Die Kino-Kritiker

«DUFF – Hast du keine, bist du eine»

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Eine nette, unauffällige, leicht pummelige Schülerin lehnt sich gegen das Schubladendenken auf – und sorgt so für einen sehr gelungenen High-School-Filmspaß.

Filmfacts «DUFF – Hast du keine, bist du eine»

  • Regie: Ari Sandel
  • Produktion: Susan Cartsonis, McG, Mary Viola
  • Drehbuch: Josh A. Cagan, basierend auf dem Buch 'The Duff' von Kody Keplinger
  • Darsteller: Mae Whitman, Robbie Amell, Bella Thorne, Bianca Santos, Skyler Samuels, Chris Wylde, Romany Malco, Ken Jeong, Allison Janney
  • Musik: Dominic Lewis
  • Kamera: David Hennings
  • Drehbuch: Wendy Greene Bricmont
  • Laufzeit: 101 Minuten
  • FSK: ab 12 Jahren
Der Mikrokosmos Schule funktioniert auch nicht mehr so, wie man es aus Komödien der 80er- und 90er-Jahre sowie den frühen 2000ern kennt. Sportfreaks, Popkulturnerds, Schönheiten, Langweiler und Selbstdarsteller – durch die Möglichkeiten, sich im Internet mitzuteilen und in Szene zu setzen, verschwimmen die Grenzen zwischen ihnen. Hübsche Mädels, die was auf dem Kasten haben, modern sind und dennoch nähen können, sind kein Ding der Unmöglichkeit mehr. Das Schubladendenken hat endlich ein Ende … Oder auch nicht. Denn wo Heranwachsende sind, da sind Gemeinheiten, streng verfolgte Gruppierungen oder Abgrenzungen und Oberflächlichkeiten nicht fern. Zur Not müssen halt neue Labels erfunden werden. Wie etwa 'DUFF'. Oder in aller Ausführlichkeit: 'Designated ugly fat friend'. Oder auf Deutsch: Ausgewiesene(r) hässliche(r), fette(r) Freund(in). Das zugängliche, unauffällige Mitglied einer Gruppe, an das man sich freundlich-unverbindlich wenden kann, wenn man eigentlich viel lieber mit den begehrteren Leutchen etwas anfangen will.

Bianca Piper (Mae Whitman) ging jahrelang ihren Lebensweg, ohne über derart starre Bezeichnungen nachzudenken. Die alte Trash- und Horrorfilme liebende, smarte, einen etwas peinlichen Sinn für Humor hegende Teenagerin kennt zwar die Kunst des Etikettierens. Aber sie fasst ihr Umfeld üblicherweise mittels mehrerer Schlagwörter zusammen. Nur zwei altbekannte Archetypen kennt sie: Den heimlichen Schwarm (Nick Eversman) und die überhebliche Zicke (Bella Thorne). Während einer Party erfährt sie jedoch ausgerechnet durch ihren Nachbarn und Sandkastenspielgefährten Wes (Robbie Amell), dass sie ihren besten Freundinnen (Skyler Samuels & Bianca Santos) nur als DUFF dient. Zunächst will Bianca dies nicht wahrhaben, erst recht, da sich Wes eh zur frechen Nervensäge entwickelt hat. Allerdings hält diese Phase der Verdrängung nicht lange an. Und so nimmt Bianca die neue Erkenntnis zum Anlass, sich von Grund auf zu verändern. Oder wenigstens ihr Image auf der Schule …

Um sich den Teenager-Protagonisten anzupassen, sei kurz auch hier Schubladendenken gestattet. Denn High-School-Komödien lassen sich grob in zwei Kategorien einteilen: Jene, die von den Trieben und Körperfunktionen der pubertierenden Figuren handeln. Und jene, die sich mit dem schulischen Sozialgefüge befassen. In beiden Fällen wird gerne das ewig verzwickte Thema Liebe genutzt, um die Handlung aufzuziehen – und so ist es auch beim eindeutig der zweiten Kategorie angehörendem Filmspaß «DUFF». Oscar-Gewinner Ari Sandel (Kurzfilm «West Bank Story») verzichtet nahezu völlig auf humorige Schläge unterhalb der Gürtellinie und lässt Ekelhumor konsequent außen vor. Das in Teenager-Komödien omnipräsente Thema Sex ignoriert «DUFF» zwar nicht, passend zur im Mittelpunkt stehenden grauen Maus findet es aber nur in amüsanten Gesprächen und herrlich-albernen Tagträumen statt.

Dafür hat «DUFF» umso mehr über Selbstwertgefühl und den wohl jeden Heranwachsenden irgendwann plagenden Anpassungsgedanken zu sagen. Dabei rennt das Drehbuch von Josh A. Cagan aber nicht mit einem erzwungen-erhobenen Zeigefinger herum, sondern lässt die löblichen Lektionen glaubwürdig aus der Wandlung der im Mittelpunkt der stehenden Bianca entstehen. Und die ist eine Hauptfigur zum Liebhaben: Eigensinnig genug, um in der Masse an Kino-Außenseitern aufzufallen, aber mit genügend charakterlichen Allgemeinplätzen, um die in diesem Genre so wichtige Identifikation mit der Hauptfigur zu erleichtern. Mae Whitman kann mühelos zwischen süß, unangepasst, genervt und hoffnungsvoll springen und lässt den Zuschauer mit ihrer ausdrucksstarken Mimik stets wissen, wann Bianca sie selbst ist und wann sie sich verbiegt – ohne dabei die darstellerische Brechstange herauszuholen. Besonders gelungene Momente sind all diejenigen, in denen sie mit Robbie Amell alias Wes interagieren darf, der auf dem ersten Blick einfach nur ein schnöseliges Sportass spielt. Aber schnell wird durch Amells ansteckend amüsierte Spielweise klar, dass Wes auch ein Scherzkeks und gutmütiger Kerl ist – wohlgemerkt ohne dadurch unglaubwürdige Traumtyp-Züge anzunehmen.

Während sich die restlichen Jung-Nebendarsteller auf grundsolidem Niveau schlagen, sind es die erwachsenen Randdarsteller, die noch für einige gesalzene Lacher sorgen. Auch Ken Jeong, der einmal mehr eine peinlich-aufgedrehte Figur zum Besten gibt, findet in «DUFF» das richtige Maß, nachdem er zuletzt wiederholt zu hibbelig und laut agierte. Dass Jeong, Allison Janney als Biancas Business-Mutter und die weiteren Erwachsenen in der Runde vor allem mit Kommentaren um sich werfen, wie sehr sich die Schulwelt dank moderner Medien geändert hat, ist ein weiterer Pluspunkt des Films: Ältere Kinogänger dürfen sich mit den Erwachsenen verbrüdern und bei diesen Seitenhieben mitschmunzeln, das Kernpublikum dagegen verständnislos über die altmodischen Kommentare lachen. Generell gelingt es «DUFF», die altbekannten Elemente einer High-School-Komödie zu modernisieren, ohne dabei die aktuelle Medientechnologie zu sehr in den Vordergrund zu drängen. So kommt eine Mischung zustande, die aktuell und authentisch wirkt, aber nicht anbiedernd oder dazu verdammt, bald als veraltet dazustehen.

Dass die locker-freundliche Spielweise von «DUFF» zwischenzeitlich dann doch für zwei, drei sehr konventionelle Plotentwicklungen unterbrochen wird (denn ein Teenie-Film braucht vermeidbare Missverständnisse), ist derweil sehr schade. Würde «DUFF» seinen selbstbewussten Außenseiterstatus durchgehend beibehalten, könnte er das Niveau eines «Einfach zu haben», «Girls Club – Vorsicht bissig!» oder «10 Dinge, die ich an dir hasse» erreichen, was angesichts des kurzen Anflüge von Alltäglichkeit dann doch zu hoch gegriffen ist. Dennoch schiebt sich «DUFF» mit prägnanten Musikeinsätzen, vielen visuellen Einfällen und einem zwar überraschend zahmen, aber sehr sympathischen Storytelling an der handelsüblichen Genreware vorbei. Nicht übel für ein zugängliches Pummelchen, oder?

«DUFF – Hast du keine, bist du eine» ist ab sofort in vielen deutschen Kinos zu sehen.

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