First Look

«Intelligence» bei CBS: Zurück in die Zukunft

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«LOST»-Star Josh Holloway wird zum Cyberkrieger und kann über sein Gehirn auf das weltweite Informationsnetz zugreifen – und nebenbei Terroristen jagen. Unsere Kritik zur neuen CBS-Serie «Intelligence».

Cast von «Intelligence»

  • Josh Holloway (Sawyer, «LOST») ist Gabriel Vaughn
  • Marg Helgenberger (Catherine Willows, «CSI») ist Lillian Strand
  • Meghan Ory (Ruby, «Once Upon A Time») ist Riley Neal
  • Michael Rady (Micah Barns, «Emily Owens M.D.») ist Chris Jameson
  • John Billingsley (Phlox, «Enterprise») ist Shenendoah Cassidy
  • P. J. Byrne (Irv Smiff, «The Game») ist Nelson Cassidy
„Ich habe eine App dafür.“ Als der Soldat Gabriel Vaughn plötzlich Mandarin versteht und spricht, staunen seine Kollegen nicht schlecht. Nur: Die App, die er meint, ist nicht in seinem Smartphone. Sondern in seinem Kopf.

Gabriel Vaughn ist Elitesoldat der US-Regierung, genauer gesagt: des von NSA-Chef Keith Alexander geführten US Cyber Command. Und er ist die gefährlichste Waffe der Welt, so zumindest sagt es seine Vorgesetzte Lillian Strand: Gabriel ist der erste Mensch, der per Computerchip direkt mit dem weltweiten Informationsnetz verbunden ist. Daten aus dem Internet, Telefongespräche, Akten, geheime Dokumente, Fotos und Videos – alles kann Gabriel vor seinem geistigen Auge in Sekundenschnelle abrufen und zu seinem Vorteil (oder besser: dem der US-Regierung) nutzen. Er ist eine Waffe, das „Manhattan Project“ des 21. Jahrhunderts, wie Lillian Strand ausführt.

Mit dieser Prämisse eines technologisch aufgewerteten Menschen erfindet die neue CBS-Serie «Intelligence» nichts neu. Das Plotkonzept um sogenannte Augmentierungen, Gehirn-Mikrochips und die Verschmelzung von Mensch und Maschine ist Gegenstand zahlloser Serien, Filme, Videospiele: dem ABC-Format «The Six Million Dollar Man» aus den 70ern beispielsweise (in Deutschland bei RTL ausgestrahlt), Filmen wie «Universal Soldier» und «RoboCop» oder der Gaming-Reihe «Deus Ex».

«Intelligence» nun nutzt das Konzept für eine klassische Crime-Serie, die vor weiteren uninspirierten Elementen nur so strotzt: Da wäre Gabriel, der als superstarker Macho immer Gefahr läuft, emotional zu explodieren. Deswegen wird ihm Riley an die Seite gestellt, eine Agentin, die ihn bewachen und unterstützen soll. Typischerweise verstehen sich die beiden zunächst überhaupt nicht, ergänzen sich aber perfekt. Der Zuschauer weiß schon jetzt: Gabriel und Riley sind füreinander bestimmt, die Lovestory nur noch eine Frage der Zeit. Gleichzeitig hat der Supersoldat aber auch private Geheimnisse: Seine geliebte Ehefrau ist angeblich eine Überläuferin, ihr Schicksal – verschollen oder tot – noch unklar. Sie ist die unbekannte Variable der Serie, aber auch keine, für die es sich einzuschalten lohnt: Auch eine solche Geschichte wurde schon vielfach erzählt.

Abgesehen davon ist «Intelligence» ein Procedural mit mehr oder weniger abgeschlossenen Fällen. In Folge eins wird derjenige Wissenschaftler entführt, der Gabriels Mikrochip konstruiert hat. Eine verbesserte Version dieses Chips gerät in die Hände chinesischer Terroristen, die nun einen eigenen Supersoldaten erschaffen wollen. Gabriel selbst wird zur Geisel der Entführer, ihm soll der Chip aus dem Gehirn herausoperiert und damit unschädlich gemacht werden. Wären da nicht die technologischen Kräfte, die ihn eben zu einer starken Waffe machen.

Visuell ist das Drama gut umgesetzt, besonders wenn Gabriel durch einen virtuellen Tatort läuft, den er anhand von Informationen in seinem Kopf entwerfen kann. Weniger gelungen sind dargestellten Abrufe virtueller Daten, beispielsweise Akten oder Webseiten von Menschen, die Gabriel erscheinen lässt, wenn er auf Menschen trifft. Der Film «Minority Report» hat solche Datenströme vor zwölf Jahren bereits besser visualisiert.

Was «Intelligence» darüber hinaus bietet, ist solide produzierte Action und Spannung, die allerdings an keiner Stelle das Rad neu erfindet. Auch wenn die Schauspieler erwartbar gute Arbeit leisten, ist die Serie im Pilotfilm nicht darauf aus, mehrschichtige Charaktere zu entwickeln. Josh Holloway hat nach «LOST» eine weitere Serienrolle gefunden, die zu ihm passt. Und Meghan Ory präsentiert sich abseits von «Once Upon A Time» souverän in einem ganz anderen Genre. Lediglich Marg Helgenberger bleibt noch etwas blass, was letztlich auch für die Story gilt: Typisch für CBS-Formate fehlt die zumindest halbwegs erhoffte Tiefgründigkeit – obwohl die Mensch-Maschine, wie Gabriel sie ist, geradezu philosophische, ethische Fragen aufdrängt: Ist Gabriel überhaupt noch ein Mensch? Welche Folgen haben technologische Veränderungen für den biologischen Körper? Und ist es überhaupt moralisch vertretbar, Menschen so zu modifizieren – und sie dann auch noch als Elitesoldaten der Regierung zu benutzen?

Stoff gäbe es genug, den «Intelligence» für eine halbwegs intelligente Serie um den Charakter Gabriel Vaughn erzählen könnte. Möglicherweise ist das Ende der ersten Folge ein Hinweis darauf, dass solche Fragen bald tatsächlich aufgeworfen werden: „Wenn sie einen Roboter gewollt hätten, dann hätten sie einen bauen können. Sie wollten einen Menschen. Und sie haben einen bekommen“, sagt Riley zu Gabriel, nachdem der erste Einsatz überstanden ist und Gabriel eine Verschwörung hinter dem Verschwinden seiner Frau wittert. Wie menschlich Gabriel aber als funktionierende Waffe der Regierung überhaupt noch sein darf, wird er selbst herausfinden müssen.

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