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«Tote Mädchen lügen nicht» zum zweiten Mal: Polaroid-Fotos statt Audiokassetten

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Die zweite Staffel des Netflix-Hits «Tote Mädchen lügen nicht» knüpft an die erste an: Auch ohne Romanvorlage funktioniert die Serie hervorragend, sie spricht weiterhin ernste Probleme an und ist weiterhin schwere Kost.

Cast und Crew «Tote Mädchen lügen nicht» Staffel 2

  • Script: Brian Yorkey
  • Darsteller: Dylan Minnette, Katherine Langford, Brandon Flynn, Christian Navarro, Alisha Boe u.a.
  • Ausf. Produzenten: Tom McCarthy, Selena Gomez, Joy Gorman, Michael Sugar, Steve Golin u.a.
  • Produktion: Anonymous Content, Paramount TV für Netflix
  • Episoden: 13 in S2 (je ca. 55 Min.)
Die einen halten sie für gefährlich, die anderen für wichtig: Mit «Tote Mädchen lügen nicht» (im Original: «13 Reasons Why») hat Netflix zweifelsohne ein Teenie-Drama geschaffen, das für Polarisation sorgt. Die explizite Darstellung von Selbstmord und sexueller Gewalt veranlasste zahlreiche Kritiker, Psychologen und Experten dazu, die Serie als gefährlich einstufen. Nicht ohne Grund schaltet Netflix nun sowohl bei Staffelbeginn als auch beim Abspann jeder einzelnen Folge entsprechende Warnhinweise für seine Zuschauer. Studien in den USA haben nämlich bereits gezeigt: Nach Veröffentlichung der ersten Staffel im März 2017 sind die Online-Suchanfragen zum Thema Suizid gestiegen, um rund 19 Prozent bei Google. Der Werther-Effekt lässt grüßen.

«Tote Mädchen lügen nicht» spricht eine Vielzahl von ernstzunehmenden Problemen an, mit denen junge Menschen im schlimmsten Fall tatsächlich zu kämpfen haben. Man kann sicher behaupten, dass dies selten so schonungslos offen und mitreißend passierte. Die Macher selbst betonen, es ginge ihnen darum, ein Bewusstsein hierfür zu schaffen. Getreu dem Motto: Redet man nicht darüber, wird sich nie etwas ändern. Und so verwundert es nicht, dass auch die seit Freitag verfügbare zweite Staffel von «Tote Mädchen lügen nicht» genau daran anknüpft und erneut mehr als einen Finger in die Wunde legt.

Ab hier Spoiler zur ersten Staffel und zu den ersten fünf Folgen der zweiten Staffel!

«Tote Mädchen lügen nicht» ohne Romanvorlage: Polaroid-Fotos ersetzen die Audiokassetten


Das Besondere an der zweiten Staffel von «Tote Mädchen lügen nicht»: Erstmals müssen die Autoren um Brian Yorkey auf eigene Drehbücher zurückgreifen. Die Buchvorlage von Jay Asher wurde in der ersten Runde vollständig ausgeschöpft. Aufgrund des weltweit großen Erfolgs hielt Netflix das jedoch nicht davon ab, eine Fortsetzung zu bestellen. Statt Audiokassetten, auf denen Hannah Baker 13 Gründe für ihren Suizid nennt, gibt es nun also Polaroid-Fotos, die neue Geschichten erzählen – Geschichten, die nun nicht mehr ausschließlich aus Hannahs Sicht erzählt werden, sondern aus der Sicht ihrer ehemaligen Freunde und Schulkameraden. Damit bekommt der Zuschauer einen detaillierteren Einblick in das Geschehen vor Hannahs Selbsttötung, neue Blickwinkel tun sich auf und natürlich kommen auch neue Geheimnisse hinzu – auch auf die Gefahr hin, dass all das mit der Zeit ein wenig überladen wirken könnte. Die Flashbacks bleiben demnach, ebenso wie Clays obligatorische Verletzungen im Gesicht. (Wieder schleudert er unabsichtlich vom Fahrrad. Später bekommt er dann aber immerhin ein Auto geschenkt. So viel Spoiler muss erlaubt sein.)

Die Bilder erzählen nicht die ganze Geschichte


Fünf Monate sind seit dem Selbstmord von Hannah vergangen und Clay leidet noch immer unter dem Verlust seiner Liebe, auf seine neue Partnerin Skye kann er sich deswegen nicht gänzlich einlassen. Schließlich bildet er sich nicht nur ein, Hannah zu sehen – nein, er spricht sogar mit ihr. Nicht loslassen kann auch Hannahs Mutter Olivia Baker, die voller Tatendrang beweisen will, dass die Liberty Highschool und deren fahrlässiger Umgang mit ihren Schülern Schuld an Hannahs Tod ist. Vor Gericht müssen daher immer wieder Schüler aussagen, die mal mehr und mal weniger die Wahrheit über ihre Begegnungen mit Hannah sagen – naja, oder zumindest das, was wir Zuschauer für die Wahrheit halten und was nicht. Jede Geschichte hat eben mehrere Seiten und einmal mehr muss man sich in der Tat fragen: Lügen tote Mädchen nicht doch? Oder lassen zumindest einige Details aus? Bilder, die beispielsweise vor Gericht vorgelegt werden, können nicht nur eine neue Geschichte erzählen. Sie können eine Geschichte genauso gut verfälschen.

Auch Clay will natürlich, dass das Gerichtsurteil zugunsten von Hannah ausfällt und dass die richtigen Leute ihre gerechte Strafe bekommen. Er sieht sich weiterhin in der Pflicht, etwas tun zu müssen. Auch wenn er immer mehr über Hannah erfährt, das er vorher nicht wusste – ebenso wenig wie Hannahs Eltern und wir Zuschauer. Denn längst nicht alles hat Hannah vor ihrem Tod auf ihren Audiokassetten preisgegeben. Das lässt genug Spielraum für die Autoren, neue Nebenstränge herbeizudichten oder alte Nebenstränge um neue Informationen zu ergänzen.

Zudem verdichten sich die Hinweise, dass Bryce sich in der Vergangenheit noch an anderen Mädchen vergriffen hat. Ist er auch derjenige der verhindern will, dass die Wahrheit ans Licht kommt? Derjenige, der entsprechende Droh-Botschaften übermittelt, um die Zeugen einzuschüchtern? Eine wichtige Zeugin wäre Jessica, die allerdings weiterhin unter Verschluss hält, Opfer sexueller Gewalt geworden zu sein. Ihre Szenen sind mit die emotionalsten.

Ein bereits aus der ersten Staffel bekanntes Element: Die Undurchschaubarkeit mancher Figuren. Oft ist unklar, auf wessen Seite die Teenies wirklich stehen und wer wen warum deckt und unter Umständen sogar falsche Aussagen macht. Jeder findet hier aus den verschiedensten Gründen (Eigennutz, schlechtes Gewissen, Angst vor den Konsequenzen …) seinen eigenen Weg und das macht «Tote Mädchen lügen nicht» weiterhin zu einer erzählerisch sehr spannenden Angelegenheit.

Neu dabei: Waffengewalt


Die unangenehmen und schwer verdaulichen Themen, sie bleiben voll und ganz erhalten. Neben Vergewaltigungen, Drogen, Selbstmord(versuche) und Trauerbewältigung kommt noch ein weiteres hinzu, das in Staffel zwei einen größeren Platz einnehmen wird: Waffengewalt. Fast schon ironisch mutet an, dass die Premierenfeier der zweiten Staffel «Tote Mädchen lügen nicht» wegen eines erneuten Schulmassakers in den USA am selben Tag abgesagt werden musste. Schon zum 22. Mal in diesem Jahr kam es in einer amerikanischen Schule zu einer Schießerei, diesmal traf es eine in Texas. Man kann nur hoffen, dass «Tote Mädchen lügen nicht» zum Nachdenken über diese und viele anderen ernsten Probleme anregt. Und das kann erstmal nichts Schlechtes sein. Obendrein bleibt «Tote Mädchen lügen nicht» eine sehenswerte Serie.

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Es gibt 1 Kommentar zum Artikel
Kingsdale
22.05.2018 13:18 Uhr 1
Nun, ich habe die zweite Staffel am WE durchgeschaut. Man muss hier aber etwas Unterscheiden. Hier werden neue Geheimnisse gelüftet und einiges aus Staffel 1 erscheint nun im anderen Licht. Natürlich ist es auch wieder schwere Kost, allerdings geht es diesmal nicht so an die Nieren wie in der ersten Staffel. Es geht eben um die Nachgeschichte und um die Gerichtsverhandlung. Darin liegt allerdings leider der Fehler. Die Staffel ist gut (kein Frage) nur es zieht sich alles viel zu sehr. Viele werden evtl. mal Vorspulen, was nichts macht. Man hätte hier alles nicht auf 13 Folgen ausweiten sollen. Es gibt zum Teil sehr langweilige Stellen, alles wird hier viel zu langegezogen erzählt. Stellenweise sehr Öde! Man muss aber auch Bedenken, das es sich hier um eine Serie handelt die das wahre Leben zeigt und das wird deutlicher wenn es zum Ende der Staffel, zum Ende der Verhandlung geht. So ist es. Und die letzte Folge ist außerordentlich Dramatisch. Eine weitere Staffel muss es geben, da doch wieder einige offen geblieben ist, man es so nicht stehen lassen kann. Man sollte Bedenken, das es keine Serie ist, wo es um ein Happy End geht, es ist so nah an der Realität, das es manchmal weh tut. Aber diese Staffel ist doch etwas zu langatmig im Erzählrythmus.

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