Die Kritiker

«Tatort - Ätzend»

von

Eine zersetzte Leiche auf der Baustelle. Der Versuch, horizontal zu erzählen. Und jede Menge gestelzte Dialoge. Der neue «Tatort» aus der Hauptstadt ist im Mittelmaß angekommen.

Cast & Crew

Vor der Kamera:
Meret Becker als Nina Rubin
Mark Waschke als Robert Karow
Husam Chadat als Saed Merizadi
Elmira Rafizadeh als Layla Merizadi
Tan Julius Ipekkaya als Arash Merizadi
Stephanie Amarell als Ira
Carolyn Genzkow als Anna Feil

Hinter der Kamera:
Produktion: Wiedemann & Berg Television
Drehbuch: Stephan Wagner und Mark Monheim
Regie: Dror Zahavi
Kamera: Gero Steffen
In Berlin wird gerade viel gebaut. Wohnungsnot, Gentrifizierung, Verdrängung der Einkommensschwachen aus dem Zentrum und so. Eine Diskussion, in der gerne plakativ „Wem gehört die Stadt?" gefragt wird – und die natürlich auch keinen schlechten Hintergrund für einen Berliner «Tatort» liefert.

Die Leiche wird diese Woche also auf einer Großbaustelle gefunden, auf der von polnischen und ukrainischen Arbeitern, die zu mickrigen Löhnen von Sub-Subunternehmen rangekarrt wurden, Luxuswohnungen hochgezogen werden. Der Tote ist in einem Fass mit Schwefelsäure untergebracht, doch das Gebräu war dilettantisch zusammengemischt, sodass man ihn doch noch identifizieren konnte. Vor allem an seinem gut erhaltenen Herzschrittmacher.

Vor vielen Jahren war das Gerät einem iranischen Einwanderer namens Merizadi implantiert worden. Als Nina Rubin und Robert Karow schließlich einen Saed Merizadi finden, stellen die beiden schnell fest, dass der Mann nie eine Operation am offenen Herzen hatte. Stattdessen kommt ans Licht, dass der Mann seit Jahren unter der Identität seines toten Bruders lebt. Der Grund: Der tote Bruder hatte einen legalen Aufenthaltsstatus in der Bundesrepublik, während Saed Merizadis Visum schon lange abgelaufen ist. Das seiner hochschwangeren Frau und seines jugendlichen Sohnes, mit denen er in der Wohnung seines verstorbenen Bruders haust, ebenso. Den Mord an ihm bestreitet er vehement.

„Ätzend“ ist kein großes Sozialdrama geworden. Zum Glück. Ein wirkliches Zentrum hat die Geschichte aber ebenso wenig. Der seltsame Fall um den toten Merizadi ist auf konfuse Art verbunden mit dem Rätsel um den toten Ex-Partner von Karow. Sie erinnern sich: Diesen Bogen will der Berliner «Tatort» über seine ersten vier Folgen spannen.

Wirklich näher in Richtung Lösung bringt uns „Ätzend“ dabei nicht. Und sowohl dieser Bogen als auch der Fall der Woche wirken eher runtergeleiert als ambitioniert erzählt. Das Drehbuch ist voller aufgesagter Sätzchen, die bei Meret Becker und Mark Waschke diesmal auch leider deutlich aufgesagter klingen als noch in der ersten Folge. Die war vielleicht auch nicht der Innovation letzter Schluss, zeigte aber ein paar kluge Kniffe und interessante Ansätze. Das Pulver scheint jedoch schon weitgehend verschossen. Das Mysterium um Karows (mutmaßlich) ermordeten Kollegen wirkt beliebig und abgenutzt. Dit kennen wa schon, wa?

Und so wird mit viel aufgesetztem Gegucke allerorten betont, dass Nina ihrem geheimniskrämerischen neuen Kollegen Karow nicht so ganz über den Weg traut. Und Karow wiederum hampelt sich durch gestelzt-süffisante Dialoge mit einer attraktiven, aber noch etwas unerfahrenen, deutlich jüngeren Kollegin, wenn er nicht bei der Gerichtsmedizinerin gönnerhaft-haarspalterisches Getue („Reine Spekulation“ – „Nein, begründete Vermutung“) von sich gibt.

Während Nina Rubin noch mit durchaus ernsten privaten Problemen zu kämpfen hat, wird Karow ein metrosexuelles Abziehbildchen, das vor allem ein bisschen jungenhaft-verdruckst gucken soll, weil man das für attraktiv hält.

Dieser «Tatort» atmet die Mittelmäßigkeit. Der Plot ist recht sinnig, die Dialoge klingen bemüht (und dadurch aufgesetzt), die Darsteller spielen ordentlich, aber glänzen nicht. Business as usual, alles ganz ok, aber nichts richtig gut, geschweige denn mitreißend.

Und wenn es ein Attribut gibt, das nicht zu Berlin passt, dann ja wohl genau das.

Das Erste zeigt «Tatort – Ätzend» am Sonntag, den 15. November um 20.15 Uhr.

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