Die Kritiker

«Tatort: Am Ende des Flurs»

von  |  Quelle: BR (Inhaltsangabe)

Der melancholische Fall aus München, der die Kommissare Batic und Leitmayr spaltet, besticht durch seine hervorragenden Nebendarsteller.

Inhalt


Hinter den Kulissen

  • Regie: Max Färberböck
  • Buch: Max Färberböck, Catharina Schuchmann
  • Kamera: Michael Wiesweg
  • Szenenbild: Claus-Jürgen Pfeiffer
  • Schnitt: Susanne Hartmann
  • Kostümbild: Birgitta Lohrer-Horres
  • Musik: Verena Marisa Schmidt
Bei jedem Menschen gibt es einen Punkt, an dem er einsam ist. Lisa Brenner kannte ihn. Als man an einem grauen Morgen ihre Leiche vor einem Hochhaus findet, heruntergestürzt aus dem 12. Stock, hinterlässt sie eine Reihe von Männern, die sie verehrt und geliebt haben. Lisa war ihnen allen so nah und zugetan, dass am Ende keiner wusste, ob wirklich er gemeint war.

Die Zahl der Verdächtigen wächst schlagartig. Offenbar war Lisa beim Champagnertrinken auf ihrem Balkon nicht allein. Trotzdem hat die Nachbarschaft keinen Schrei gehört. Die Polizei findet große Bareinzahlungen auf Lisa Brenners Konto, aber keinen Arbeitgeber. Die ersten Spuren führen zu Harry Riedeck, einem älteren Mann mit Helfersyndrom, der sich mit Lisas Versicherungen auskannte und regelmäßig für sie eingekauft hat.

Mit Unterstützung des neuen Assistenten Kalli Hammermann verhört Batic auch die anderen Männer, die regelmäßig mit Lisa Kontakt hatten: Hansen, einen ehemaligen Hamburger Hockeystar, Lischke, einen Bankangestellten und manch unbescholtenen Familienvater. Leitmayr verbeißt sich parallel immer tiefer in den Fall, der ihn mehr und mehr an die Grenze seiner selbst führt.

Darsteller


Udo Wachtveitl («Das geteilte Glück») als Franz Leitmayr
Miroslav Nemec («Tatort: Nie wieder frei sein») als Ivo Batic
Ferdinand Hofer («Dampfnudelblues») als Kalli Hammermann
Lisa Wagner («Kommissarin Heller ») als Christine Lerch
Franz Xaver Kroetz («Die Geschichte vom Brandner Kaspar») als Toni Feistl
Fanny Risberg («Arn – Der Kreuzritter») als Lisa Brenner
Barbara de Koy («Familie Sonnenfeld») als Margot Höllerer

Kritik


Mit «Am Ende des Flurs» feiert am Sonntagabend ein neuer «Tatort» aus München seine Premiere, inszeniert von Max Färberböck. Der jüngste Krimi um die Kommissare Batic und Leitmayr, die seit 23 Jahren aktiv sind und mehr Sendezeit füllen durften, als alle anderen Ermittler, wagt wenig Humor und einige Neuerungen; die hervorstechendste ist dabei sicherlich Ferdinand Hofers Darstellung als Kalli Hammermann, der beiden als Assistent zur Seite steht. Der Schauspieler, dessen bisheriger Karriereweg eng mit Marcus H. Rosenmüller verknüpft ist, wurde 1993 geboren und gehört damit zu den jüngsten «Tatort»-Ermittlern bundesweit. Hofer selbst kann keine Schauspielausbildung vorweisen, nach eigener Aussage strebt der BWL-Student auch keine an – seinen ersten Auftritt neben Batic und Leitmayr meisterte er dennoch mit Bravour.

Ihm gelingt die glaubwürdige Darstellung eines naiven, unerfahrenen und nervösen Anfängers, dessen Tatendrang von seinen Vorgesetzten nur bedingt geteilt wird. Es bleibt zu hoffen, dass er den Krimis aus München länger erhalten bleibt. Auch insgesamt ist die Leistung der Riege vor der Kamera nur zu loben; insbesondere die Rückblicke mit der zu Beginn ermordeten Lisa Brenner (Fanny Risberg) überzeugen in ihrer Subtilität. Franz Xaver Kroetz gelingt es als „Wiesnwirt“ Toni Fiestl in enorm kurzer Zeit, extrem viele Klischees über die Mitglieder der bayerisch-nationalkonservativen Oberschicht in seinem Spiel zu bündeln. Sein Auftritt ist dabei mehr die Würze als das Salz in der Suppe eines durch und durch ernsten «Tatorts» und passt sich gut in die Stimmung des Films ein.

Diese gestaltet sich über weite Strecke schwermütig; neben den gut gewählten Schauplätzen wirken vor allem die Verhörszenen intensiv, ohne sich dabei in ihrer Gestaltung zu kopieren. Transportiert teilweise vor allem die Kameraarbeit die Melancholie der Erzählung, wird andernorts auf die Qualität der Dialoge gesetzt. Diese vielschichtige Gestaltungsform passt sich gut in die unterschiedlichen Motive der handelnden Figuren ein, die das übergreifende Thema der Einsamkeit in verschiedenen Ausdrucksformen darstellen.

Dennoch ist der aktuelle Fall von Batic und Leitmayr kein hervorragender Krimi, sondern erweckt mehr den Eindruck einer breiten Sozialstudie. Das ist gut gemacht, könnte aber diejenigen Zuschauer vor den Kopf stoßen, die sich stets redlich mühen, der Kombinationsgabe der Ermittler fünf Minuten voraus zu sein. Unter den klassischen Krimifreunden werden vor allem diejenigen gut unterhalten, die sich als Anhänger der beiden Kommissare beschreiben würden – deren Routine wird mit «Am Ende des Flurs» nämlich deutlich durchbrochen. Die Beziehung zwischen Batic und Leitmayr wird auf die Probe gestellt; das offene Ende betont, dass es sich nicht nur um ein dramaturgisches Element handelt, sondern auch Einfluss auf die Zukunft haben könnte.

Insgesamt präsentiert sich der «Tatort» als einer der besseren Filme aus München, wobei die überzeugenden Nebendarsteller Batic und Leitmayr weitestgehend die Show stehlen und genretypische Muster eher in den Hintergrund geraten. In jedem Falle ist zu empfehlen, sich selbst ein Bild von der Fortentwicklung der bayerischen Ermittler zu machen.

Das Erste zeigt den «Tatort: Am Ende des Flurs» am Sonntag, den 4. Mai 2014, ab 20.15 Uhr.

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