Interview

freenet TV: „Riesiges Potenzial bei Satelliten-TV“

von   |  2 Kommentare

Das bisher nur über DVB-T2 HD empfangbare freenet TV will nun auch im umkämpften Satelliten-Markt mitmischen. Wir sprechen mit Jörg Brühl, dem Marketing-Verantwortlichen von Media Broadcast bzw. freenet TV, über die Gründe dafür, gesetzte Ziele sowie über mögliche UHD- und Pay-TV-Inhalte.

Über Jörg Brühl

Jörg Brühl ist seit Dezember 2016 für die MEDIA BROADCAST GmbH tätig. Als Director Marketing & Sales verantwortet er den Markenauftritt von freenet TV und steuert kanalübergreifend alle Vermarktungsmaßnahmen rund um die neue TV-Plattform. Zuletzt arbeitete Jörg Brühl als Vice President Direct Sales Retail für Vodafone Kabel Deutschland, wo er die Verantwortung für eigene POS Landschaft von Kabel Deutschland und deren Integration in den Vodafone Konzern innehatte.
Herr Brühl, freenet TV ist ein Jahr nach dem Start über Antenne nun auch über Satellit verfügbar. Was sind die Gründe dafür?
Dafür gibt es mehrere Gründe: Wir haben einen super erfolgreichen Start mit DVB-T2 HD hingelegt, was uns viele bestimmt gar nicht zugetraut haben. Innerhalb kürzester Zeit haben wir nicht nur sehr viele Kunden gewonnen, sondern auch eine starke Marke aufgebaut, die gestützte Markenbekanntheit lag schon im Oktober 2017 bei über 70 Prozent. Das liegt daran, dass wir relativ viel Marketingdruck gemacht haben, aber auch daran, dass wir uns offenbar für die richtige Kampagne entschieden haben – mit unserem giftgrünen Markenlook sowie unserem Presenter, der polarisiert und sehr auffällig ist.

Hinzu kommt, dass es bei Satelliten-TV riesiges Potenzial gibt. Von über 17 Millionen Haushalten in Deutschland, die über Satellit Fernsehen gucken, gucken nur zwei Millionen die Privaten in HD. Das heißt, da sind mehr als 15 Millionen Haushalte, die noch SD gucken. Mit der Verlängerung unseres Produkts über Satellit glauben wir, denen etwas Gutes tun zu können und dass wir auch die nötige Bekanntheit und die nötige Vertriebspower haben, um unser Produkt an den Mann zu bringen.

Kürzlich hat freenet TV die Millionenmarke geknackt, wie viele Kunden sollen denn langfristig erreicht werden? Mal als Vergleich: HD+ hat ungefähr doppelt so viele Abonnenten, ist aber auch schon seit 2009 auf dem Markt …
Wir gehen davon aus, nicht mehr ganz so schnell zu wachsen wie in den letzten zwölf Monaten. Unser Ziel ist, dass wir bis zum Jahresende bei 1,2 Millionen Kunden sind – wobei das netto zu betrachten ist. Das heißt: Wir werden viele neue Kunden gewinnen, aber auch den ein oder anderen Kunden verlieren. Gerade bei freenet TV via Antenne muss man das realistisch betrachten: Es gibt viele Menschen, die nutzen DVB-T2 HD für ihr Zweitgerät im Bügelzimmer, im Gästezimmer oder im Kinderzimmer und das sind nicht die ganz regelmäßigen Nutzer. Wir werden künftig nicht zwischen SAT- und Antennen-Kunden unterscheiden. Für uns sind die angepeilten 1,2 Millionen Kunden dann alle freenet-TV-Kunden, die ein ähnliches Produkt mit einem ähnlichen Programmportfolio zum gleichen Preis haben.

Gibt es dennoch ein paar Punkte, in denen sich das Antennen- von dem Satellitenangebot unterscheidet? Abgesehen natürlich von der Empfangsart …
Wir haben ein paar mehr Sender auf Satellit. Grundsätzlich haben wir bei der Terrestrik eine begrenzte Bandbreite: Mehr als 40 Sender, und zwar inklusive der Öffentlich-Rechtlichen, geht einfach nicht. Daher setzen wir hier auf ein hybrides Modell. Über freenet TV connect werden Sender über IP hinzugeführt, die nicht im terrestrischen Hauptprogramm enthalten sind. Alle Sender erscheinen dann letzten Endes in der Programmliste, sodass man den Unterschied der Empfangsarten nicht merkt. Bei Satellit haben wir dieses Problem nicht, da gibt es Kapazitäten ohne Ende. Deshalb bieten wir schon zum Start drei Sender mehr an, die wir über die Terrestrik nur über IP zuführen können. Über Satellit gibt es also dieselben 19 Sender wie bei DVB-T2 HD, plus zusätzlich MTV HD, TLC HD und Insight TV HD. Auch freenet TV connect ist über Satellit empfangbar und ermöglicht den Zugang zu Sender-Mediatheken und Apps. Am Ende ist das Antennen- und das Satelliten-Angebot sehr vergleichbar.

Kann man zwischen SAT- und Antennen-Empfang wechseln?
Ja, das ist ein wesentlicher Unterschied und Vorteil zu HD+ und zu Diveo. Man kann jederzeit zwischen den zwei Empfangswegen wechseln. Nun klingt das zunächst ein wenig abwegig, warum sollte man das tun? Wir wissen aber zum Beispiel aus dem Digitalisierungsbericht, dass viele Haushalte zwei Empfangswege haben. Im Kundenkonto lässt sich der freenet-TV-Empfangsweg mit einem Mausklick umstellen und schon hat man das Gerät in wenigen Sekunden freigeschaltet.

Bei Fernsehern der neueren Generation mit doppeltem Triple-Tuner kann man sogar ein Programm aufnehmen und ein anderes Programm schauen. Über eine SAT-Versorgung geht das heute nur, wenn man von der Satellitenschüssel vom Dach zwei Antennenkabel runterzieht, aber das macht kaum jemand.

Aufnehmen ist ein gutes Stichwort: Gibt es wie bei der Konkurrenz Restriktionen bei der Aufzeichnung von Programmen?
Das ist etwas, was die Sender bestimmen. Hier sind wir denselben strengen Regularien unterworfen sind wie unsere Mitbewerber. Speziell die RTL-Gruppe schützt ihre Werbepausen strikt. Man kann also nicht vorspulen und auch zeitversetztes Fernsehen ist nur in begrenztem Maß möglich. Das sind Vorgaben der Sender, da haben wir leider keinen Spielraum.

Nun ist derzeit viel Bewegung im SAT-Markt. Mit Diveo ist kürzlich erst eine ganz neue Plattform gestartet, die neben den Free-TV-Sendern in HD u.a. mit klassischen Pay-TV-Sendern und einer Sender-App punkten will. Ist so etwas Ähnliches auch für freenet TV geplant?
Diveo spielt nicht nur inhaltlich, sondern auch preislich in einer anderen Liga, würde ich mal so sagen (lacht). Wenn man sich für Pay-TV entscheidet, ist das deutlich teurer. Wir verstehen uns als Einstiegs-Angebot und wollen auch bei dem günstigen Preismodell bleiben. Das bedeutet nicht, dass wir für alle Ewigkeit ein Pay-TV-Paket ausschließen, aber im Moment ist das kein Thema für uns. Die wichtigsten Sender sind in unserem derzeitigen Portfolio, die haben zusammen einen Zuschauermarktanteil von 95 Prozent. Eigentlich ist also alles, was ein Großteil der Zuschauer braucht, bei uns für einen maximal günstigen Preis zu haben. Alles, was man hinzufügen würde, würde sich in den Kosten niederschlagen. Nichtsdestotrotz wäre ein Pay-TV-Angebot vorstellbar und über Satellit auch aufgrund der Kapazitäten problemlos zu realisieren. Wenn wir das allerdings über die Terrestrik machen wollten, müsste man zusätzliche Sender über IP anbieten. Das ist natürlich möglich, deshalb schließe ich das nicht aus. Im Moment ist unser Fokus aber ein anderer.

Und wie sieht es mit einer Sender-App aus?
Eine Verbreitung von linearen Sendern über eine App ist nicht geplant. Wir arbeiten aber gerade an einer App, die auf den Service ausgerichtet ist: Mit der App kann man dann zum Beispiel mit uns in Kontakt treten oder sein Guthaben einlösen. Unsere mobile Lösung für Fernsehen sieht anders aus: Mit unserem freenet TV USB-Stick lässt sich der Laptop jederzeit in einen Full-HD-Fernseher verwandeln.

HD+ und Streaming-Dienste wie Netflix und Amazon experimentieren seit einiger Zeit mit UHD-Inhalten – inwiefern ist UHD in Zukunft auch ein Thema für freenet TV?
Auch da muss ich wieder auf unsere kapazitären Grenzen verweisen, speziell in der Terrestrik. Und über Satellit ist das grundsätzlich nichts, was wir ausschließen. Was im Moment mit UHD im Fernsehen passiert, sind allerdings nicht viel mehr als Experimente. Dass es einen spannenden Kanal mit attraktivem Content gibt, den die Leute auch wirklich sehen wollen und für den es sich auch lohnt, Geld auszugeben, sehe ich Moment noch nicht. Und solange es nicht attraktive Sender in UHD gibt, macht das für uns wenig Sinn.

Herr Brühl, vielen Dank für das Gespräch.

Kurz-URL: qmde.de/100003
Finde ich...
super
schade
23 %
77 %
Teile ich auf...
Kontakt
vorheriger ArtikelDie Fußball-WM könnte auch bei Sky stattfinden – in UHDnächster ArtikelDas ewige Rein-Raus-Spiel mit «Pastewka»
Es gibt 2 Kommentare zum Artikel
kauai
03.04.2018 11:28 Uhr 1
Ich kann den Optimismus des Herrn Brühl nicht nachvollziehen! Warum sollte ich als Sat-Zuschauer ein kostenpflichtiges Freenet-Abo abschließen? Wenn ich die Privaten schon in HD hätte haben wollen, dann wäre das auch bislang schon möglich gewesen.

Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, daß das viele andere Sat-Zuschauer der 15 Mio. SD-Sehenden anders sehen werden.



Für mich ist eines sicher, wie das Amen in der Kirche: so lange Privat-TV auch Free-TV ist, bin ich gelegentlich dabei. Sobald Zwangsgebühren in Form von HD-Gebühren erhoben werden, wird man mich als Kunden verlieren!
HalbTV
05.04.2018 17:05 Uhr 2
Mir kam bei der Meldung gleich der Gedanke, hast die Meldung der Geschäftszahlen von HD+ für 2017 verpasst. Die sollen lt. HD+ GmbH immer Ende Februar des folgenden Jahres kommen. Nach etwas Recherche hält sich HD+ wohl mittlerweile sehr bedeckt. Was kein Wunder zu sein scheint. Was ich gefunden habe ist der Digitalbericht 2017. Danach ist der Anteil aller HD-Seher um weitere 6,7 Prozent gestiegen. Aber, der Anteil der Privaten HD-Seher ist um 8,2 Prozent gesunken. Es schließen also kaum noch Leute neue HD+-Abos ab, wenn sie auf HD-Empfang umstellen. Wahrscheinlich dürfte es sogar Einbußen bei den Bestandskunden geben, was allerdings von meiner Seite reine Spekulation ist, solange nicht der Geschäftsbericht im Bundesanzeiger veröffentlicht wurde.



Und in diesem Umfeld meint nun Freenet TV, sie könnten es besser. Dann viel Glück, wo doch bei DVB-T HD auch nur 53,6 Prozent die Umstellung zu einem Abo, auch Digitalbericht 2017, genutzt haben.
Weitere Neuigkeiten

Optionen

Drucken Merken Leserbrief




E-Mail:

Quotenletter   Mo-Fr, 10 Uhr

Abendausgabe   Mo-Fr, 16 Uhr

Datenschutz-Info

Letzte Meldungen

Werbung

Mehr aus diesem Ressort


Jobs » Vollzeit, Teilzeit, Praktika


Surftipp


Surftipps


Werbung