Die Kino-Kritiker

«Jack Ryan: Shadow Recruit»

von

Chris Pine, Kevin Costner und Keira Knightley agieren unter der Regie des «Thor»-Regisseurs in einem mageren Agententhriller mit einem starken Mittelpunkt.

Hinter den Kulissen

  • Regie: Kenneth Branagh
  • Drehbuch: Adam Kozad & David Koepp
  • Produktion: Lorenzo di Bonaventura, Mace Neufeld, David Barron und Mark Vahradian
  • Musik: Patrick Doyle
  • Kamera: Haris Zambarloukos
  • Schnitt: Martin Walsh
CIA-Analyst Jack Ryan findet sich bei seinem ersten Außeneinsatz in einer prekären Situation wieder: Der bedrohliche Firmenchef Viktor Cherevin hat Ryan und seine quirlige, klammernde Verlobte Cathy Muller zu einem kostspieligen Dinner eingeladen. Und dies ausgerechnet am letzten Abend, an dem sich Ryan die Gelegenheit erbietet, in Cherevins Büro einzusteigen, um dort wertvolle Beweise für seine korrupten, den wirtschaftlichen Status der USA gefährdende Machenschaften herunterzuladen. Es ist eine missliche Situation, die zwar wahrlich nicht das Agententhriller-Genre neu erfindet, dennoch stellt sie die Grundlage für eine packende Filmsequenz dar: Nachdem Ryans und Mullers Beziehung in den vergangenen Monaten unter der Geheimniskrämerei des CIA-Angestellten litt, ist dies die erste Chance, sich gegenseitiges Vertrauen zu beweisen. Gleichzeitig gerät das Liebesglück dadurch, dass Zivilistin Muller in riskante CIA-Unternehmungen involviert wird, einmal mehr in Gefahr. Und zusätzlich zu all diesen Liebessorgen muss Ryan ja noch immer seine Agentenpflichten erfüllen und eine weltpolitische Krise verhindern, ohne, dass Cherevin dahinterkommt.

Es ist also wahrlich genug Stoff vorhanden, um Spannung zu erzeugen. Regisseur und Bösewicht-Darsteller Kenneth Branagh schöpft dieses Potential aus und orchestriert mit dieser Dinner-Sequenz ein energetisches Spiel aus Lug, Trug, verborgener Wahrheit und Ablenkungsmanövern. Er, Chris Pine in der Titelrolle und seine Leinwand-Verlobte Keira Knightley jonglieren in dieser packenden Dialogsequenz mit doppelbödigen Sätzen und Gesten sowie einem listigen Mienenspiel. Ein zügiger Schnitt sowie die ausdrucksstarken Gesichter der Darsteller in den Fokus nehmende Kameraeinstellungen machen dieses Herzstück der 60-Millionen-Dollar-Produktion «Jack Ryan: Shadow Recruit» aufregender als so manche Actionsequenz. Ideal für einen Agententhriller!

Jedoch: Abseits dieser zentralen Szene hat das Reboot der Jack-Ryan-Filmreihe bloß überaus rar gesäte Qualitäten aufzuweisen. Es ist fast so, als hätte Kenneth Branaghs öde Agentenposse die Kernsequenz eines wesentlich besseren Films transplantiert bekommen, um das größte Übel abzuwenden. So fehlt dem ersten Drittel sämtliches Gefühl für Spannung oder effizientes Geschichtenerzählen, das in der großartigen Dinner-Szene zur Geltung kommt. Der Einstieg etwa, der erläutert, wie Jack Ryan über Umwege an seine Anstellung beim CIA gelang und dann nach einigen Jahren zum Feldagenten berufen wurde, nimmt durch seine zerfahrene Erzählweise keinerlei Fahrt auf. Die ersten Beziehungsprobleme zwischen Ryan und Muller wiederum sind so durchsichtig konstruiert und unplausibel vermittelt, das anfangs kaum Sympathie für die zankenden Turteltauben aufkommen will: Keira Knightley äußert die Sorge, Jack Ryan sei untreu, in einem anstrengend quengeligen Tonfall, und weshalb Chris Pines verzweifelter Agent sich kaum Mühe gibt, die Ängste seiner Freundin zu zerstreuen, bleibt unverständlich. Selbst wenn er sich an die im Film erläuterte CIA-Regel halten will, dass nur Ehepartner in die beruflichen Tätigkeit der Geheimagenten eingeweiht werden dürfen, so lassen sich die eingangs geäußerten Sorgen Mullers leicht aus der Welt schaffen – dass Ryan dies nicht gelingt, lässt den Konflikt zwischen den beiden Hauptfiguren lächerlich wirken.

Erst sobald Jack Ryan von seinem Vorgesetzten (ein steinern agierender Kevin Costner) nach Moskau geschickt wird, gewinnt «Jack Ryan: Shadow Recruit» kurzfristig an Brisanz: Der seit seiner kurzen Zeit in der Marine nur noch als Bürohengst tätige Ryan bekommt es in seinem Hotelzimmer mit einem durchtrainierten Widersacher zu tun. Dessen Identität ist dank überdeutlicher Andeutungen wenig überraschend, der rau inszenierte Kampf gerät dennoch, nicht zuletzt aufgrund von Ryans glaubwürdig-panische Reaktion, mitreißend.

Direkt danach plätschert Branaghs Thriller dank ungeschliffener Dialoge, einem nichtssagenden Filmlook und mühevoll eingearbeiteter Subplots aber ziellos vor sich hin, bis die eingangs erwähnte Kernsequenz in die Wege geleitet wird. In deren Anschluss überschlägt sich «Jack Ryan: Shadow Recruit» wieder mit kleinen Schlampigkeiten: Branaghs Schurke droht Ryan beispielsweise zu einem späteren Zeitpunkt mit manischer Stimme, er würde grauenvolle Dinge anstellen, wenn dieser nicht sofort bei ihm auftaucht – eine konventioneller Plotpunkt für dieses Genre, in diesem Fall aber kurioser Unsinn, da Viktor Cherevin in diesem Moment vor Ryan flieht. Das große Finale schlussendlich ist viel zu beiläufig inszeniert und zudem aufgrund eines plötzlich auftauchenden, zuvor kaum bekannten Gegners nahezu antiklimatisch, womit Branaghs pseudo-realistischer Thriller trotz dröhnender Musikbegleitung spannungsfrei seinem Ende entgegen stolpert.

Fazit:Große Genrefans können dank des packenden Mittelteils durchaus einen Kinobesuch riskieren, idealerweise am vergünstigten Kinotag. Allen anderen Filmfreunden bietet Kenneth Branaghs mit austauschbaren Figuren versehener «Jack Ryan: Shadow Recruit» zu viel Leerlauf, als dass sich ein Gang ins Kino bezahlt machen würde.

«Jack Ryan: Shadow Recruit» ist ab dem 27. Februar 2014 in vielen deutschen Kinos zu sehen.

Kurz-URL: qmde.de/69239
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