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Bring mich an den Horizont: Disneys stürmischer Kurs durch die Karibik

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Ganz gleich, ob unter dem Titel «Fluch der Karibik» oder unter der «Pirates of the Caribbean»-Flagge: Die Disney/Bruckheimer-Saga über Piraten, Flüche und Chaos hat sich in die Popkultur gebrannt. Hinter den Kulissen wechselten sich für Käpt'n Jack Sparrow und Konsorten jedoch Windstillen und kräftige Böen ab – Quotenmeter.de blickt auf die fünfteilige Saga und diverse Stücke Seemannsgarn, die sich um ihre Produktion ranken.

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Alles wird größer, beim zweiten Mal


Ich habe eine Beckett-Theaterinszenierung abgesagt, um «Fluch der Karibik» zu drehen und wurde dafür von meinen Vertrauten angeprangert. Ich konnte nicht ahnen, dass ich mich in die Welt des Popcorns, Wagners, des mythologischen Expressionismus, der fein verwobenen textlichen Intensität und des wahrhaftig shakespearischen Vergnügens, die Weltlage zu offenbaren, begeben würde.
Geoffrey Rush über die «Pirates of the Caribbean»-Saga
Mittlerweile ist es bei Disney-Filmveröffentlichungen Standard: Das Titelwirrwarr auf dem deutschen Markt. Die Fortsetzung zu «Fluch der Karibik» war Mitte der 2000er-Jahre ein ungewollter Vorbote dieser von Filmfans regelmäßig mit Augenrollen begrüßten Tradition: In sehr frühen Presse- und Vertriebsmaterialien nannte Disney den Film «Schatz der Karibik», wohl darauf bauend, die Filmreihe in Deutschland als "Karibik"-Saga etablieren zu können. Dieser Arbeitstitel hielt nur kurze Zeit. Frühe Poster, die Disney letztlich aus den Kinos zurückziehen ließ, besonnen sich hingegen auf die Zugkraft des «Fluch der Karibik»-Titels und ließen ihn kurzerhand zum Übertitel werden, während ein Untertitel für Abgrenzung sorgen sollte: «Fluch der Karibik – Die Truhe des Todes». Bekanntlich gab Disney dann aber der US-Marke den Vorzug und ließ den deutschen Titel des Erstlings zwecks Orientierung für das in der Materie weniger bewanderte Publikum stehen – geboren wurde der Filmtitel «Pirates of the Caribbean – Fluch der Karibik 2».

Mit solchen eher mickrigen Problemen hätten sich die Filmemacher wohl gerne rumgeschlagen. Denn trotz eines gegenüber dem ersten Teil enorm gestiegenen Budgets gab es weiterhin Ecken und Kanten, an denen man sparen wollte – nur um dabei vom Pech verfolgt zu werden. So plante man, ein Schiff für eine der Kraken-Actionszenen kontrolliert entzwei zu brechen und dann mit etwas Überarbeitung an anderer Stelle wiederzuverwenden. Ein heftiges Unwetter zerstörte die Schiffsreste nach dem Dreh der Krakenattacke allerdings so sehr, dass eine sechsstellige Summe ausgegeben werden musste, um die Schiffsruine wieder zu reparieren.

Ein glückreicherer Fall von Extraausgaben, um Zeit und Mühen zu sparen: Beim Dreh des ersten Films war die Black Pearl nur ein Set, das auf einem Frachtschiff erbaut wurde und daher bloß aus bestimmten Winkeln wie eine authentische Galeone aussah – Szenen, die das gesamte Schiff zeigen, wurden mittels digitaler Tricks erstellt. Für die Fortsetzungen verlangte Verbinski ein rundum in der Black-Pearl-Optik erbautes Schiff, weil dies die Glaubwürdigkeit erhöhen und die eh stressige Postproduktion etwas entlasten wurde. Diesem Willen wurde stattgegeben – und unter Deck der auf einem motorgesteuerten Schiffs erbauten Black Pearl wurden funktionierende Waschräume (statt mobiler Toiletten wie beim ersten Film), Make-up und Hairstyling-Stationen sowie klimaanlagegesteuerte Abkühlzonen errichtet, um den Dreh auf See effizienter und angenehmer zu gestalten.

Die höheren finanziellen Mittel und die größere Vorbereitungszeit, die Gore Verbinski dieses Mal zur Verfügung gestellt wurden, nutzte der Regisseur aber auch für Spielereien: Die Autoren Ted Elliott & Terry Rossio verrieten Verbinski in der Vorproduktionsphase, dass sie seit Jahren versuchen, in einen ihrer Realfilme eine Szene zu mogeln, in der sich der Schurke auf einem Pferd sitzend via Boot einem Strand nähert. Diese Szene sei jedoch stets sofort verworfen worden, weil sie zu kompliziert vorzubereiten und zu teuer für so einen kurzen Anblick sei. Verbinski aber versprach dem Duo, diese Sequenz in «Die Truhe des Todes» einzubauen – auch gegen das Anraten des Studios. Verbinski erachtete dies als Freundschaftsdienst sowie als eindringliches Bild, das die Arroganz und Großkotzigkeit des piekfeinen Lord Cutler Beckett etabliert, der auf diese Weise den Film betritt.


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