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Der Aufstieg von ZDFinfo

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Nur alte Konserven? Trotz wenig Eigenproduktionen schaffte es ZDFinfo die Sehbeteiligungen konstant und sehr deutlich zu steigern.

Das ZDF und seine Digitalkanäle bieten seit Einführung selbiger einige Kontroversen: ZDFneo und ZDFkultur seien zu wenig unterscheidbar, prangerte Quotenmeter.de-Redakteur Julian Miller in seiner „360 Grad“-Kolumne am ersten März 2013 an, wenige Tage nachdem ZDF-Intendant Thomas Bellut letzteren Sender für gescheitert erklärte. Des Weiteren biete ZDFinfo „Drölfverwertungen“ alter Guido-Knopp-Sendungen an und die Finanzierung der Sender mit einem Jahresbudget von jeweils unter 30 Millionen Euro sei blanker Hohn „angesichts der astronomischen Gebühreneinnahmen.“ Das „reinste Desaster“ sei der ZDFinfo-Kanal nach der Meinung von Quotenmeter.de-Kolumnist Rob Vegas. Zu stark auf Themen des dritten Reichs sei der Digitalsender fokussiert, zu wenig bis gar nicht „breit gefächert mit neuen und spannenden Dokumentationen aus aller Welt“ oder konzentriert auf andere „Themenfelder der Gesellschaft“. Der Kanal habe keinen „Zugang zur Jugend“.

Nicht zuletzt von Quotenmeter.de mussten die Digitalkanäle harsche Kritik einstecken, vor allem weil große Teile der Programme schlicht aus Archivmaterial von Hauptsender ZDF bestehen. Von den drei Mainzer Digitalkanälen stellte ZDFinfo bis zur Aufgabe von ZDFkultur jedoch mit Abstand die wenigsten Eigenproduktionen (~20 Prozent). Während ZDFneo und ZDFkultur kleine Highlights wie «Herr Eppert sucht...», «Stuckrad Late Night» oder «Roche & Böhmermann» zu Tage förderten, klingelt es oft selbst bei fachkundigeren Fernsehfans nicht, zählt man die erfolgreicheren ZDFinfo-Projekte wie «heute plus», «WISO plus» oder «log in» auf.

Trotz aller Kritik und wenig Initiative seitens des Infosenders, hat es der Digitalkanal trotzdem geschafft sich quotentechnisch zuverlässig zu steigern. Der am 5. September 2011 gestartete Spartenkanal konnte die „Erwartungen übertreffen“ verkündete ZDF-Chefredakteur Peter Frey rund drei Monate nach dem Senderlaunch. Im Vergleich zum früheren Infokanal des ZDF verdoppelte man bei den 14- bis 49-Jährigen bis dahin den Marktanteil auf durchschnittliche 0,2 Prozent. Bis zum Sommer 2012 verzeichnete der Informationssender im Mittel beim Gesamtpublikum und bei den jüngeren Zuschauern jeweils 0,3 Prozent. Genau ein Jahr nachdem ZDFinfo ins Rennen ging, lag man bei den Fernsehenden zwischen 14 und 49 Jahren bei 0,6 Prozent, was einer Verfünffachung des Marktanteils im Vergleich zum alten Infokanal gleichkam. Der Wert bei den Menschen ab drei Jahren belief sich auf zirka 0,4 Prozent und somit einem vier Mal höheren Wert – dabei hatte sich das ZDF nur eine Verdopplung der Zahlen erhofft.

Die Quote bei Allen stieg bis zum Juni 2013 auf 0,6 Prozent an, im Juli steigerte sich der Spartenkanal auf 0,8 Prozent bei allen sowie 0,9 Prozent bei den Jungen und im August 2013 nahm der Info-Sender sogar die magische Hürde von 1,0 Prozent. Im ersten Halbjahr 2013 schalteten pro Tag 2,17 Mio. Zuschauer ZDFinfo ein. Somit lag man auf Augenhöhe mit n-tv von der RTL-Gruppe. Das nächste große Ziel könnte nun sein N24 zu überholen. Fraglich ist, woher der Erfolg kommt. Zwar produzierte ZDFinfo auffällig wenige Formate selbst verglichen mit ZDFneo oder ZDFkultur, allerdings sagt das ZDF selbst, keiner der Digitalkanäle „konnte innerhalb so kurzer Zeit seine Akzeptanz so deutlich steigern.“

Weicht man nun von der klassischen Beobachtung der Marktanteile ab und betrachtet nur den Digitalmarkt, liegt ZDFinfo bei den 14- bis 49-Jährigen bei 1,3 Prozent (Juli 2013), womit der Sender den dritterfolgreichsten Kanal der Öffentlich-Rechtlichen darstellt. Wie es sich für einen Informationssender gehört besteht auch die Top 25 der meistgesehenen Programme von ZDFinfo aus Dokumentationen und Reportagen. Doch wie steht es mit der oft kritisierten, mangelnden Aktualität? Das ZDF selbst erklärt das ZDFinfo-Programm sei nicht tagesaktuell, sondern hintergründig, wobei man stets thematische Schwerpunkte setze und dazu längere Programmstrecken plane, in denen verschiedene Dokus ineinandergreifen.

Zwar zeigt ZDFinfo wenige erfolgreiche Eigenproduktionen, dafür betont das ZDF aber den Wert des Digitalkanals als „Schmiede für Pilotprojekte“. Und tatsächlich: «Die Büffel-Ranch», «Schick und Schön» und «Die Hundeflüsterin» sind zwar kaum bekannt, schafften aber über ZDFinfo den Weg ins ZDF-Hauptprogramm. Vielleicht sollte man nicht ganz so kritisch gegenüber ZDFinfo sein. Immerhin beweist der Sender, dass auch junge Menschen entgegen vieler Einschätzungen einen Wissensdurst gegenüber historischen Stoffen mitbringen, welche wiederum durch Dokus, trotz oft populärer Machart, gebildet werden können – dem Bildungsauftrag der Öffentlich-Rechtlichen kommt man hiermit schließlich nach. Der Erfolg gibt ZDFinfo jedenfalls recht - scheinbar hat der Kanal seinen „Zugang zur Jugend“ doch gefunden.

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