Die Kino-Kritiker

«3 Engel für Charlie»: Ein charmanter, aber unausgegorener US-Flop, der mehr verdient hätte

von   |  2 Kommentare

Die Actionkomödie «3 Engel für Charlie» überzeugt vor allem mit ihren gut aufgelegten Hauptdarstellerinnen.

Filmfacts «3 Engel für Charlie»

  • Regie und Drehbuch: Elizabeth Banks
  • Produktion: Doug Belgrad, Elizabeth Cantillon, Max Handelman, Elizabeth Banks
  • Stoy: Evan Spiliotopoulos, David Auburn
  • Cast: Kristen Stewart, Naomi Scott, Ella Balinska, Elizabeth Banks, Djimon Hounsou, Sam Claflin, Noah Centineo, Nat Faxon, Patrick Stewart
  • Musik: Brian Tyler
  • Kamera: Bill Pope
  • Schnitt: Alan Baumgarten
  • Laufzeit: 119 Minuten
  • FSK: ab 12 Jahren
"Eine neue Welt braucht neue Engel", heißt es auf dem Plakat zu Elizabeth Banks' zweiter Regiearbeit «3 Engel für Charlie». Der Kinofilm führt McGs zwei «Engel»-Actioner mit Lucy Liu, Drew Barrymore und Cameron Diaz fort sowie die legendäre 1970er-Jahre-Fernsehserie, erfindet das hinter ihnen stehende Konzept allerdings auch wirklich neu: In einem Zeitalter, in dem global bis intergalaktisch agierende Superhelden-Teams zum Kinoalltag geworden sind, will die Regisseurin es nicht auf ein Agentinnen-Trio beruhen lassen. Geschweige denn auf Privatdetektivinnen. Banks' «3 Engel für Charlie» spielt einige Zeit nach den McG-Filmen und führt uns in eine Welt, in der die Engel zu einem internationalen Elite-Geheimdienst mit zahlreichen Bosleys (Mittelspersonen zwischen Agenturchef Charlie und den Engeln) und noch viel mehr aktiven Kämpferinnen herangewachsen sind.

Dennoch bleibt der deutsche Serien- und Filmtitel akkurat und die Original-Grundidee in Gebrauch: Banks' «3 Engel für Charlie» fokussiert sich auf drei Heldinnen, die eine gemeinsame Mission durchmachen. Die patzige, störrische, aber auch quirlige Sabina Wilson (Kristen Stewart) und die frühere MI-6-Agentin Jane Kano (Ella Balinska) haben den Auftrag, sich um Elena Houghlin (Naomi Scott aus Guy Ritchies «Aladdin») zu kümmern. Die Erfinderin und Programmiererin steckte der hinter den Engeln stehenden Townsend Agency, dass ihr Vorgesetzter jegliche Warnungen ignoriert und ein noch nicht vollständig erprobtes Produkt auf den Markt werfen will, obwohl es sich als Massenvernichtungswaffe missbrauchen ließe.

Elena wird aufgrund turbulenter Ereignisse von der Informantin zum Neu-Engel, während Jane, Sabina und die emsige Bosley Rebekah (Elizabeth Banks) vom Rest der Agentur losgelöst hoffen, dahinter zu steigen, weshalb diese Mission so viel kniffliger ist als sie es aller Erfahrung nach hätte sein sollen …


Banks passt so das «3 Engel für Charlie»-Prinzip dem heutigen Stand der Popcorn-Actionkino-Dinge an, und findet trotzdem einen Weg, der Essenz treu zu bleiben. Darüber hinaus nutzt sie die Grundidee eines massiv expandierten Agentinnen-Geheimdienstes, um (auf Popcorn-Level) raffiniert die Frauenpower-Flagge zu schwenken: In Banks' «3 Engel für Charlie» sind die drei titelgebenden Engel keine Ausnahmeheldinnen sondern drei (im Fokus stehende, da besonders unterhaltsame) Vertreter eines massig vertretenen Schlags Frau.

Dieser feministische Blickwinkel auf das «3 Engel für Charlie»-Konzept zeigt sich zudem in kleinen Beobachtungen, die so niemals in den McG-Filmen denkbar gewesen wären, in denen die Engel doch sehr oft auch als Lustfantasien herhalten sollten. So zeigt Banks in der Einführung Elenas sehr reale, sehr nervige Alltagsgewohnheiten, die viele männliche Vorgesetzte und Kollegen im Umgang mit Frauen haben. Somit bereitet die Autorin, Produzentin, Regisseurin und Nebendarstellerin Elenas Gang zu den Engeln vor und vergrößert das Identifikationspotential. Außerdem verzichtet Banks' auf den aus dem Nichts entstehenden "Zickenkrieg", den viele Autoren ihren Heldinnen andichten, und sie kreiert im späteren Verlauf des Films einige clevere Frauen-Teamwork-Situationen.



In solchen Charaktermomenten funktioniert «3 Engel für Charlie» gut, ebenso wie in den komödiantischen Passagen. Balinska, Scott und Stewart haben eine erfrischende Chemie miteinander und die Dialoge sind meistens fesch sowie mit einer gesunden Prise Selbstironie. Nur gelegentlich lässt Banks übermäßig viel improvisiert wirkendes Material im Film, so dass pointiert verlaufende Szenen letztlich doch nur ausplätschern. Angesichts der charismatischen, außerhalb des üblichen Schemas entworfenen Figurenkonstellation der Engel lässt sich das aber verzeihen – und das sogar trotz Janes sprunghafter Charakterisierung.

Bedauerlicher ist da das unstete Niveau der Actionpassagen. Während Banks ein sehr fähiges Händchen darin beweist, Tricks, Diebstähle und sonstige gewiefte Aktionen zu entwerfen, sind Szenen, in denen es scheppert, knallt und kracht etwas hölzern gefilmt und geschnitten. Banks, Cutter Alan Baumgarten («Molly's Game») und Kameramann Bill Pope («Alita: Battle Angel») lassen wenigstens stets ein Gespür für das Wer-wo-und-wie in den Actionszenen aufkommen, dennoch mangelt es ihnen öfters an Verve und Tempo. Auch die Tonabmischung ist in sehr turbulenten Situationen etwas matschig geraten – Komponist Brian Tyler («Ready or Not») kreiert dessen ungeachtet einen munteren, zügigen Score, der das Geschehen stimmungsvoll untermalt.

«3 Engel für Charlie» ist ab sofort in vielen deutschen Kinos zu sehen.

Kurz-URL: qmde.de/114732
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Es gibt 2 Kommentare zum Artikel
Sentinel2003
02.01.2020 03:07 Uhr 1
Elizabeth Banks muss wohl fast im gesamten Internet Schelte ohne Ende bekommen haben für ihren Film...auch mit dem Hintergrund der #meetoo Bewegung und, dass eben starke Frauen in ihrenm Film mitspielen....über Twitter hat Sie ihrem Ärger dann freien Lauf gelassen....
Kingsdale
02.01.2020 10:24 Uhr 2
Tja, hätte man am Konzept etwas mehr gearbeitet, einen eher ernsthaften Film gemacht und nicht nur ein dünnes Remake der Kinofilme, wäre es besser gelaufen. Schon die ersten Kinofilme rund um Cameron Diaz konnte man nicht wirklich ernst nehmen. Viel zu Überdreht, zu lächerliche Effekte, von der Handlung mal ganz abgesehen. OK, spaßig wren sie schon, aber einfach zu viel des Guten. Nun dieses unnötige Remake das mehr Komödie sein will und daher völlig misslungen ist. Es ist zwar nicht alles so Überdreht wie bei den alten Verfilmungen, aber wenn man hier einen ernsthaften Action-Freuenpower-Agentenfilm gemacht hätte, wäre er erfolgreicher gewesen. In den letzten Jahren haben viele Frauen im Kino gezeigt, das sie manchen Männern in nichts nachstehen und da gings zum Teil richtig heftig zur Sache. Diese Schiene hätte man hier fahren sollen. Doch somit war ein Flop vorprogrammiert.
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