blacks 2» nach. Inhaltlich half es dem Ruf des Originals kaum: Schon 2016 attestierten viele, die „Satire“ beschränke sich auf das möglichst häufige Sagen des Wortes „Purge“, während die eigentliche Idee – ein schwarzer Mittelklasse-Aufsteiger flüchtet in ein weißes Villenviertel und erlebt dort den Ausnahmezustand – nur angerissen wird. Eine verpasste Chance.

Was machen die Beteiligten heute? Deon Taylor baute seine Produktionsfirma Hidden Empire Film Group weiter aus und veröffentlichte fortlaufend Genreware (vom Heist- bis zum Thrillerkino), oft mit prominenten Besetzungen und Streaming-Fokus. Mike Epps blieb omnipräsent – Stand-up, Serien, Komödien-Features; als Instinktkomiker rettet er auch in «Meet the Blacks» einzelne Momente, kann aber das löchrige Script nicht stopfen. Bresha Webb (Tochter Allie) stach schon 2016 heraus; sie festigte seither ihre TV- und Filmkarriere mit Comedy- und Dramedy-Rollen. Zulay Henao pendelte zwischen Serien und TV-Filmen. Gary Owen, Lil Duval, King Bach und Michael Blackson blieben im Kern das, was sie beim Dreh bereits waren: umtriebige Comedians und Social-Media-Performer. Bittere Fußnote: Für Charlie Murphy war es die letzte Kinorolle vor seinem Tod 2017; Paul Mooney starb 2021 – beide Comedy-Ikonen, deren Vermächtnis mit diesem Film leider keinen Glanzmoment erhielt. RZA lieferte den Score – solide Handwerksarbeit, die aber bei dem inszenatorischen Durcheinander wenig ausrichten konnte.

Warum funktionierte das beim Publikum trotzdem? Zum einen bedient der Film die Reiz-Reaktions-Mechanik der Purge-Idee – Home-Invasion, Masken, Chaos – die auch ohne feine Satire funktioniert. Zum anderen lebt «Meet the Blacks» vom Cameo-Karussell und der Energie eines Mike Epps, der mit Impro-Schlagzahl gelegentlich Treffer landet. Schließlich hilft das Veröffentlichungsdatum (1. April) und die Positionierung als „freche Spoof-Komödie“ – Erwartungen werden niedrig gehalten, der Trailer liefert genug „Lautstärke“, um neugierig zu machen. Auf Hulu tauchte der Titel 2021 zudem in den meistgestreamten Filmen auf – ein Zeichen dafür, dass sich leicht konsumierbare Genre-Parodien im Streaming-Longtail gut schlagen, auch wenn sie künstlerisch leer laufen.

Fazit: «Meet the Blacks» ist weniger Film als lose Sketch-Parade – ein Paradebeispiel für „Filme des Grauens“-Reihe. Die Zutaten für eine intelligente, schwarzhumorige Klassenparodie sind vorhanden, doch das Drehbuch verweigert Struktur, und die Regie verwechselt Bewegung mit Witz. Bleibt ein ökonomischer Erfolg, der künstlerisch leer ausgeht – und ein Mahnmal dafür, dass Parodie mehr braucht als Zitate, Cameos und Geschrei.

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