Hingeschaut

Christian Rach mit Strähnchen

von
Wir sahen das neue ProSieben-Coaching-Format und vergleichen es mit den Erfolgsformaten von RTL.

Der Weg zum Erfolg führt nur noch über das Klauen von anderen Formaten. Das zumindest scheint die gängige Meinung vieler Fernsehmacher zu sein. Nur so ist es zu erklären, dass immer mehr unmotivierte Kopien auf den Zuschauer losgelassen werden. Auf der Suche nach einem erfolgreichen Nachmittagsformat testet ProSieben seit Montag die Doku-Reihe «Die Salonretter – Waschen, Schneiden, Fönen».

Wie der einfallslose Titel der Sendung vermuten lässt, sollen mithilfe eines Fachmanns Friseurgeschäfte vor dem Ruin gerettet werden. Also ganz wie bei Rach, Zwegat und Co. – nur eben mit Friseuren. Und selbst diese Idee ist nicht neu, begann sie doch als Rubrik im abgesetzten ProSieben-Mittagsmagazin «SAM» und darf aus lauter Einfallslosigkeit der Programmverantwortlichen vorerst fünfmal als eigenständige Show ihr Glück versuchen.

Bisher hat RTL dank «Raus aus den Schulden», «Die Supernanny» und «Rach, der Restauranttester» das Monopol auf erfolgreiche Coaching-Formate. Es ist offenbar viel schwerer als man glaubt, eine gute Version zu kreieren. Dabei ist es eher zweitrangig welches Thema behandelt wird. Viel wichtiger ist die Auswahl des Coaches. Mit ihm oder ihr steht und fällt der Erfolg. Ein guter Coach braucht Profil, Charisma, Charakter und vor allem Authentizität. Er muss bei allem, was er tut glaubwürdig sein. Man muss als Zuschauer das Gefühl haben, dass der Coach die Sendung bestimmt und nicht die Sendung den Coach. Am Fehlen dieser Eigenschaften scheiterten schon «Hagen hilft!», «Familienhilfe mit Herz» und daran scheitern auch «Die Salonretter».

Die Macher entschieden sich für den selbsternannten Starfrisör Andreas Wendt als Coach. Das 26-jährige Bübchen mit blonden Strähnchen und Ed-Hardy-Shirts ist von der ersten Sekunde an unsympathisch. Er ist nicht liebenswert, schrullig wie ein Peter Zwegat oder sympathisch, ungelenk wie Christian Rach. Andreas Wendt ist arrogant und schnöselig. Er lässt jedes Feingefühl vermissen und ist sogar bockig wie ein kleines Kind als die Friseur-Inhaberin bei seinen Vorschlägen nicht sofort vor Freude an die Decke springt.

Während der Stunde Sendezeit spult er dann das obligatorische Coaching-Programm ab - Hygiene kontrollieren, Salon umgestalten und Kunden werben - bis endlich die glückliche Wiedereröffnung mit Sekt und Saft naht. Andreas Wendt konnte während der ersten Ausgabe nichts Neues präsentieren. Das hat man alles schon einmal gesehen und vor allem schon besser. Er versucht auch nicht einmal zu verheimlichen, dass er sowohl Christian Rach als auch Peter Zwegat kopiert. So redet er in bester Rach-Manier direkt in die Kamera und macht eine ausführliche Einnahmen-Ausgaben-Abwägung wie Zwegat. Nur zu einer großen Flipchart hat es offenbar nicht mehr gereicht.

Interessanterweise wurde nicht ein einziges Mal geprüft, wie gut die Friseurin Andrea eigentlich ist. Es könnte ja sein, dass der Salon allein an ihrem fehlenden Talent scheiterte. Denn abseits von Fototapeten, Schaufensterdekorationen und pastellfarbenen Servietten ist ein Friseur in erster Linie ein Dienstleistungsunternehmen. Die Kunden werden auch trotz netter Atmosphäre nicht wiederkommen, wenn sie nach dem Ende der Prozedur aussehen wie ein gerupftes Huhn. Selbst ein Christian Rach kostet bei seinen Missionen als erstes wie das Essen schmeckt.

Trotz aller Kritik ist das Format jedoch deutlich erträglicher als die allgegenwärtigen Fake-Dokus. Allerdings ist zu befürchten, dass sich die Idee sehr schnell abnutzen wird. Friseur-Läden zu retten mag als kurze Magazin-Rubrik oder einmal wöchentlich mit einer überschaubaren Staffellänge unterhaltsam sein, aber nicht als tägliche Sendung. Eine wirklich langfristige Ausstrahlung wird der Doku-Reihe selbst nach erfolgreichem Test daher kaum vergönnt sein.

Kurz-URL: qmde.de/39675
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