Die Kino-Kritiker

«Focus»

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Findet Superstar Will Smith nach dem «After Earth»-Reinfall als gerissener Betrüger zu alter Stärke zurück?

Filmfacts «Focus»

  • Kinostart: 5. März 2015
  • Genre: Thriller/Komödie/Romanze
  • FSK: 12
  • Laufzeit: 105 Min.
  • Regie: Glenn Ficarra, John Requa
  • Drehbuch: Glenn Ficarra, John Requa
  • Darsteller: Will Smith, Margot Robbie, Rodrigo Santoro, Gerald McRaney, Adrian Martinez, B.D. Wong
  • OT: Focus (USA 2015)
Es ist noch gar nicht allzu lange her, da war Hollywood-Star Will Smith ein absoluter Garant für klingelnde Kassen und fast durchweg mindestens solide Popcorn-Unterhaltung. Nach seinem kultigen Fernseherfolg als «Prinz von Bel-Air» und durch die Decke gehenden Blockbuster-Hits wie «Independence Day» oder «Men in Black» konnte er mit seinen Hauptrollen in «Ali» und «Das Streben nach Glück» nicht nur als ernstzunehmender Darsteller endgültig fußfassen, sondern auch zwei Oscar-Nominierungen einheimsen. Doch die vierjährige Schauspielpause, die Smith ab dem Jahr 2008 einlegte, sollte ihm weit weniger Glück bringen. Das energische Vorantreiben der Karrieren seiner beiden Kinder Jaden und Willow sowie gelegentliche Sympathie-Bekundungen für die Sekte Scientology kratzten zunehmend am Image des locker-flapsigen Superstars.

Während sein akzeptables Comeback mit «Men in Black 3» noch vom Aufwind durch die beiden vorherigen Teile der Reihe zehren konnte, markierte schließlich die abstruse Sci-Fi-Gurke «After Earth» im Jahr 2013 den bisherigen Tiefpunkt in Smiths Karriere. Unter der Führung des einstigen Regie-Wunderkindes M. Night Shyamalan («The Sixth Sense») legten Smith und sein leidlich begabter Sohn Jaden nicht nur innerhalb der dürftigen Story, sondern vor allem auch in qualitativer Hinsicht eine totale Bruchlandung hin. Insgesamt drei Goldene Himbeeren für die beiden Hauptdarsteller waren der völlig verdiente Lohn. Nun soll das leichtfüßige Gaunerstück «Focus» jenes jüngste Debakel wieder vergessen machen. Doch auch wenn die Thriller-Komödie nicht allzu viel Platz für Langeweile lässt, reicht dies keinesfalls aus, um länger im Gedächtnis zu bleiben oder zumindest Smith einen erinnerungswürdigen Auftritt zu bescheren.

Nicky Spurgeon (Will Smith) ist ein überaus gewiefter Betrüger, der ein beispielloses Talent dafür besitzt, Menschen unbemerkt um ihre Habseligkeiten zu erleichtern und besonders ausgeklügelte Coups zur schnellen Geldbeschaffung auszutüfteln. Daher durchschaut er es auch sofort, als ihn eines Abends die ebenso attraktive wie in Nickys Gewerbe unerfahrene Nachwuchs-Schwindlerin Jess (Margot Robbie) übers Ohr hauen will. Die ist daraufhin allerdings so begeistert von Nickys Fähigkeiten, dass sie unbedingt bei seinen Machenschaften mitmischen möchte. Tatsächlich gelingt es ihr schon wenig später, sich dank ihrer Hartnäckigkeit und ihres Naturtalents zu bewähren und einen wichtigen Platz in Nickys großem Team zu verdienen, das äußerst organisiert agiert. Doch als für das frischgebackene und sich einander immer näherkommende Gauner-Duo der Ernst des kriminellen Alltags beginnt, läuft längst nicht alles so glatt wie geplant.

Oder etwa doch? Ganz der Linie ähnlich gearteter Filme treu bleibend, versuchen sich die «Crazy, Stupid, Love.»-Regisseure Glenn Ficarra und John Requa in «Focus» gerade die Unsicherheit darüber, wer jetzt was in welchem Maße im Voraus geplant hat, zu Nutze zu machen. Dabei gelingt es ihnen streckenweise durchaus, gekonnt Haken zu schlagen und mit den Erwartungen der Zuschauer zu spielen. Hierbei sei vor allem eine recht packende Sequenz in der VIP-Loge eines Football-Stadions hervorgehoben, deren sich immer mehr entspinnenden Hintergründe mitunter zwar arg an den Haare herbeigezogen erscheinen, die aber nicht zuletzt dank des wunderbar an der Grenze zur Karikatur aufspielenden B.D. Wong («Jurassic Park») auch ungeheuren (Mitfieber-)Spaß bereitet. Doch mit diesem Höhepunkt in der Mitte des Films fällt zugleich auch das Konzept der stets allgegenwärtigen Betrügereien in sich zusammen. Denn paradoxerweise lässt gerade das fortan redundanter werdende Schema der allzu gewollten Unvorhersehbarkeit «Focus» mit fortschreitender Länge immer vorhersehbarer werden, was in letzter Konsequenz in ein allzu plump vorausgedeutetes, enttäuschendes Ende mündet.

In all dem verlässt sich Hauptdarsteller Will Smith fast schon etwas zu routiniert auf seine Stärken, die ihn einst berühmt gemacht haben und seit jeher auszeichnen. Zweifellos verfügt der US-Star noch immer über seinen einnehmenden bübischen Charme und eine natürliche Lässigkeit, die ihresgleichen sucht. Dennoch bietet er damit im Hinblick auf einen Großteil seiner bisherigen Rollen lediglich mehr vom Gleichen, ohne irgendwelche bemerkenswerten Akzente setzen zu können, hat man ihn doch schon oft genug als obercoolen Typen gesehen, dem letzten Endes alles zu gelingen scheint. Das macht seinen ohnehin schon fragwürdigen Nicky Spurgeon, der gerade zu Beginn zahlreichen unbedarften Passanten alles entwendet, was ihm und seinen „Kollegen“ unbemerkt in die Finger gerät, nicht gerade sympathischer und somit den Zugang zum Film ungemein schwerer.

Immerhin stimmt aber die Chemie zwischen Smith und «The Wolf of Wall Street»-Star Margot Robbie, die nicht nur als bloßer Blickfang herhalten muss (dabei aber eine gewohnt gute Figur macht), sondern auch ihr erfrischendes komödiantisches Talent ausspielen kann. Selbst wenn die anfangs noch überraschenden Wendungen allmählich versagen, sind es die amüsanten Schlagabtausche zwischen den beiden Protagonisten, die für den nötigen Pep sorgen, um aus «Focus» ein meist kurzweiliges Vergnügen zu machen.

Fazit: «Focus» kann dem Subgenre der wendungsreichen Gauner-Komödie trotz aller Mühen kaum etwas Neues abgewinnen. Insbesondere das unoriginelle Ende sorgt nach der Übersättigung durch all die im Verlauf des Films geschlagenen Haken allenfalls für ein müdes Schulterzucken. Jedoch wissen der gelegentlich nach oben ausbrechende Unterhaltungswert einzelner Szenen und die stets spürbare Dynamik zwischen den beiden Hauptfiguren Längen weitestgehend zu verhindern. Allzu lange in der Erinnerung nachhallen dürfte «Focus» allerdings nicht. Auch hätte man sich von Will Smith gerade aufgrund seiner etwas strauchelnden Karriere doch etwas mehr Mut und Abwechslungsreichtum bei der Rollenwahl gewünscht. Vielleicht bekommen wir ihn aber in einer seiner nächsten großen Rollen als Bösewicht Deadshot in der DC-Comic-Adaption «Suicide Squad» (erneut an der Seite von Margot Robbie) endlich mal wieder von einer anderen Seite zu sehen.

«Focus» ist ab dem 5. März in den deutschen Kinos zu sehen.

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