360 Grad

America Needs a Hero

von

Bernie Sanders ist eine coole Sau und Hillary Clinton schmiert sich vergeblich an junge Wähler ran. Der demokratische Vorwahlkampf im Spiegel der amerikanischen Popkultur.

Manchmal findet man die treffendsten und eingängigsten Polit-Analysen nicht bei den Pundits oder in den Kommentarspalten von Journalisten. Sondern in den Late-Night-Shows oder den einschlägigen Meme-Seiten.

Ein aktuelles Beispiel: Die großen Probleme, die Hillary Clinton bei jungen demokratischen Wählern hat, die laut bisherigen Wahlergebnissen und aktuellen Umfragen scharenweise zum einnehmenden – und wesentlich authentischeren – Kandidaten Bernie Sanders übergelaufen sind.

«SNL» veranlasste das letzten Samstag zu einem herrlichen Sketch, in dem eine von Kate McKinnon gespielte Clinton junge Sanders-Wähler mit einer Interpretation des Herzschmerz-Klassikers „I Can’t Make You Love Me“ umtänzelt – um am Schluss, angesichts der für sie äußerst positiven Prognosen in den Südstaaten, die Bassgitarre auszupacken.

Bernie Sanders hat bei jungen Wählern einen Nerv getroffen. Besonders bei denen mit hohem Bildungsstand, die Angst haben, den Rest ihres Lebens horrende Studienkredite zurückzahlen zu müssen, und im skandinavischen Modell des Wohlfahrtsstaates eher ein Vorbild denn den Untergang Amerikas sehen. Eine Show wie «Saturday Night Live», die es geschafft hat, über 40 (!) Jahre lang am Puls der Zeit gerade der jungen Amerikaner zu sein, weiß das natürlich – und kann das mit einer dezidierten (komödiantischen) Haltung auch bedienen.

Es ist erstaunlich, dass ein 74-jähriger (provinzieller) Neuengländer so wesentlich „jünger“ wirkt als seine fünf Jahre jüngere New Yorker Gegenkandidatin. Der Schlüssel dazu liegt nicht nur in der Beständigkeit und damit Glaubwürdigkeit von Sanders‘ Positionen – Er fordert seit Jahrzehnten eine umfassende Gesundheitsreform, fairere Studienbedingungen und eine allumfassende Gleichstellung der LGBT-Community – sondern auch in seiner Authentizität, mit der er die Sorgen seiner jungen Wählerschaft wahrnimmt und damit eine gewisse Coolness ausstrahlt, mit der Clinton, die – so zumindest ihr Image – machtbesessener und in ihren politischen Positionen bekanntlich wesentlich unbeständiger ist, nicht mithalten kann. Das spiegelt sich vor allem in diesen bekannten Memes wider, die Sanders als einen intelligenten, cool-authentischen Typen zeichnen und Clinton als eine kalte Politikerin, die den Stil ihrer jungen Wähler krampfhaft zu imitieren versucht, um Sympathien bei ihnen zu gewinnen – und damit völlig scheitert.

Clintons Credo an ihre junge Wähler ist indes eindeutig: “Even if they are not supporting me now, I support them.“ Oder wie Stephen Colbert diese Taktik nennt: Disappointed Mom. Darauf ein Bernie Sandwich.

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