Sonntagsfragen

Lester Mordue: 'Intelligentes Entertainment ist in Europa verbreiteter'

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Wir sprachen mit dem Leiter der PromaxBDA Europe Conference für Design, Marketing und Promotion über herausragende Medienprodukte, die Herausforderungen der Branche und die Unterschiede zwischen den USA und Europa.

Zur Person: Lester Mordue

Der Londoner Lester Mordue ist Leiter der PromaxBDA-Konferenz in Europa. Nach einem Abschluss in Journalismus am London College of Printing, arbeitete er zwischen 1994 und 2003 unter anderem als Head of Programming bei MTV, ab Dezember 2003 engagierte er sich als Head of Music Channels bei BSkyB, bevor er 2004 als Creative Director zu Discovery wechselte. Es folgten weitere Engagements, darunter seine fast zweieinhalbjährige Arbeit als Creative Director für Walt Disney, bevor er im September 2014 seinen aktuellen Job antrat.
Mr. Mordue, Sie sind der Leiter der PromaxBDA Europe Conference, die besondere Leistungen in Design, Marketing und Promotion auszeichnet. Geben Sie unseren Lesern bitte eine kurze Beschreibung davon, wie die Award-Gewinner ausgezeichnet werden.
Nun, wir fragen nach Einreichungen, die Personen und Unternehmen in den Wettbewerb verschiedener Kategorien einsenden können. Alle Kategorien wurden vergangenen Herbst veröffentlicht. Wie es bei herkömmlichen Preisverleihungen ist, wo zum Beispiel Awards für “Best Actor”, “Best Director” und sonstiges verliehen werden, so läuft es auch bei uns ab. Bei den Promax-Awards werden jedoch Auszeichnungen für “Best Promo”, “Best Animation”, “Best Use of Sound” und solche Dinge verliehen. Interessierte sehen sich diese Kategorien an und treten dort an, wo sie denken, dass sie Promax-Gold gewinnen können. Diesjährigen Januar haben wir alle Eintragungen gesammelt, die bis zum Jahresende eingereicht wurden – das waren so um die 2000, was natürlich eine Menge zum Anschauen war (lacht). Später mussten wir die besten Regisseure, die besten Leute im Animations-Bereich, die besten Cutter, die besten Marketing-Leute und die besten Produzenten rekrutieren, damit sie die Finalisten bewerten.

Wir haben die Arbeit in drei europäische Territorien aufgeteilt, denn wir wollten die europäischen Einreichungen so fair wie möglich behandeln und sichergehen, dass der Wettbewerb in Bezug auf die verschiedenen Geschmäcker und verschiedenen Fähigkeiten, die uns aus den Regionen vorlagen, ausbalanciert ist. Eine Gruppe saß in London und sah sich einige der Arbeiten an, eine andere Gruppe in München sah sich weitere Produkte in den Büros von ProSiebenan und eine dritte Gruppe tat das gleiche bei Sky Italia in Mailand. Es befanden sich je zwölf Personen in einem Raum und an jeder Location gab es zwei Räume dafür. Daraufhin entschieden sie, welche Einreichungen zum allerletzten “Final Look” in Amsterdam geschickt werden sollten, der eine Woche spatter vonstatten ging.

In London kamen zum Beispiel Leute aus der Schweiz, aus Deutschland, Frankreich, Schweden, Großbritannien und den Niederlanden. Das gleiche galt für die anderen Locations. Es war jeweils ein wirklich balancierter Mix von Leuten, die aus allen europäischen Territorien stammen. Als wir dann erstmal in Amsterdam waren, hatten wir nur noch eine recht kurze Liste, die wir abarbeiten mussten – das waren die Finalisten. Ich arbeite nun schon seit etwa 20 Jahren im Fernsehgeschäft, daher wusste ich, wo ich die besten Juroren zur Bewertung finden konnte. Die Entscheidungen der Juroren werden schließlich am Dienstagabend, dem 24.März, bekannt gegeben.

Hört sich nach einem komplizierten Verfahren an.
Das stimmt, es ist ziemlich kompliziert. Aber ich finde, es ist sehr wichtig, dass wir die Entscheidung nicht allen Internetnutzern in Form von Online-Abstimmungen überließen und dass wir nicht die Territorien für sich alleine abstimmen ließen. Europa ist zwar ein großes Ganzes, aber innerhalb dessen sind wir sehr unterschiedlich. Diese Balance an Juroren unterschiedlicher Herkunft war von großer Bedeutung, sonst wären wir zu völlig anderen Ergebnissen gekommen. Es war zwar kompliziert und zeitaufwendig, aber ich denke, das war es wert.

Welche Eigenschaften muss ein Produkt vereinen, um einen Promax-Award zu gewinnen?

Die Konferenz

Quotenmeter.de mit offizieller Medienpartner der PromaxBDA Konferenz, die am Montag und Dienstag in Berlin stattfindet. Kommende Woche finden Sie ausführliche Hintergrundstorys und Berichte über die Ereignisse in der Hauptstadt.
Sie werden in jeder Kategorie anhand zweier Ebenen bewertet. Eine Ebene bezieht sich auf die kreative und künstlerische Leistung. Dabei werden Personen mit Produkten ausgezeichnet, die entweder wunderschön sind, die es schafften außerordentlich viel Aufmerksamkeit zu erregen oder die etwas abbilden, was man noch nie zuvor gesehen hat. Sollte dieses Produkt künstlerisch oder designtechnisch herausragen, wird es in diesem Bereich eine hohe Punktzahl bekommen. Die andere Kategorie bezieht sich auf die Nachricht des Produkts und ihre Marketingleistung. Jeder Juror hat ein iPad, das auf der linken Seite eine rote Leiste zeigt und auf der rechten Seite eine grüne. 50 Punkte ist die höchste Punktzahl, die ein Produkt in beiden Kategorien erreichen kann und die Jury bewertet Design und Marketing getrennt voneinander.

Dieses Bewertungssystem wird unserer Branche gerecht, denn zum einen muss ein Produkt die Konsumenten unterhalten und beeindrucken, zum anderen muss die Nachricht vom Konsumenten verstanden werden. Man wird sehr oft, ob im Kino, Fernsehen oder online, mit verschiedenen Werbemessages konfrontiert, einige prägt man sich jedoch besser ein als andere. Warum ist das so? Manche Produkte sind toll designt, aber nicht verständlich. Man sagt sich: „Das sah wirklich toll aus. Aber um was ging es eigentlich?“

Ein solches Produkt würde eine Null beim Marketing bekommen, aber eine hohe Punktzahl in puncto Design. Wenn man in beiden Kategorien eine hohe Punktzahl erreicht, dann hat man die magische Formel gefunden, nach der jeder sucht. Player in dieser Branche wollen, dass Leute über ihr Produkt reden und sich daran erinnern – sie wollen Leute an ihrem Produkt teilhaben lassen. In der heutigen Gesellschaft ist diese Teilhabe und die Präsenz auf allen medialen Plattformen ungemein wichtig. Wir leben in einer Zeit, in der wir mehr Botschaften erhalten als jemals zuvor, deshalb war es noch nie so wichtig zu verstehen, was eine gute Botschaft ausmacht. Das wirkt sich positiv auf deine Macht und den Respekt aus, die einer Marke zuteilwerden, auf der anderen Seite macht es dein Unternehmen erreichbar und begehrenswert. Menschen müssen hören wollen, was du ihnen zu sagen hast. Das ist eine sehr schwierige Aufgabe.

Welches Medienprodukt hat in der Vergangenheit diesbezüglich Ihrer Meinung nach alles richtig gemacht?
Man kann die Macht guter Markenbildung und guter Nachrichtenvermittlung nicht leugnen. Schauen Sie sich eine Marke wie Apple an, zum Beispiel. Apple ist wohl eine der am meisten respektierten Marken zurzeit und auch eine der erfolgreichsten. Das gleiche gilt für Disney. Eines der beiden Unternehmen existiert bereits seit 75 Jahren, das andere nur etwa 20 bis 30 Jahre. Das ist interessant, weil beide Unternehmen unterschiedliche Wege nutzen, um ihre Produkte zu bewerben. Apple bewirbt die Nutzung verschiedenster Produkte – sehr einfach, sehr direkt und toll designed. Ihre Produkte sind toll anzuschauen und vermitteln eine meist sehr menschliche Botschaft, sie geben dir sehr einfache Informationen und trotzdem sind ihre Computer und andere Gerätschaften eigentlich recht kompliziert. Normalerweise sind das an sich keine Dinge, die du wirklich begehrst in deinem Leben zu haben, sie lassen sie jedoch so großartig aussehen, dass du sie doch in deinem Leben willst. Es ist die Kraft des Marketings und des Designs. Wenn man ein Apple-Geschäft betritt, drängen sie nicht, dir ihre Produkte näher zu bringen, aber es sieht alles sehr einfach aus. Apple ist sehr bewandert darin, zu wissen, was Menschen wollen. Letzten Endes sind solche Technologien dazu da, um das Leben einfacher und angenehmer zu machen – davon haben sie ein gutes Verständnis.

Ist es heutzutage überhaupt möglich, dass beispielsweise Fernsehserien Erfolg haben, deren Marketing und Design schlecht sind? Oder andersherum: Ist es möglich, dass qualitativ schwache Formate Erfolg haben, wenn sie gute Marketing-Strategien anwenden oder ein tolles Design haben?
Ich habe bereits für Discovery, Sky und Disney gearbeitet und ich weiß, dass die Kraft einer guten Marketingkampagne noch immer das beste Mittel darstellt, um ein Produkt zu bewerben. Social Media spielt dabei eine wichtige Rolle, allerdings ist das auch etwas, das man nur schwer kontrollieren kann - dort liegt die Macht noch beim Volk. Hoffentlich wird das noch lange so sein, denn die Leute werden letzten Endes selbst entscheiden können, ob sie etwas mögen oder nicht. Ich denke es gibt und wird immer eine Menge Beispiele für erfolgreiche Fernsehserien mit einer guten Werbestrategie geben.

Leute wollen immer, immer, immer einen guten Charakter und eine gute Story. Das ist ein Evergreen und wird sich immer halten. Disney kann dir davon ein Lied singen. Sie wissen, dass ein guter Charakter und eine gute Geschichte die Grundpfeiler ihres Unternehmens sind. Warum kaufte Walt Disney zu seinen Lebzeiten so viele Geschichten? Er zog los und verhandelte über Geschichten wie „Cinderella“ und all die anderen Stories, die das Potenzial hatten, zu globalen Hits zu werden.
Lester Mordue
Julian Fellowes wird auf der Konferenz über ein Format mit dem Namen «Downton Abbey» reden. Vor nicht allzu langer Zeit hätten die Leute gesagt: „Du willst eine Show namens «Downton Abbey» über ein komisches englisches Haus entwickeln, in dem unten die Diener leben und oben die Reichen? Und du denkst, die Leute werden wöchentlich eine Stunde dafür aufwenden, sich das anzuschauen?“ (lacht) Vor ein paar Jahren hätte man dich dafür ausgelacht, wenn du ihnen erzählt hättest, dass so etwas ein weltweiter Hit werden wird. Damals dachte man, die Leute wollen nur Dinge sehen, zu denen sie sofort und immer Zugang haben, das sie auf YouTube oder woanders anschauen können und nicht ein Format, das eine Geschichte langsam und geduldig erzählt. Diese Personen haben das Wesentliche nicht begriffen. Leute wollen immer, immer, immer einen guten Charakter und eine gute Story. Das ist ein Evergreen und wird sich immer halten. Disney kann dir davon ein Lied singen. Sie wissen, dass ein guter Charakter und eine gute Geschichte die Grundpfeiler ihres Unternehmens sind. Warum kaufte Walt Disney zu seinen Lebzeiten so viele Geschichten? Er zog los und verhandelte über Geschichten wie „Cinderella“ und all die anderen Stories, die das Potenzial hatten, zu globalen Hits zu werden. Darauf haben sie ein Geschäft aufgebaut. Sie haben erkannt, dass Leute immer am Leben anderer und ihren guten Geschichten interessiert sein werden. Solange man so etwas anständig bewirbt und solange man eine Strategie anwendet, die den Leuten eine Geschichte zugänglich macht und sie relevant werden lässt, wird man Erfolg haben.

Leute wollen unterhalten werden. Besonders hier im Vereinigten Königreich gibt es eine Menge Live-Shows und eine Menge an Samstagabend-Shows, die sich sehr gut schlagen, weil sie von den Geschichten anderer Menschen erzählen, die beispielsweise lernen zu singen. Sie ziehen 15 bis 20 Millionen Zuschauer an – das sind großartige Zahlen. Viele Menschen sagen: „Fernsehen ist tot“ oder „Fernsehen ist nicht mehr das, was es mal war“ und so weiter. Ich glaube das nicht wirklich, denn wenn man sich die Zahlen anschaut, sieht man dass die Leute sich immer noch Fernsehen anschauen, wenn sie Lust dazu haben. Nicht mehr nur linear, sondern vielleicht online oder aufgezeichnet. Es ist nicht so, dass sich die Menschen vom Fernsehen abwenden, sie bekommen lediglich mehr Möglichkeiten, wo sie etwas anschauen und was sie wollen. In der Werbung geht es nun darum, sich nicht mehr nur auf das Fernsehen zu beschränken, sondern auch online eine Präsenz zu haben sowie eine Social Media- oder eine Radio-Strategie – einfach auf allen Plattformen, die wir kennen. Wir erinnern uns, wie vor einiger Zeit viele Menschen sagten, dass bald keiner mehr Zeitungen liest, da das Radio erfunden wurde. Als dann der Fernseher populär wurde, prophezeite man, dass niemand mehr Radio hören werde. Später sagte man: „Niemand wird sich mehr für das Fernsehen interessieren, wir haben jetzt das Internet!“ (lacht) Das ist Quatsch.

Lasst euch von solchen Diskussionen keine Angst einjagen. Meine Kinder, meine Frau, alle meine Freunde und ich hören immer noch Radio, lesen noch immer Zeitungen, schauen noch immer Fernsehen und gehen online. Der Inhalt bleibt der gleiche, es kommt immer nur auf die Geschichte, ihre Charaktere und deren Promotion an.

Lesen Sie auf der nächsten Seite Lester Mordues Meinungen über die Wichtigkeit des Informationenaustauschs in der Branche, die Unterschiede zwischen den USA und Deutschland und die wichtigsten Tipps für Erfolg in Marketing, Promotion und Design

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