Die Kritiker

«Polizeiruf 110 - Dünnes Eis»

von

"Dünnes Eis" kann sich nicht so recht für ein Genre entscheiden, erzählt überambitioniert und fahrig. Gelungen ist hingegen die starke Besetzung der Episodenrollen.

Cast & Crew

Vor der Kamera:
Claudia Michelsen als Hauptkommissarin Doreen Brasch
Matthias Matschke als Hauptkommissar Dirk Köhler
Felix Vörtler als Krimialrat Uwe Lemp
Christina Große als Anja Peelitz
Eckhard Preuß als Jost Liebig
Lucie Hollmann als Kim Peelitz
Rüdiger Klink als Roman Breitkreiz

Hinter der Kamera:
Produktion: Filmpool Fiction GmbH
Drehbuch: Eoin Moore und Anika Wangard
Regie: Jochen Alexander Freydank
Kamera: Peter Nix
Produzentin: Iris Kiefer
Die 23-jährige Kim Peelitz (Lucie Hollmann) ist kein typisches Entführungsopfer. Getreu den Gepflogenheiten in einer unscheinbaren Reihenhaussiedlung der unteren Mittelschicht lebt sie mit ihrer Mutter Anja (Christina Große) zusammen, einer alleinstehenden Altenpflegerin, deren Ex-Mann Jost Liebig (Eckhard Preuß) zwei Jahre wegen Erpressung gesessen ist. Kims leiblicher Vater ist vor vielen Jahren bei einem Autounfall tödlich verunglückt.

Trotzdem melden sich bei Anja Peelitz bald Entführer ihrer Tochter und fordern einhunderttausend Euro Lösegeld – eine Summe, die die Familie auf den ersten Blick im Leben nicht aufbringen könnte. Entgegen der Anweisung der Kidnapper wendet sie sich an die Polizei, was Doreen Brasch (Claudia Michelsen) und ihren Kollegen Dirk Köhler (Matthias Matschke) auf den Plan ruft.

Brasch und Köhler müssen lange bohren, bis sie auf plausible Szenarien stoßen und Mutter Anja reinen Tisch macht: Vor kurzem habe sie geerbt, sagt sie. Genau einhunderttausend Euro, die nun in einem Schließfach bei der Bank liegen. Erzählt habe sie von dem Erbe niemanden, und auch ihrer Tochter strengstens verboten, es an die große Glocke zu hängen. Ganz dichtgehalten hat sie nicht: Ihr Stiefvater, mit dem sie hinter dem Rücken der Mutter Kontakt hielt, und ihre beste Freundin sind im Bilde. Das schafft erst einmal ein paar Verdächtige, an denen sich Brasch und Köhler abarbeiten und ihre verschiedenen Kommunikationsstile ausprobieren dürfen: Während Köhler auf Empathie setzt, geht Brasch gerne in die Konfrontation.

Das war es dann aber auch schon mit den offensichtlichen Gegensätzen dieses Ermittlerduos. Trotzdem fangen sie ständig Streit miteinander an. Sie schreien durch die Sitzungssäle, werfen einander missgünstige Blicke zu und etablieren eine omnipräsente Grundspannung, die allerdings allein im Sinne der Dramaturgie zu sein scheint. Will sagen: Der eigentliche Stoff ist zu schwach, um als Basis für einen gelungenen Krimi herhalten zu können. Deswegen müssen auf allen möglichen Nebenschauplätzen weitere Konflikte etabliert werden.

Dieses mangelhafte Vertrauen in den Stoff ist nicht unbegründet. „Dünnes Eis“, schon ein ziemlich nichtssagend-ambivalenter Titel, mäandriert sich eineinhalb Stunden von Genre zu Genre und Plot zu Plot, ohne einen einnehmenden, interessanten Rahmen zu finden oder ein kohärentes Ganzes zu schaffen: Der Film beginnt als Entführungsthriller, wandelt sich dann zu einem Täter suchenden Whodunnit, bevor er im letzten Drittel Anklänge an ein tiefenpsychologisches Familiendrama sucht. Das wirkt stilistisch wie narrativ unentschlossen, und verhindert gleichzeitig, dass der Zuschauer in die Geschichte hineinfindet.

Was die Probleme dieses narrativ überambitionierten – und mitunter daran gescheiterten – Krimis noch verschärft, sind die zu reißerischen Erzählmittel, die am Schluss als alberne Trickserei aufgelöst werden. Denn in der Eröffnung hasten Anja Peelitz und Hauptkommissarin Brasch zu einer Frauenleiche am Ufer der Elbe, wobei uns „Dünnes Eis“ im anstehenden Großteil des Films, erzählt als einziger langer Flashback, ein bisschen im Glauben lassen will, dass es sich um die entführte Kim handelt. Das ist natürlich sehr gewollt und wird noch dazu unangenehm theatralisch inszeniert wird.

Immerhin offenbart sich der Film – besonders in den Episodenrollen – als stärker gespielt als geschrieben: Christina Große verleiht ihrer Anja Peelitz eine psychologische Komplexität, die sich ohne ihr engagiertes Zutun wohl nur erahnen ließe, während Lucie Hollmann die vielschichtige Ambivalenz ihrer Figur gekonnt darstellen kann, ohne sie pathetisch überreizen zu müssen. Dadurch schaffen sie einige ehrliche, einnehmende Momente. Zu wenig allerdings, um die Kuh vom dünnen Eis zu holen.

Das Erste zeigt «Polizeiruf 110 – Dünnes Eis» am Sonntag, den 12. Februar um 20.15 Uhr.

Kurz-URL: qmde.de/91163
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