Popcorn & Rollenwechsel

Das Gute, das Üble und das Gleichgültige an einer Disney/Fox-Verschmelzung

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Aus sechs Hollywood-Majors mach fünf: The Walt Disney Company will Fox aufkaufen. Was das zu bedeuten hat …

Die Medienwelt verändert sich. Stetig. Doch das, was möglicherweise bald bevorsteht, wird sie enorm durchrütteln: Die Walt Disney Company wird rund 60 Milliarden Dollar ausgeben, um weite Teile des Konkurrenzunternehmens 21st Century Fox aufzukaufen. Medieninteressierte sind, seit diese Meldung aufkam, in Aufruhr. Vor allem aufgrund der Frage: Ja, wie finden wir das denn bitteschön? Also, lasst uns zumindest versuchen, nicht emotional-hitzköpfig, sondern abgekühlt-rational an die Sache zu gehen. Und vor allem, das gesamte Bild im Blick zu halten.

Ein Mediengigant schluckt große Teilen eines anderen – das ist doch zuallererst einmal raffgierig, oder?


Was nicht oft genug betont werden kann, schlicht, weil es in der Menge an Berichten, Spekulationen und Befürchtungen rund um Disneys Aufkauf zahlreicher Teilunternehmen von 21st Century Fox untergeht: Es ist keine feindliche Übernahme. Die Konzernführung von 21st Century Fox hat beschlossen, weite Teile des Unternehmens abzustoßen und fortan hauptsächlich im News-Business und in der Sportberichterstattung tätig zu bleiben. Die Initiative ging nicht von der Walt Disney Company aus, die nach dem Aufkauf der Pixar Animation Studios, von Marvel sowie von Lucasfilm unbedingt noch eine milliardenschwere Übernahme tätigen wollte. 21st Century Fox gab den Stein des Anstoßes und suchte interessierte Käufer.

Die Schwarz-Weiß-Zeichnung eines fiesen Aufkäufers und eines sich geschlagen gebenden Unternehmens greift hier also nicht. "Ja, aber nur weil 21st Century Fox verkaufen will, müssen die Raffgeier der Walt Disney Company doch nicht sofort zuschlagen", werden manche nun einwerfen. Und, ja, im luftleeren Raum gesprochen, liegen sie damit richtig. Die Geschäftsrealität sieht aber so aus: Wenn nicht Disney zuschlägt, dann ein anderer Käufer. Und vor diesem Hintergrund muss man sich vergegenwärtigen, weshalb 21st Century Fox überhaupt diesen Ausverkauf anleiert:

Umsatz diverser Medienunternehmen im Jahr 2016

  • Apple: 215,64 Milliarden Dollar
  • AT&T (Telekommunikationsbetreiber, im Inbegriff, Time Warner aufzukaufen, äußerte wiederholt Interesse, noch einen Konzern mit Hollywoodstudio zu schlucken): 163,8 Milliarden Dollar
  • Amazon: 135,99 Milliarden Dollar
  • Alphabet (Googles Mutterkonzern): 90,27 Milliarden Dollar
  • Comcast (Telekommunikationsbetreiber und Konzernmutter von u.a. CNBC, Universal Pictures und DreamWorks Animation): 80,4 Milliarden Dollar
  • Sony: 72,87 Milliarden Dollar
  • The Walt Disney Company: 55,63 Milliarden Dollar
  • Time Warner (Konzernmutter von u.a. CNN, HBO, DC und Warner Bros.): 29,32 Milliarden Dollar
  • 21st Century Fox: 27,33 Milliarden Dollar
Die Konzernführung von 21st Century Fox glaubt, dass durch die neuen Player im Mediengeschäft der Wirtschaftsmarkt erbitterter denn je ist und es in mittelfristiger Zukunft nur noch kleine, da spezialisierte oder gigantische Unternehmen geben wird – und Fox fürchtet, zu klein zu sein, um einen erfolgreichen Expansionskurs zu fahren. Google, Facebook, Apple haben dafür gesorgt, dass an diesem Pokertisch mit härteren Bandagen gekämpft wird.

Und während sich manche Unternehmen auf diesem Pokertisch entspannen können, da sie Unmengen an Chips auf Halde haben, muss Disney bereits klug taktieren. Und das, obwohl die Fox/Disney-Übernahmeberichte großen Gegenwind ernten, weil Disney doch schon riesig genug sei. Aber: Disney wirkt unter anderem deshalb so groß, weil Disney sehr prominente, medienwirksame Aufkäufe getätigt hat. Wenn Disney was kauft, berichten alle drüber. Daher scheint es so, als würde Disney dauernd Firmen schlucken – was auf Dauer unbedarften Beobachtenden unsympathisch erscheint.

Dabei ist es längst Geschäftsalltag, so viele kleinere Firmen zu schlucken – ProSiebenSat.1 fährt die "Friss oder stirb"-Wirtschaftstaktik beispielsweise viel aggressiver als Disney. Doch da Disney dank seines strahlenden Markennamens und seiner prominenten Position im Mediengeschehen stärker im Fokus steht und daher eh schon größer wirkt als so manch "anonymere" Konkurrenz, kommt es zu einer gewissen Differenz zwischen Wahrnehmung und Marktrealität.

Kurzum: Unter den Giganten ist Disney ein Zwerg. Wenn Fox Angst hat, zu klein zu sein, ist Disney nicht in weiter Ferne. AT&T verleibt sich derzeit Time Warner ein, Comcast ist seit Jahren in Kauflaune und Gerüchte, dass Apple Disney kaufen könnte, kamen es erst vor wenigen Monaten auf. Will Disney also nicht zerschlagen, aufgekauft oder auf langer Sicht niedergerungen werden, ist es weise, so eine Chance wie den Fox-Ausverkauf nicht verstreichen zu lassen. Und wer schon Disney für zu groß hält, wird wohl kaum wollen, dass ein noch größerer Konzern einen von Disneys Mitbewerbern oder gar Disney aufkauft …

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