Popcorn & Rollenwechsel

Tarantinos heiße Luft

von
«Lady Fiction»? «Pulp GaGa»? Quentin Tarantino kündigte an, Lady GaGa in einem seiner Filme als Auftragskillerin zu besetzen. Horror oder Geniestreich? Völlig egal, sagt unser Filmkolumnist.

Quentin Tarantino redet gerne und viel. Dem Kultregisseur von «Pulp Fiction» und «Inglourious Basterds» kann man auch sehr gut zuhören. Er ist ein wandelndes Popkultur- und Kinolexikon, das seinen Enthusiasmus für eine Sache verlustlos auf seine Zuhörer übertragen kann. Spricht Tarantino jedoch nicht über faszinierende Details des Alltags, cineastische Kuriositäten oder seine eigenen Filme, sondern über Pläne für zukünftige Projekte, dann ist Vorsicht geboten. Tarantino ist ein notorischer Traumtänzer, der jede Film- und Castingidee vollkommen energisch jedem dahergelaufenem Reporter vorschwärmt. Er spricht mit glühenden Augen in die Kamera und lässt gespitzte Bleistifte vorfreudig in ein Notizbuch kritzeln. Über die tatsächliche Umsetzung seiner Ideen macht er sich erst Monate später Gedanken. Wenn überhaupt. So verliefen sich bereits ungezählte Besetzungscoups und Filmprojekte im Sande. Und dies ist keine Eigenheit Tarantinos, sondern ein ansteckender Virus. Tarantinos bester Kumpel, die texanische Ein-Mann-Filmcrew Robert Rodriguez («Sin City», «Irgendwann in Mexiko») versprach seinen Fans mittlerweile dermaßen viele Filme, dass Texas seinen Himmel grau färben musste. Das Blau ist alle.

Der jüngste Gedankenblitz, der im sprunghaften Hirn des ehemaligen Videothekars Tarantino schon bald vergessen sein wird, ist folgender: Lady GaGa gäbe doch garantiert eine fantastische Auftragskillerin ab, nicht wahr?
Für welchen Film sich Tarantino (derzeit) die schräge Popsängerin wünscht, das bleibt allerdings im Unklaren. Sein nächster Film soll es sein, aber was Tarantino als nächstes vorhat wechselt munter von Woche zu Woche, von Interviewpartner zu Interviewpartner. Ein Western, nein, lieber ein Ritterfilm, ach was soll’s, ein Sklaven-Rachefilm oder wie Tarantino es nennt, ein “Südern”. Oder halt, nein, es wird doch der dritte Teil von «Kill Bill». Dort würde sich die Rolle einer Auftragskillerin immerhin anbieten. Und wenn Lady GaGa einer fitten Gegnerin gegenübersteht, dann segnet ihr Leinwand-Ich sogar das Zeitliche, bevor sie anfängt live zu singen. In diesem Falle würde das effekt-hascherische Casting nicht weiter vom eigentlichen Film ablenken.

Alternativ ließen sich die Gerüchte, Tarantino wolle einen 3D-Action-/Erotikfilm mit Britney Spears und Lindsay Lohan drehen wiederbeleben. Bedenkt man Lady GaGas Vorliebe für gleichermaßen extrovertierte wie freizügige Outfits, wäre sie ja eine ideale Darstellerin für ein derartiges cineastisches Vorhaben. Der Höhepunkt des Streifens wäre dann ein brutaler Katzenkampf zwischen Spears und GaGa, die sich um den Titel der künstlichsten Popblondine fetzen. Samuel L. Jackson spielt derweil im Hintergrund an seiner Drehorgel und spendiert der Gewinnerin einen “Royal mit Käse“. Die Verlieren wird von Antje aus Holland (gespielt von Lindsay Lohan) in einem Bottich Mayonnaise ersäuft, aber natürlich erst, nachdem sie von Uma Thurman in Scheibchen geschnibbelt wurde. Da es sich dabei um einen 3D-Softcore-Erotikfilm mit Actioneinlagen handeln soll, räkelt sich daraufhin noch irgendjemand lasziv am blankgeputzen Samuraischwert. In feinster Tarantino-Manier gibt’s während dieser sinnlichen Einlage in 95% der Kameraeinstellungen nur nackte Füße zu sehen. Wuppie!

So hätte es die Yellow Press sicher gerne. Aber wir wissen es ja ganz genau: Tarantino verspricht viel, wenn der Tag lang ist. Sobald er sich endlich daransetzt, tatsächlich einen Film zu machen, dann hat dieser mit den abstrusen Meldungen der Vergangenheit nichts gemein, sondern formiert sich zu einem kurzweiligen und cleveren Meisterwerk.

Eigentlich müsste man Tarantino dafür ein Denkmal setzen: Er liefert großartige Schlagzeilen mit komödiantischem Potential und gleichzeitig ganz großes Kino. Vielen gelingt bloß eines davon.

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