TV-Markt

Der TV-Markt im April: Private Schläfrigkeit erwischt nun auch VOX

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Nach seinem starken Lauf zuletzt rutschte der Sender doch etwas deutlicher ab und passte sich damit der negativen Gesamttendenz der Privatsender an. Das Erste freute sich über viele junge Zuschauer.

Bislang hielten sich in diesem Jahr die ganz großen «Tatort»-Erfolge noch in relativ eng gefassten Grenzen, doch das Münsteraner Team wartete gleich am ersten April-Sonntag dann doch mit einer Reichweite der Extraklasse auf: 14,56 Millionen «Fangschuss»-Zuschauer bedeuteten nicht nur einen neuen Spitzenwert für Jan Josef Liefers und Axel Prahl, sondern auch die fünfthöchste Zahl in der ruhmreichen Geschichte der Krimireihe überhaupt - seit 25 Jahren hatte keine Ausgabe mehr so viele Menschen begeistert. Die damit verbundenen Marktanteile waren natürlich auch grandios: 39,6 Prozent des Gesamtpublikums sowie 35,0 Prozent der 14- bis 49-Jährigen standen zu Buche, wo mit 4,51 Millionen natürlich auch der höchste Wert des Monats generiert wurde. Hinsichtlich der Marktanteile hatte aber Wladimir Klitschkos spektakulärer Schwergewichtskampf mit 40,6 und 43,6 Prozent noch mehr zu bieten, nach 23 Uhr sahen 9,59 Millionen Menschen zu. Ebenfalls sehr gefragt: Die Bayern-Spiele im DFB-Pokal gegen Dortmund (11,33 Millionen) sowie in der Champions League (9,60 Millionen) - bitter für ARD und ZDF, dass der Rekordmeister aus beiden Pokalturnieren ausgeschieden ist.

Große Spielfilm-Erfolge waren indes die Free-TV-Premiere von «Fifty Shades of Grey» mit 2,64 Millionen jungen Zuschauern und 21,1 Prozent auf RTL sowie die Zweitverwertung von «Fack ju Göhte», die Sat.1 am Karfreitag sogar 23,0 Prozent bei 2,42 Millionen werberelevanten Fernsehenden einbrachte. Beim Gesamtpublikum knackten beide Streifen mit 4,12 und 4,08 Millionen knapp die Vier-Millionenmarke. Am Ostersonntag und -montag war dann aber jeweils RTL mit den Erstausstrahlungen von «Guardians» und «Maleficent» vorherrschend, beide Blockbuster erreichten knapp über zwei Millionen junge Zuschauer und starke 18,6 bzw. 17,5 Prozent Marktanteil. ProSieben punktete vor allem mit «Germany's Next Topmodel», das auf bis zu 1,73 Millionen und 17,4 Prozent gelangte.

Nicht ganz so spektakulär wie sonst las sich die Liste der Erfolge von VOX, das jedoch mit 2,24 Millionen Zuschauern für «Stirb langsam 4.0» immerhin wieder die höchste Monatsreichweite der drei kleineren Sender für sich beanspruchen konnte - vor kabel eins und RTL II, die mit 1,91 Millionen für «Die lustige Welt der Tiere» respektive 1,84 Millionen für «Hercules» jedoch ebenfalls Spielfilme ganz oben platzierten. Ein zweistelliger Zielgruppen-Marktanteil zur Primetime gelang übrigens nur VOX und auch hier nur an einem einzigen Abend: «Die Monster Uni» kam bei ihrem zweiten TV-Einsatz noch auf tolle 11,8 Prozent. Etwas mehr hatte sich der Sender sicherlich von «Grill den Henssler» versprochen, das nur ein einziges Mal ganz knapp die Zwei-Millionenmarke knackte und in der Zielgruppe zwischen mäßigen 7,0 Prozent und starken 9,8 Prozent changierte. Einen ganz bitteren Flop setzte es derweil am Dienstagabend, wo «The Story of My Life» zuletzt gerade einmal noch 0,60 Millionen Menschen erreichte - und an dem VOX dennoch weiter festhält.


Alle Zuschauer (April 2017)


ALLE ZUSCHAUER (APRIL)
11,8
12,0
12,5
13,0
9,4
9,3
3,2
3,2
5,1
5,4
6,8
7,0
4,8
4,7
3,5
3,4
Marktanteile in %  |  April 2017 gegenüber März 2017

Das Zweite Deutsche Fernsehen bleibt unangefochtener Marktführer, musste sich aber nach den grandiosen 13,9 Prozent im Januar zum dritten Mal in Folge mit (diesmal sogar recht deutlich) rückläufigen Werten arrangieren: 12,5 Prozent standen nach zuletzt 13,0 Prozent noch immer zu Buche. Ein totaler Gegensatz hierzu war zuletzt die Entwicklung des Ersten, das sich nach wirklich miesen 10,6 Prozent zum Auftakt ins Kalenderjahr zuletzt auf gute 12,0 Prozent gesteigert hatte, diesmal jedoch mit nur noch 11,8 Prozent minimal ins Straucheln kam. RTL als einzig ansatzweise gefährliche Alternative blieb indes wie schon in den beiden Vormonaten weit von der Zweistelligkeit entfernt und lag mit gerade einmal 9,4 Prozent auf ähnlich mäßigem Niveau wie schon im März, gegenüber den 10,0 Prozent aus dem Vorjahres-April gab es einen deutlichen Absturz zu vermelden.

Und damit herzlich willkommen in der schaurigen Welt der großen Privatsender, die auch in diesem Monat wieder wenig Anlass zur Freude gaben. Sat.1 etwa muss sich spätestens jetzt intensiver mit dem Gedanken auseinandersetzen, mittelfristig auch um die Sieben-Prozentmarke zu bangen, schließlich verfehlte man diese mit 6,8 Prozent bereits zum zweiten Mal in der aktuellen TV-Saison - und knackte sie zuletzt im November (7,5 Prozent) wirklich deutlich. ProSieben scheint zumindest seinen dramatischen Abwärtstrend aufgefangen zu haben, verharrte mit 4,8 Prozent allerdings schon zum vierten Mal in Folge unterhalb der Fünf-Prozenthürde.

Und auch das sonst aktuell oft so strahlende VOX musste in den vergangenen Wochen einige bittere Pleiten hinnehmen und kommt angesichts dessen mit 5,1 Prozent sogar unterm Strich noch ganz gut weg - wenngleich zuwohl im März als auch im Vorjahresmonat deutlich stärkere 5,4 Prozent zu Buche gestanden hatten. Wenig Bewegung auf mauem Niveau war bei RTL II und kabel eins gegeben, die mit deutlichem Rückstand die Plätze sieben und acht belegten. Verglichen mit dem April 2016 sackten beide Sender umso deutlicher ab: RTL II von 3,7 auf 3,2 Prozent, kabel eins von 3,8 auf 3,5 Prozent. Kumuliert kamen die acht großen Sender übrigens auf einen Marktanteil von 57,1 Prozent, womit der ewige Negativrekord aus dem vergangenen Dezember mal wieder ganz nahe war.


14- bis 49-Jährige (April 2017)


14- BIS 49-JÄHRIGE (APRIL)
7,1
7,0
6,1
6,0
12,1
12,3
5,2
5,7
7,0
7,6
8,5
8,5
9,9
10,0
4,8
4,6
Marktanteile in %  |  April 2017 gegenüber März 2017

In der werberelevanten Zielgruppe war RTL standesgemäß die klar dominante Kraft, wusste mit 12,1 Prozent jedoch einmal mehr in keiner Weise zu glänzen. Bedenkt man, dass der Sender zur Primetime an nahezu allen Wochentagen auf etablierte Hitformate zurückgreifen konnte und überdies mit Formel 1 und Klitschko zwei veritable sportliche Highlights als Sahnehäubchen anbot, enttäuscht dieser Wert doch sehr - zumal er klar hinter den auch schon nicht überragenden 12,7 Prozent aus dem Vorjahr zurückblieb. Aber auch ProSieben kommt in dieser Saison einfach nicht in die Hufen und bestätigte mit 9,9 Prozent ein weiteres Mal, dass das Hauptziel der Zukunft lauten muss, die Zweistelligkeit nicht aus den Augen zu verlieren - wie das nämlich zur völligen Illusion werden kann, zeigt seit einigen Jahren Sat.1, das sich mit 8,5 Prozent auch diesmal wieder als äußerst spröde präsentierte. Übrigens: Im April vergangenen Jahres hatte ProSieben noch 10,9 Prozent und Sat.1 9,0 Prozent generiert.

Sehr vital war zuletzt eigentlich VOX unterwegs, diesmal allerdings kam man ein Stück weit vom Pfad der Quotentugend ab und erreichte mit 7,0 Prozent einen Marktanteil, der zuvor in sechs von sieben Saison-Monaten deutlich übertroffen wurde (7,3 bis 7,9 Prozent), einzig im Januar hatte es mit 7,0 Prozent ähnlich mau ausgesehen. Doch nur zur Einordnung: Selbst damit lag man noch immer oberhalb des Schnitts aus der Vorsaison von 6,7 Prozent. Eine rasante Aufholjagd nach schläfrigem Saisonauftakt legt derweil Das Erste hin, das mit 7,1 Prozent seinen besten Wert seit August vergangenen Jahres (8,9 Prozent) verbuchte - wo man mit Olympia aber auch ein echtes Highlight im Repertoire hatte. Innerhalb der Kernsaison hatte man zuletzt im Mai vergangenen Jahres mehr als 7,0 Prozent verbucht.

Weiter hinten ist derweil das ZDF mit 6,1 Prozent weiterhin sehr unspektakulär unterwegs, hat sich aber längst vor RTL II absetzen können, das nach einem mit 5,7 Prozent wieder etwas stärkeren März erneut bei sehr enttäuschenden 5,2 Prozent einfand - und damit auf dem schwachen Niveau der Monate Dezember bis Februar (5,2 bis 5,4 Prozent). Im April 2016 hatte man übrigens noch bei guten 6,1 Prozent gelegen und das ZDF übertroffen. Für kabel eins ging es nach desolaten 4,6 Prozent zuletzt zumindest wieder leicht nach oben - auf 4,8 Prozent. Alles in allem kamen somit für die "Big Eight" jedoch gerade einmal noch 60,7 Prozent zustande - womit der ewige Negativrekord in Höhe von 61,4 Prozent noch recht eindeutig unterboten wurde.


Alle Zuschauer (Fernsehjahr)


ALLE ZUSCHAUER (FERNSEHJAHR)
11,3
11,6
12,7
12,4
9,8
10,2
3,3
3,5
5,4
5,2
7,2
7,6
4,9
5,3
3,6
3,8
Marktanteile in %  |  Sep. 2016 – Apr. 2017 gegenüber Sep. 2015 – Mai 2016

Kurz vor Saisonende lässt sich bei den meisten Sendern mit nahezu an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit sagen, wohin die Reise geht - und das ist in den allermeisten Fällen nach unten. Eine Ausnahme stellt ausgerechnet der Marktführer dar, denn das ZDF steigert sich moderat von 12,4 auf 12,7 Prozent, während Das Erste mit 11,3 Prozent wohl einen neuen Allzeit-Negativrekord verzeichnen wird - nach zuletzt zweimal in Folge 11,6 Prozent. Noch bitterer ist der Abstieg für RTL, denn mit nur noch 9,8 Prozent rutscht der Sender sehr wahrscheinlich erstmals ab in die Einstelligkeit. Und schaut man einmal auf die Gesamttendenz der Kölner sowie die generelle Entwicklung des werbefinanzierten Fernsehens, dürfte eine Rückeroberung der Zehn-Prozentmarke ein durchaus anspruchsvolles Unterfangen sein.

Noch vor fünf Jahren lag übrigens auch Sat.1 noch im zweistelligen Bereich, mittlerweile muss man sich mit 7,2 Prozent begnügen - was einen weiteren sehr deutlichen Aderlass gegenüber den 7,6 Prozent aus dem Vorjahr markiert, wo man bereits klar im Vergleich zu den 8,1 Prozent der Saison 2014/15 eingebüßt hatte. VOX schiebt sich derweil mit 5,4 Prozent an ProSieben vorbei und ist überdies der einzige Privatsender mit einem leichten Plus, während ProSieben deutlich von 5,3 auf 4,9 Prozent absackt. Gutes gibt es nämlich auch nicht von ganz hinten zu berichten, wo kabel eins von 3,8 auf 3,6 Prozent verliert und RTL II von 3,5 auf 3,3 Prozent.


14- bis 49-Jährige (Fernsehjahr)


14- BIS 49-JÄHRIGE (FERNSEHJAHR)
6,4
6,7
6,0
5,8
12,9
13,2
5,5
5,8
7,4
6,7
8,8
9,0
10,1
10,9
4,9
5,2
Marktanteile in %  |  Sep. 2016 – Apr. 2017 gegenüber Sep. 2015 – Mai 2016

Und weiter geht die wilde Fahrt! Verluste, Verluste, Verluste, wohin man blickt! RTL setzt seinen deutlichen Abwärtstrend auch im sechsten Jahr hintereinander ungehindert fort und könnte mit 12,9 Prozent sogar erstmals weniger als 13 Prozent erzielen. Trösten kann man sich in Köln höchstens mit Schadenfreude, denn ProSieben weiß diese Schwäche überhaupt nicht zu nutzen und verliert in der ersten kompletten Saison ohne seinen Show-Giganten Stefan Raab dramatisch von 10,9 auf 10,1 Prozent. Statt "Mission Marktführung" heißt es nun also erst einmal "Mission Zweistelligkeit erhalten" - oder eben "Mission Sat.1 2.0 vermeiden", denn hier dürfte selbst der feuchteste Traum ausgeträumt sein, in Absehbarer Zeit einmal wieder zwei Ziffern vor dem Komma stehen zu haben. Mit 8,8 Prozent wird man wahrscheinlich stattdessen erstmals unter die Neun-Prozenthürde rutschen.

Leichte Verluste gibt es auch beim Ersten zu beklagen, anders als beim Gesamtpublikum dürften die hier erzielten 6,4 Prozent allerdings kein neuer Allzeit-Negativrekord sein - 2011/12 hatte man nämlich schon einmal bei nur 6,3 Prozent gelegen. Das ZDF könnte nach wahrlich nicht gutem Saisonauftakt den Sprung über die Sechs-Prozentmarke soeben noch schaffen, mit aktuell 6,0 Prozent kommt dahingehend alles darauf an, wie man im Mai performen wird. RTL II entfernt sich dagegen weit von diesem Ziel und sackt mit 5,5 Prozent erneut deutlich ab. Vor drei Jahren hatte man die Saison übrigens noch mit richtig guten 6,7 Prozent abgeschlossen. Die kaum mehr vorhandene Relevanz von kabel eins abseits der ewigen Abspulstation bekannter Filme und Serien scheint dem Sender diesmal auch böse um die Ohren zu fliegen, mit 4,9 Prozent scheint man nicht einmal mehr ein Zwanzigstel der jungen Fernsehenden zu erschließen. Böse sieht es da natürlich auch mit dem kumulierten Wert aller acht großen deutschen Fernsehkanäle aus, die gerade einmal noch 60,7 Prozent der 14- bis 49-Jährigen erzielen - nach bereits historisch schlechten 63,3 Prozent zuletzt.

Doch diese Quoten-Analyse soll mit einem Funken Hoffnung, einer kleinen Oase inmitten der gigantischen Wüste enden: VOX. Wo der Rest entweder an Relevanz einbüßt oder nur nach einem Allzeit-Tief minimale Zugewinne verzeichnet, kommt dieser Sender auf einen saftigen Marktanteil von 7,4 Prozent, womit er über einen halben Prozentpunkt gegenüber der Vorsaison zulegt - und seinen besten Wert seit vier Jahren erreicht. Auch ein etwas schwächerer April kann nicht über die gute Gesamtarbeit hinwegtäuschen, die diesen Sender deutlich gegenüber den lethargischen privaten Alternativen abhebt. Man könnte auch sagen: Hier fielen nun ein paar Späne - bei den meisten Konkurrenten wurde dagegen zuletzt kaum mehr überhaupt gehobelt.

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