Upfronts

Die Upfronts-Analyse: US-Fernsehen im Herbst 2012

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«Two and a Half Men» verliert seinen Montags-Sendeplatz; NBC erhöht seine «The Voice»-Dosis; ABC geht mit dem Drama-Neustart «Last Resort» Risiko: Wir überblicken und analysieren die wichtigen Programmentscheidungen zum Ende der Upfronts-Woche in den USA.

CBS


CBS verlegt den Sendeplatz von «Two and a Half Men»: Die Chuck-Lorre-Sitcom zeigt man nun donnerstags im Anschluss an den Quotenhit «The Big Bang Theory» – ein sehr kluger Schachzug, bedenkt man, dass die beiden Formate früher (in umgekehrter Startfolge) schon wunderbar harmonierten und dass bisher keine Sendung hinter «Big Bang» zum Erfolg wurde. CBS dürfte den Donnerstag mit dieser Programmierung nun klar dominieren. Allerdings reißt dies eine kleine Lücke am Montag, wo «Half Men» zuvor sendete – sollte hier die neue Comedy «Partners» (20.30 Uhr) floppen, dürften auch die 21-Uhr-Sitcoms in Mitleidenschaft gezogen werden. Dass CBS davon nicht ausgeht, zeigt das große Vertrauen in den letztjährigen Neustart «2 Broke Girls»: Dieser darf nun den vorherigen «Half Men»-Slot um 21 Uhr belegen.



Abseits davon bleibt das erfolgreiche Network bei seinen bewährten Programmstrecken und ergänzt punktuell neue Formate: So am Dienstag nach den beiden «NCIS»-Serien das Drama «Vegas» (22 Uhr), das angesichts geringer Konkurrenz zu guten Quoten verdammt ist – dank des erfolgreichen Vorprogramms ist dies aber auch realistisch, zumal die direkte Konkurrenz wie «Parenthood» und «Private Practice» ein weiblicheres Publikum ansprechen dürfte als das männlich orientierte «Vegas». Am Donnerstag darf um 22 Uhr die neue Sherlock-Holmes-Serie «Elementary» nach «Person of Interest» (21 Uhr) ran – letzteres dürfte vom neuen, oben angesprochenen Lead-In «Two and a Half Men» profitieren, was dann wiederum «Elementary» eine gute Starthilfe wäre.

NBC


Wichtigster Bestandteil des NBC-Programms bleibt die erfolgreiche Castingshow «The Voice» – die in Zukunft sogar noch wichtiger wird: Gleich zwei Staffeln im Herbst und Frühjahr plant man ein, die sich jeweils etwas unterscheiden sollen. Offenbar nimmt man dafür auch in Kauf, dass die Quoten der Show sinken werden – bei solch einer exzessiven Programmierung und dem weiterhin großen Angebot an konkurrierenden Castingshows ist dies zwangsweise der Fall. Wichtigster Serien-Neustart der Saison ist das dystopische Drama «Revolution», das auf dem dankbaren Sendeplatz nach «The Voice» am Montag ran darf. Mit «Revolution» setzt NBC wieder voll auf J. J. Abrams – trotz seiner jüngsten Misserfolge wie der abgesetzten FOX-Serie «Alcatraz» oder «Undercovers», dem großen NBC-Flop der TV-Saison 2010/11.



Dienstags – nach den Entscheidungsshows von «The Voice» um 20 Uhr – setzt man dagegen auf leichte Kost: Um 21 Uhr dürfen zwei neue Comedys ran, um 22 Uhr behält «Parenthood» seinen Sendeplatz – ein Vertrauenszeichen für die Serie. Der Comedy-Donnerstag bleibt erhalten, neuer Teil davon ist «Up All Night», das vorher mittwochs zu sehen war. Dass man donnerstags den 22-Uhr-Magazinflop «Rock Center» im Programm behält, dürfte die unverständlichste Upfronts-Entscheidung in diesem Jahr sein. Neu ist, dass NBC auch den Freitag mit Komödien eröffnet: Dann sind um 20 Uhr neue Staffeln von «Community» und «Whitney» zu sehen, die vom Donnerstag verschwinden. Insgesamt füllt der Sender nun fünf Stunden mit halbstündigen Comedys – dies sind zwei mehr als im vergangenen Herbst. Einziger weiterer Drama-Neustart in diesem Jahr (neben «Revolution») ist die Feuerwehr-Serie «Chicago Fire», die sich künftig am Mittwoch um 22 Uhr einen spannenden Kampf um die Zuschauer mit dem CBS-Veteran «CSI» und einem weiteren Neustart, ABCs Musiker-Serie «Nashville», liefern wird. Immerhin: Alle drei Serien grenzen sich inhaltlich stark voneinander ab – hier könnte entweder ein Überraschungshit entstehen oder «CSI» nochmal groß auftrumpfen.

ABC


Insgesamt zehn neue Serien hat ABC für die nächste TV-Saison in der Pipeline; gleich im Herbst starten zwei Drama-Formate auf wichtigen Sendeplätzen am Donnerstag und Sonntag: Der Thriller «Last Resort» eröffnet den Donnerstagabend und beerbt den Flop «Charlie’s Angels», der vergangenes Jahr keine Chance hatte – und «Last Resort» wird es ähnlich schwer haben, blickt man auf das Konkurrenzprogramm: Nicht nur die CBS-Hits «The Big Bang Theory» und (neu) auch «Two and a Half Men» senden parallel, sondern auch die Entscheidungssshows von «The X Factor» und «American Idol». Schließlich fängt «The Vampire Diaries» bei The CW ebenfalls einige junge Zuschauer ab. ABC kann mit «Last Resort» also nicht unbedingt einen Quotenhit erwarten.



Viel Vertrauen setzt man in das junge Drama «Revenge», das am Sonntag um 21 Uhr überraschenderweise die «Desperate Housewives» beerbt und nach dem erfolgreichen «Once Upon a Time» läuft. Gemeinsam mit dem Neustart «666 Park Ave» (SO, 22 Uhr) bildet ABC inhaltlich eine relativ kohärente Strecke, die für eine positive Quotenüberraschung sorgen könnte, da außer «The Good Wife» nicht allzu große Konkrrenz lauert. Abseits von diesem Tag fehlen aber kohärente Programmierungen: Wenig verständlich ist beispielsweise, warum «Grey’s Anatomy» und «Private Practice» donnerstags nicht mehr gemeinsam senden; freitags zeigt man zwei halbstündige Comedies zwischen einer Reality und einem Magazin; dienstags läuft nun die Entscheidungsshow von «Dancing with the Stars» vor zwei Sitcoms und dem angesprochenen Drama «Private Practice». Verständlich ist dagegen, eine neue Comedy nach dem ABC-Hit «Modern Family» zu programmieren – ein solch starkes Lead-In sollte man ausnutzen.

FOX


Mit dem Erfolg von «The Voice» hat NBC vergangenes Jahr der neuen FOX-Castingshow «The X Factor» einen Strich durch die Rechnung gemacht: Ihre Quoten lagen deutlich unter den Erwartungen, sodass die im Herbst startende zweite Staffel runderneuert wird – unter anderem mit Britney Spears als Jurorin. Auch der FOX-Hit «American Idol» verlor viele Millionen Zuschauer in der vergangenen Staffel – dennoch behält man die eigenen Castingshows am Mittwochabend im Programm, nun aber gleich komplett zweistündig: Im vergangenen Jahr hatte man noch erfolglos versucht, eine Sitcom um 21.30 Uhr nach «The X Factor» zu etablieren. Sinnvoll erscheint der Schritt, die Musical-Serie «Glee» endlich nach den Entscheidungsshows der Casting-Formate am Donnerstag zu programmieren – dies bringt aber auch die Verantwortung mit sich, dass «Glee» seine zuletzt stark gesunkenen Zuschauerzahlen wieder steigern muss.



Diese Verschiebung eröffnet zudem ein Risiko am Dienstag: Hier war «Glee» um 20 Uhr bisher erfolgreich und verhalf anfangs der Comedy «New Girl» zu guten Quoten. Nun scheint FOX auf diesem Sendeplatz – die «Voice»-Entscheidungsshows laufen in Konkurrenz – wenig zu erwarten: Um 20 Uhr zeigt man die ohnehin quotenschwache Comedy «Raising Hope» und den Neustart «Ben and Kate», bevor «New Girl» um 21 Uhr seinen angestammten Platz behalten darf. Am Montag gilt das gleiche für «Bones» um 20 Uhr; im Anschluss folgt «The Mob Doctor», das sich ein wenig als «House»-Ersatz liest: Denn in der neuen Serie hat eine Chirurgin auch ihre Schattenseiten – sie ist der Mafia verpflichtet. «The Mob Doctor» ist übrigens der einzige Drama-Neustart von FOX im Herbst, und FOX wird den Anspruch haben, dass diese Serie um 21 Uhr näher an Platz zwei hinter «The Voice» heranrückt: Denn nach der Verschiebung von «Two and a Half Men» ist die Chance groß wie lange nicht, den anderen Montags-Comedys bei CBS einige Zuschauer abzuknöpfen.

The CW


Oberflächlich mag das kleine Network The CW – angesichts vieler Serienflops und sinkender Quoten – jedes Jahr weniger Relevanz in der US-Fernsehlandschaft bekommen. Aber Fakt ist, dass The CW finanziell profitabel arbeitet: Zuletzt lag der Gewinn im dreistelligen Millionenbereich. Dass die Chefs dennoch mehr Potenzial sehen, lässt sich an der neuen Programmstruktur ablesen: Lediglich eine, nämlich die erfolgreichste CW-Sendung – «Vampire Diaries» – darf ihren Sendeplatz (DO, 20 Uhr) behalten, überall sonst wird rochiert. Den begehrten Platz nach «Vampire Diaries» erhält «The Beauty and the Beast», eine neue Crime-Serie mit Mystery-Elementen. Allerdings muss diese gegen die vielleicht stärkste Serienkonkurrenz antreten: Unter anderem laufen «Grey’s Anatomy», «The Office» und «Glee» im Gegenprogramm – The CW dürfte mit durchschnittlichen Quoten von «The Beauty and the Beast» also zufrieden sein.



Sehr viel Vertrauen setzt das Network in «Arrow», der als einziger CW-Neustart um 20 Uhr einen Abend eröffnen darf – nämlich am Mittwoch, direkt gegen die FOX-Castingshows wie «American Idol». «Arrow» ist eine Verfilmung der Geschichten um den Comiccharakter Green Arrow. Um 21 Uhr folgt mittwochs «Supernatural», das am Freitag um 21 Uhr durch «Nikita» ersetzt wird. «Nikita» bleibt damit auf dem Freitag, startet allerdings eine Stunde später nach «America’s Next Topmodel» – die Castingshow hat zuletzt schlechtere Quoten eingefahren und wird nun etwas aus der Schusslinie genommen. Vernünftig erscheint der Schritt, die Teen-Serien «90210» und «Gossip Girl» sowie den Neustart «Carrie Diaries» an einem Abend (Montag) zu bündeln. Am Dienstag erwartet The CW offenbar nicht mehr allzu viel: Das ohnehin bereits zuschauerschwache «Hart of Dixie» darf um 20 Uhr unter anderem gegen Entscheidungsshows von «The Voice» antreten, um 21 Uhr folgt das Teen-Medical-Drama «Emily Owens, M.D.», das dann etwas weniger Konkurrenz im Gegenprogramm hat.

Allgemein übrigens setzt sich auch in diesem Jahr ein sehr positiver Trend fort: Am Freitag programmieren alle Sender frisches Material, darunter sogar zwei komplette Serien-Neustarts. Zeiten, in denen die US-Zuschauer freitags viele Programme aus der Konserve bekommen, scheinen glücklicherweise wieder der Vergangenheit anzugehören. Und: Der allgemeine Trend zur Comedy geht weiter – gleich 29 komödiantische Serien starten im Herbst.

Auf der nächsten Seite: Die Programmtage und Serienduelle im Überblick.

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