Die Kritiker

König Ludwig II. im Starnberger See

von

«Die Reichen Leichen. Ein Starnbergkrimi» ist der neueste Film von Dominik Graf und zeigt Starnberg von einer ganz anderen Seite.

Cast und Crew

Vor der Kamera:
Andreas Giebel («München 7»), Annina Hellenthal («Die Familiendetektivin»), Florian Stetter («Sophie Scholl - Die letzten Tage»), Ulrike C. Tscharre («Lindenstraße»), Alicia von Rittberg («Meine wunderbare Familie»), Elsi Gulp («Stadt Land Mord!») und Hannes Jaenicke («Knockin' on Heavens Door»)

Hinter der Kamera
Regie: Dominik Graf, Drehbuch: Sathyan Ramesh, Aufnahmeleitung: Nina Hilzinger, Ton: Uwe Schiefer, Schnitt: Claudia Wolscht, Szenenbild: Gabi Pohl, Produktion: Kirsten Hager, Hager Moss Film
In Dominik Grafs neuem Film mit dem Titel «Die Reichen Leichen. Ein Starnbergkrimi» dreht sich die Handlung um den Tod von König Ludwig II., sowie die Entführung eines Mädchens namens Sisi. Der Krimi beginnt jedoch in einem ganz anderen Setting: Zwei Sanitäter stürmen in ein Hotelzimmer, in dem ein Mann mittleren Alters auf dem Boden liegt. Noch vor der ersten Hilfe erwacht der Mann und stellt sich als Gerd Sinnern (Hannes Jaenicke) vor. Sinnern und einer der beiden Sanitäter erwecken dabei den Eindruck, einander bereits zu kennen, da er erstaunlich vertraut mit Sinnerns Nackenverletzung und deren Herkunft ist. Sanitäter Alex beginnt Sinnern zu schmeicheln und bezeichnet ihn dabei als einen Geschäftsmann, ein Begriff, der bei Sinnern Eindruck hinterlässt. Während im Hintergrund der Donner aufzieht, tauschen sich die beiden über einen Plan aus, Sinnerns Exfrau ein Gemälde zurückzubringen.

Am nächsten Morgen steigt eine nackte Frau aus dem Wasser und wird von einem Polizeibeamten in Empfang genommen. Die junge Dame stellt sich als Polizeimeisteranwärterin Ariane Fink (Annina Hellenthal) heraus, der Polizist offenbart sich als ihr Kollege und Vorgesetzter Lu Reinhold (Andreas Giebel). Während Fink neu in Starnberg ist, ist Reinhold ein Alteingesessener, der der neuen Kollegin Starnberg charmant von seiner wahren Seite präsentiert. Die freundliche Atmosphäre auf dem Land wird dabei von dezenter Pianomusik untermalt. Das Stadtbild dagegen wird von Lärm, Staus, Baustellen und dem verbauten Seeblick dominiert. Reinhold schreckt nicht davor zurück, mit der klischeebeladenen Atmosphäre aufzuräumen und Fink zu zeigen, wer die echten Starnberger sind und was ihm diese Stadt bedeutet.

Die nächste Szene offenbart den ersten Toten des Kriminalfilms: Ein junges Paar entdeckt beim Paddeln auf dem See eine Leiche. Der Verstorbene war in der Gemeinde als Kini bekannt und eiferte stets König Ludwig II. nach – dies erklärt auch seinen antiquierten und eleganten Kleidungsstil.

In der allmorgendlichen Konferenz des Polizeipräsidiums streuen die Figuren kleine humoristische Einlagen ein, so zum Beispiel Anspielungen auf nicht geputzte Schuhe, und wie wichtig diese doch für einen Polizisten sind, oder aber dass ein Asylbewerber kein Deutsch, nein „nicht einmal Bayrisch“ spricht. Die neue Polizistin wird auf weitere regionale Eigenheiten aufmerksam gemacht, so leben in und um Starnberg sogenannten ‚Ludisten‘, eine Gruppe die sich mit der Erforschung und Aufrechterhaltung der Geschichte Ludwigs II. beschäftigen.

Bei der Ankunft in der Gerichtsmedizin begegnet den beiden Polizisten der Hauptkommissar der Kripo Timo Senst (Florian Stetter). Senst und Reinhold sind ein eingespieltes Duo, die einen freundschaftlichen Wettbewerb um Zuständigkeiten pflegen. Bei der Obduktion stellt sich heraus, dass der Tote König Ludwig II. ähnlicher war als gedacht. Beide Figuren tragen äußerliche Ähnlichkeiten wie von Karies befallene Zähne, Übergewicht oder die sich bildende Glatze. Auch was Größe und Gesicht angeht, weisen beide einige Ähnlichkeiten auf. Nach kurzer Recherche wird deutlich, dass die genaue Beschreibung des Tatorts bereits früher auf der Internetseite eines Ludwigforschers auftauchte. Senst, selbst ein Fan Ludwigs, wirkt gereizt und ist mit den Ausführungen und aufkommenden Theorien nicht einverstanden. Auf Nachfrage offenbart er Reinhold, dass sein Lebensgefährte die gemeinsame Beziehung beendete.

Nachdem sich Fink und Senst auf den Weg zum Betreiber der Internetseite aufmachen, weiht dieser die beiden in die Diskussion ein, ob Ludwigs Tod durch Mord oder Selbstmord zustande kam. Der Aufklärung dieses Mysteriums opferte Josef Haufferding (Eisi Gulp) quasi sein ganzes Leben. Er ist von „seiner Wahrheit“ überzeugt und lässt keinen Zweifel an seiner Theorie zu. Laut seiner Meinung sei der Mord damals an derselben Stelle passiert wie diesmal auch. Dabei verfestigt er den Gedanken, dass jemand den Tod habe nachstellen wollen.

Ein zweiter Fall entwickelt sich, als bekannt wird, dass Sisi, die gemeinsame Tochter, des Geschäftsmanns Gerd Sinnern und seiner Exfrau Rita Wellinger entführt wurde. Am folgenden Abend soll die Übergabe des Lösegelds in Höhe von fünf Millionen Euro stattfinden, genretypisch scheitert diese jedoch nach einem „Wir haben ihn,…wir haben ihn nicht“-Hickhack. Was der «Starnbergkrimi» jedoch im Gegensatz zu den anderen Vertretern der Kriminalgeschichten anders macht, ist, dass die Entführte am nächsten Tag dennoch frei gelassen wird. Unweigerlich wird klar, dass bei der Entführung ein doppeltes Spiel gespielt wurde. Nun kommt eine der größten Schwachstellen des Films sowie des Genres selbst zum Vorschein: Der Zuschauer sieht, wie die Entführer sich offenbaren und gegenseitig ihren Plan wiederholen. Auch wenn sich viele Indizien bereits vorab andeuteten, begeht Regisseur Graf hiermit einen vermeidbaren Fehler und raubt seinem Krimi die Spannung. Doch anstatt das Geschehene zu relativieren, kommt es zu einem Mord unter den Tätern und es wird rasch deutlich, wer noch alles eingeweiht war.

Eine weitere Parallelhandlung baut sich mit der Entführung und Folterung von Timo Senst auf, leider bietet dieser Handlungsbogen kaum Spannung und nur geringes Entwicklungspotenzial. Daher verwundert es auch nicht, dass Reinhold und Fink den entführten Senst bereits in der nächsten Szene befreien. Dem Entführten wird danach lediglich ein kurzer Augenblick der Wiedergutmachung gewährt, als er herausfindet, dass einer seiner Entführer ebenfalls ein örtlicher Polizist ist. Mangels Beweisen hat er jedoch nichts gegen ihn in der Hand.

Zum Finale hin nutzt Graf zwei seiner beliebtesten Stilmittel, zum einen den Flashback aus Ariane Finks Sicht, um den Fall zu rekapitulieren und auf gewisse Ungereimtheiten aufmerksam zu machen. Das zweite Mittel ist der Einsatz von Musik, die sich grundsätzlich sehr gut der Szenerie angepasst. Auf dem Weg zur Aufklärung untermalt langsam anziehende Musik leise das Gezeigte, jedoch kommt das Ende zu abrupt.

Besonders spannend ist der «Starnbergkrimi» nicht, aber er weiß mit Geschichtskenntnissen, einer stattlichen Kulisse und charmanten Darstellern zu überzeugen. Graf schafft es mit «Die Reichen Leichen» mittels deutlichen Augenzwinkerns, die Umgebung anders als gewohnt in Szene zu setzen. Starnberg ist demnach etwas anderes als Neureiche beim Golfen, sondern eine Stadt, die so manche kuriose Figur biete. Scharfe und abrupte Schnitte beweisen, teilweise nur mit wenigen Sekunden Spieldauer, wie sich mehrere Geschichten parallel erzählen lassen, ohne dabei den Fokus zu verlieren.


Das Bayerische Fernsehen strahlt «Die Reichen Leichen. Ein Starnbergkrimi» am 18. Oktober um 20.15 Uhr aus.


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