Hingeschaut

«Der Traumjob»: Herzlich Willkommen zur Jochen Schweizer-Show

von   |  2 Kommentare

ProSieben reiht sich wieder in die Riege der Job-Shows ein. Quotenmeter.de hat die Premiere gesehen.

Nach seinem Ausstieg bei der «Höhle der Löwen» im Jahr 2016 meldet sich Jochen Schweizer mit seiner neuen Show bei ProSieben zurück – und das ist durchaus beachtlich. Nach drei überaus erfolgreichen Jahren bei VOX kehrte er dem Sender den Rücken und hat nach drei Jahren TV-Pause nun bei ProSieben angeheuert. Nicht nur als Juror, sondern direkt mit einer eigenen Show, in der er einen Traumjob verspricht. Das gab es bei ProSieben schon mal.

2004 wurden mit großen Glocken «Hire Or Fire» mit dem großen TV-Macher Jon de Mol beworben – herausgekommen sind 950.000 Zuschauer, katastrophale 2,2 Prozent Marktanteil und die sofortige Absetzung der Show. Um einzuordnen, in welchen Hemisphären man sich gut zweieinhalb Jahre nach der Euro-Einführung bewegte: «Wer wird Millionär» erreichte am selben Abend 8,45 Millionen Zuschauer. Es ist lange her. Heute ist das undenkbar und knapp eine Million Zuschauer wären für ProSieben bei entsprechender Länge und passendem Marktanteil ein Erfolg. Nach Jon de Mol kommt nun Jochen Schweizer – und soll es nach 15 Jahren besser machen. Die Messlatte liegt im direkten Vergleich also im Limbo-Bereich.

Jetzt startet also «Der Traumjob». Mit pompösem Intro, vielen Helikoptern und Jeeps wird die Sendung eröffnet. Nach einer kurzen Information über die zwei weiteren Juroren, die man übrigens während der weiteren Sendung kaum zu Gesicht bekommt, erwartet man nun den Start der eigentlichen Show, denn es geht ja schließlich um den Job eines Geschäftsführers in der Jochen Schweizer-Gruppe. Allerdings hat man sich hier für Canapés statt Hauptmahlzeit entschieden. Die Vorstellung der Kandidaten wird mit Bildern der ersten Challenge gemixt – was leider überhaupt nicht interessant ist. Man weiß ja gar nicht, mit welchen Kandidaten man es überhaupt zu tun hat. Wenn man elf Unbekannte zu Beginn einer Fernsehshow aus einem Heli springen sehen will, hat man bisher jedes Jahr die Premiere des Dschungelcamps geguckt.

Jochen Schweizer kommentiert nach der Landung seiner Ocean’s Eleven mit bedeutungsschwangeren Worten wie „Das ist das längste Bewerbungsgespräch der Welt“. Natürlich kommt er nicht umhin zu betonen, dass jeder, auch seine Putzfrau, Bungee jumpen musste. Das kann motivierend wirken. Muss aber nicht. Weiter geht es mit den Einspielern der Kandidaten und man kommt nicht drum herum, einen Vergleich zu «Schlag den Raab» zu ziehen. Karriere, Sport, Familie und dann ein Motivationsspruch. Fehlt nur noch „Ich schlag‘ den Schweizer!“ und das Remake wäre perfekt.

Nach zwanzig Minuten hat man immer noch nicht angefangen, ein ernsthaftes Job-Casting über den Äther zu bringen. Nach dem Einzug in eine Münchener Villa, das unweigerlich an «Popstars» und «Germany’s Next Topmodel» erinnert, geht es zum nächsten Stopp des „längsten Bewerbungsgesprächs der Welt“, zum Kajak fahren. Wer schon immer mal Geschäftsführer werden wollte, muss schließlich auch Kajak fahren können. So wie Afrodite, 34, Juristin und Nichtschwimmerin. Letzteres hat niemanden davon abgehalten, die Dame ins Olympiabecken zu bugsieren. Strittig, ob Kajakfahren wirklich zur Vita eines Geschäftsführers im Event-Bereich gehören muss. Genauso wie Fallschirmspringen. Nicht, dass man denkt, hier mache man Werbung für die Erlebniswelt des Chefjurors, die übrigens zu großen Teilen in Besitz der ProSiebenSat.1-Gruppe liegt.

Nun kann man sagen, dass das alles zur grundlegenden Psyche eines Geschäftsführers beiträgt und die emotionale Festigkeit testet. Das mag stimmen, macht aber zu Beginn der Show, in der es um einen Job geht, einen eher desolaten Eindruck. Dann geht es aber endlich mal ans Eingemachte: Die potenziellen Geschäftsführer stellen sich ihren möglichen neuen Mitarbeitern vor. Die Zeit drängt, denn jeder der elf Kandidaten hat nur eine begrenzte Zeit in Sachen Einführung. Da steht man dann schon mal im Hawaii-T-Shirt und kurzer Hose vor versammelter Mannschaft. Und weil wir hier ja bei der Jochen Schweizer-Show sind, geht es bei der Suche nach einem kommenden Geschäftsführer in den Windkanal. Und danach zum Surfen. Wer kennt diese Art von Bewerbungsgespräch nicht? Herzlich Willkommen zur Jochen Schweizer-Show.

Zur Verkündung in der Mitte der ersten Folge, wer im nächsten Teil der Show in Afrika dabei sein wird, spricht Schweizer die Kandidaten persönlich und detailliert an – was an und für sich fraglos gut ist. Allerdings wirkt dies ziemlich unpassend, wenn man als Zuschauer die Kandidaten kaum kennt. Bis dahin wurden nämlich noch nicht alle Kandidaten ausführlich vorgestellt. Die Spannungskurve bleibt daher eine Gerade. Umso unwichtiger ist es, wer dann schlussendlich nicht mitfliegen darf. Wenn dabei laut Bauchbinde die „Strandtesterin“ 'rausfliegt, ist der Verlust eher im Promillebereich.

Es wird nach Kenia gereist und nun müssen die Kandidaten Rinder vier Kilometer ins Nachbardorf treiben. Man könnte sagen, dass das eine Art Teamprojekt ist. Man könnte nach dem bisherigen Verlauf der Sendung aber auch sagen, dass sie ihrem Titel nicht gerecht wird. In der Masse sind die Challenges bei einer Show, in der es um den Job eines Geschäftsführers geht, einfach überladen unpassend. Natürlich ist die Jochen Schweizer-Gruppe darauf ausgerichtet, mit solchen Events Geld zu verdienen, keine Frage. Dass die Kandidaten die Events allerdings allesamt konsequenzlos erleben statt selbst zu organisieren, erschließt sich hingegen nicht.

Der Zuschauer erwartet eine Show, in der es um einen Job geht – nicht darum, wer besser Kajak fährt, im Windkanal am besten liegt oder am besten Rinder in Kenia treibt. Schöne Bilder? Ja. Führungspotenzial, Finanzen, Management, Einkauf, Marketing? Fehlanzeige. Was bei der «Höhle der Löwen» Minimum war, ist mehr als nur Nebensache und hier nicht vorhanden. Geschäftssinn, bisheriger beruflicher Erfolg, Ideen – das alles ist egal. Hauptsache, die Nichtschwimmerin kann Kajak fahren. ProSieben wird hoffen, dass die Quoten nicht genauso kentern wie die Kandidatin. Nach dieser Premiere sollte man sich in Unterföhring sicherheitshalber aber Schwimmflügel zulegen.

ProSieben zeigt sechs Folgen von «Der Traumjob – Bei Jochen Schweizer» ab 9. Juli 2019 immer dienstags ab 20.15 Uhr.

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Es gibt 2 Kommentare zum Artikel
dirkberlin
10.07.2019 09:02 Uhr 1
Die Sendung war echt unerträglich. Nach 5 Minuten weggeschaltet. dauerwerbesendung und dann auch noch aus der Zeit gefallen. Alle reden über Klima und Pro 7 hat nichts besseres zu tun für ne Blöde Fernsehshow die Leute mit mehreren Helis durch die Gegend zu fliegen und nachher nach Afrika zu verfrachten...was soll das?
CaptainCharisma
10.07.2019 09:22 Uhr 2
Was ich in den wenigen Minuten sehen konnte, erinnert an alle anderen Shows bei Pro Sieben. Wirkt komplett durchgescriptet und inszeniert.

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