Die Kino-Kritiker

«Fast & Furious 6»

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Quietschende Reifen, scharfe Kurven, schwache Handlung: Der neueste «Fast & Furious» -Film macht da weiter, wo der letzte aufhörte – und legt noch eine Schippe drauf.

Filmfacts: «Fast & Furious 6»

  • Kinostart: 23. Mai 2013
  • Genre: Action
  • Laufzeit: 130 Min.
  • FSK: 12
  • Kamera: Stephen F. Windon
  • Musik: Lucas Vidal
  • Autor: Chris Morgan
  • Regie: Justin Lin
  • Darsteller: Vin Diesel, Dwayne Johnson, Paul Walker, Michelle Rodriguez, Luke Evans, Gina Carano
  • OT: Fast & Furious 6 (USA 2012)
Vor zwei Jahren erklärte «Fast & Furious»-Darsteller Tyrese Gibson bei der Deutschlandpremiere des fünften Teils, dass man die Reihe solange fortführen würde, wie es die Fans verlangen. Die Einnahmen an den Kinokassen sprechen für sich: Mit einem Budget von geschätzt 125 Millionen Dollar spielte «Fast & Furious 5» weltweit über 620 Millionen wieder ein. Die Bestätigung der Zuschauer war da, einem weiteren Ableger stand nichts mehr im Weg.

Zum bereits vierten Mal in Folge nahm Justin Lin auf dem Regiestuhl Platz. Er vermasselte zwar «Tokyo Drift», verhalf dem Franchise danach aber wieder in die (finanzielle) Erfolgsspur und holte die wichtigsten Hauptfiguren zurück ins Boot. Auch der Drehbuchautor des direkten Vorgängers, Chris Morgan, konnte für die neue Fortsetzung gewonnen werden. Ein erfolgversprechendes Gespann also, das die eingefleischten Fans der Serie sicherlich nicht enttäuscht – obwohl es diesmal noch unlogischer, dafür aber auch noch actionreicher zugeht als jemals zuvor.

Beim oktanstarken Asphaltduell stehen der immer wieder mit dem Gesetz in Konflikt geratene Dom Toretto (Vin Diesel) und der ehemalige Cop Brian O'Conner (Paul Walker) einmal mehr vor der Frage: Wer sind die Guten? Wer die Bösen? Denn wieder bekommen sie es mit dem ruppigen US-Agenten Luke Hobbs (Dwayne Johnson) zu tun.

Hobbs ist nämlich einem Team halsbrecherisch-skrupelloser Elitefahrer unter der Leitung des genialen Owen Shaw (Luke Evans) auf der Spur. Nach einer Jagd durch zwölf Länder wird klar, dass Shaws brutale Stellvertreterin niemand anderes als Doms große Liebe Letty (Michelle Rodriguez) ist, die er für tot gehalten hatte. Diese Kriminellen kann man nur aufhalten, indem man sie auf dem Straßenpflaster mit ihren eigenen Waffen schlägt. Also fordert Hobbs Dom auf, seine unschlagbare Crew in London zusammenzurufen. Als Lohn winkt den Superpiloten die Löschung aller Vorstrafen – ein attraktives Angebot, denn Dom und seine Freunde haben beim letzten Coup in Rio zwar 100 Millionen Dollar abgesahnt, werden aber nach wie vor von der Polizei verfolgt und können nicht in die Heimat zurückkehren. Letztlich ist also kein Einsatz zu hoch, wenn sie dadurch ihre Familien wiedersehen dürfen.

Kaum hat man im Kinosessel Platz genommen, rasen Vin Diesel und Paul Walker in typischer Manier über die Leinwand. Der sechste Film beginnt da, wo der fünfte aufgehört hat: Die Jungs haben erfolgreich einen Tresor leergeräumt und verdingen sich ihr Leben nun außerhalb ihrer Heimat, um nicht geschnappt werden zu können. Glücklicherweise gibt es aber auch dort gut gepflasterte und lange Straßen, so dass ein Autorennen unter Freunden jederzeit möglich ist. Alles beim Alten also im «Fast & Furious»-Universum.

Nach der rasanten Auftaktsequenz holt Lin treue Fans und neue Begeisterte gleichermaßen ab. Während die Namen der Schauspieler und Crewmitglieder zu lesen sind, lässt der Regisseur zwölf Jahre «Fast & Furious»-Historie in markanten Bildern zu drückenden Hip Hop-Beats passieren. Kurz darauf wird jedes „Familienmitglied“ im Ruhestand gezeigt und wie es aus diesem von Dom Toretto herausgerissen wird. Ein gelungener Einstieg für das bevorstehende, mit zwei Stunden dann doch etwas zu lang geratene Action-Absurdum.

An der Handlung hat sich nicht viel verändert – es gibt quasi keine. Dabei legte Vin Diesel, der neben der Hauptrolle auch einen Posten als Produzent übernahm, laut eigener Aussage Wert auf eine „intensive Story“. Viel davon hat es offensichtlich nicht in das fertige Endprodukt geschafft. Es gibt das übliche Hin und Her zwischen den Bösen, die jetzt Gute sind und den Bösen, die auch böse bleiben wollen. Der Oberschurke (Luke Evans aus «Der Hobbit») ist eindimensional gezeichnet, seine Bande besteht aus riesigen Muskelprotzen namens Klaus, gerissenen Computer-Nerds und einer Dame, die im vierten Teil eigentlich schon verstorben war. Wer den Abspann beim Vorgänger abgewartet hat, weiß bereits, dass Letty alias Michelle Rodriguez wieder auf den Plan tritt. Die Erklärung dafür ist genauso blödsinnig wie unnötig – Justin Lin zeigt sie trotzdem.

Dazu gibt es gewollt coole One-Liner, die abwechselnd von Dwayne Johnson und Vin Diesel rausgehauen werden. So mürrisch und taff die Jungs dabei auch sein mögen: Man kann die Kraftpakete einfach nicht ernst nehmen. Wenn Diesel von Familie spricht und einen auf sentimental macht, lädt das eher zum Lachen als zum Mitfühlen ein. Apropos Familie: Die hat nun auch Brian O’Conner (Paul Walker) in Form von Frau und Kind, was Autor Chris Morgan offenbar als Chance für mehr Emotionalität sah. Diese hat er jedoch so unausgereift ins Buch geschrieben, dass er ebenso gut darauf hätte verzichten können.

Sieht man von der belanglosen Geschichte einmal ab, bleiben noch die Schauwerte und der Soundtrack. Die Tonspur wartet mit kräftigen Dance- und Hip Hop-Klängen, passend dazu wackeln leicht bekleidete Frauen mit ihren wohlgeformten Hinterteilen an exotischen Orten in aller Welt. Darüber hinaus schafft es Lin aber tatsächlich, seinen vorherigen Film wie eine lahme Ente aussehen zu lassen. Eine halbstündige Highway-Schlacht mit einem Panzer (!) gerät zum absoluten Nonsens-Highlight und macht aus Vin Diesel einen rettenden Engel mit erstaunlichen Flugfähigkeiten. Diese durchgeknallte Jagd wird nur noch vom in die Länge gezogenen Finale getoppt: Hier bekommt es die Bande mit einem russischen Flieger zu tun, der auf einer ewigen Startbahn einfach nicht in die Luft kommt.

«Fast & Furious 6» ist vollkommen sinnfreie Actionunterhaltung, die besonders dann Spaß macht, wenn man sein Gehirn ausgeschaltet hat. Die krachenden Stunts und hervorragenden Impressionen zeigen wieder einmal, dass Justin Lin der richtige Mann für spektakuläre Szenen ist. Als Geschichtenerzähler dagegen kann man ihn und seinen Kollegen Chris Morgen getrost vergessen. Aber etwas anderes hätte in dieser Filmreihe sicherlich sowieso niemand erwartet. Achtung: Unbedingt während des Abspanns sitzenbleiben und sehen, wie ein weiterer Glatzkopf seinen Einstand im «Fast»-Kosmos feiert – und somit den Grundstein für Teil sieben legt.

«Fast & Furious 6» startet am 23. Mai in den deutschen Kinos.

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