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Borris Brandt über «Celebrity Big Brother»: 'Kann 15 Prozent Marktanteil garantieren'

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Der ehemalige Endemol-Chef hält den Kauf von «Big Brother» für eine richtige Entscheidung von Sat.1. Er verrät, auf was geachtet werden muss und welche Rolle Holger Anderson spielte.

Zur Person: Borris Brandt

Seine TV-Karriere begann bei 20thCentury Fox, später bei Studio Schleswig Holstein. Ende der 90er wurde Brandt Programmdirektor bei ProSieben. Im Jahr 2000 war er Vorstand bei Senator Film, ab 2001 Geschäftsführer des «Big Brother»-Produzenten Endemol. 2008 kam es zur Trennung. Seitdem hat Brandt seine Firma ENTERTAINIA, zudem ist er seit Herbst 2011 für die Unterhaltungsprogramme an Bord der AIDA-Schiffe verantwortlich.
Herr Brandt, sind Sie überrascht, dass die Marke «Big Brother» jetzt zurück nach Deutschland kommt?
Eigentlich nicht. Ich bin nur überrascht, dass jetzt alles so schnell ging. Die Gespräche zwischen Sat.1 und Endemol sollen erst kürzlich begonnen haben. In der Presse sah es so aus, als ob Nico Paalzow da der entscheidende Mann gewesen ist. Mir wurde aber gesagt, dass sich vor allem Holger Andersen, der ja jetzt bei ProSiebenSat.1 arbeitet und früher RTL II-Programmdirektor war, für «Big Brother» massiv stark gemacht hat.

Warum ist es denn für Endemol so wichtig, dass «Big Brother» 2013 wieder in Deutschland läuft?
Ganz einfache Antwort: Des Geldes wegen.

Welche Rolle spielt dabei auch die Tatsache, dass sich die elfte Staffel im Sommer 2011 nicht gerade rühmlich verabschiedet hat?
Wir sprechen hier von zwei Formaten – einmal von «Big Brother» und einmal von «Celebrity Big Brother». Das normale «BB» ist mehr als mausetot. «Celebrity Big Brother» hat vor allem bei Sat.1 große Chancen, weil man bei einem solchen Sender nochmal andere Kandidaten bekommt als bei RTL II. Ich habe ja selbst Promis für «BB» bei RTL II gecastet – wir hatten damals Küblbock und auch Olivia Jones. Mit dem richtigen Cast wird in Sat.1 ordentlich was gehen. Aber: Das normale «Big Brother»-System wird nur noch schwer funktionieren. Man müsste sich mehr am Alltag orientieren und dann sollte man am besten gleich den «Goldenen Käfig» holen.

Sie hatten eine Staffel von «Celebrity Big Brother» ja schon vor weit über einem Jahr ins Spiel gebracht – was macht die Faszination der Sendung aus?
Das spannende ist, dass «Celebrity Big Brother» noch näher dran an den Promis ist, als beispielsweise das Dschungel-Camp. Im Dschungel nehmen die Ekelprüfungen einen großen Raum ein, bei «Celebrity Big Brother» geht es hauptsächlich um das Zwischenmenschliche. Und das Zwischenmenschliche ist genau das, was die Leute letztlich interessiert.

Wie gut ist die UK-Version, auf deren Erfolge Endemol aktuell immer hinweist?
Die UK-Version lebt - genau wie jede Version auf dem internationalen Markt – immer von der Qualität der Kandidaten. Zudem hat «Big Brother» in England nicht den Ruf, den das Format bei uns in Deutschland zu Unrecht hat. Selbst John de Mol, der Erfinder der Sendung, hat uns immer bestätigt, dass wir eines der handwerklich besten «Big Brothers» auf der ganzen Welt machen. Der Erfolg eines deutschen «Celebrity Big Brother» wird also von den Kandidaten abhängen. Jetzt weiß ich aus sicherer Quelle, dass Sat.1 künftig gerne VOXiger werden will. Das lässt mich hoffen, dass sie bei «Celebrity Big Brother» auf Porno, Busen und Strippen verzichten werden. Es ist ein Unterschied, ob Micaela und Porno-Klaus einziehen oder ob man Lena Meyer-Landrut und Michel Friedman im Haus hat. Ich glaube, dass Sat.1 sich das gut überlegt hat und dass sie wirklich gute Kandidaten in der Hinterhand haben.

Wie erfolgreich kann das denn werden?
Sat.1 will die Sendung wohl drei Wochen lang im Sommer senden. Wenn das so kommen sollte, dann wäre das wirklich eine sehr, sehr gute Entscheidung. Der Sommer ist ideal für «Big Brother» , das Umfeld ist einfacher. Mit einem ordentlichen Cast kann ich dann jetzt schon 15 Prozent Marktanteil garantieren – und das wäre für den Sender aktuell sensationell. «Celebrity Big Brother» eignet sich übrigens sowohl für die klassische Dschungel-Zeit um 22.15 Uhr als auch für eine Ausstrahlung um 20.15 Uhr. Wenn man die Unter-30-Jährigen mehr erreichen möchte, dann würde ich sogar für 20.15 Uhr plädieren.

«Celebrity Big Brother» also als todsichere Bank für Sat.1.
Unter folgendem Umstand: Dass das auch die richtigen Leute produzieren. Ich kenne jeden, der das machen kann – da gibt es auch nicht allzu viele davon. Diese Menschen müssen in der Lage sein, die Geschichten im Haus auch richtig umzusetzen. Billigkräfte darf man da nicht ran lassen. Ich kenne jetzt die Strukturen von Sat.1 nicht gut genug, kann aber sagen: Wenn Holger Andersen in irgendeiner Form seine Finger im Spiel hat, dann wird es gut laufen.

Sie selbst waren als Endemol-Chef auch bei ProSiebenSat.1, wollten den «Goldenen Käfig» verkaufen. Als Sie als ProSieben-Chef «Big Brother» nach Deutschland bringen wollten, haben Sie Ihren Posten verloren. Eine rechte Kehrtwendung jetzt in Unterföhring?
Vielleicht lag es ja auch nur an mir (lacht). Nein, damals war Sat.1 einfach noch weniger geprügelt. Schauen Sie doch mal, wo Sat.1 jetzt steht und wer da nicht schon alle möglichen Formate probiert hat. Jetzt setzt man mit «Big Brother» halt auf eine recht sichere Bank. Mich wundert es fast schon, dass man auch wegen des guten Drahtes zu John de Mol über «The Voice» nicht gleich einen «Celebrity Golden Cage» gemacht hat – vielleicht war das aber ein Stück zu teuer. «Big Brother» hat hierzulande jedenfalls 1,5 Millionen treue Fans, die immer gucken. Und Sat.1 hat eine Reihe von Sendeplätzen, wo man sich über 1,5 Millionen Zuschauer freuen würde.

Sat.1 hat auch größere Probleme am Vorabend. Ist es denn denkbar, dass ein normales «Big Brother schon sehr viel schneller als von vielen gedacht in Sat.1 zurückkehrt?
Ja, absolut. Wenn ich etwas zu sagen hätte, dann würde ich den Produzenten schon jetzt beauftragen, mir einen Cast für eine normale «BB»-Staffel vorzulegen. Natürlich ist eine normale Staffel ein größeres Commitment und auch mit größerem Risiko verbunden – aber so könnte man dann relativ schnell nach «Celebrity Big Brother» starten. Das Haus steht ja dann schon. Allerdings müsste eine «BB»-Version in Sat.1 deutlich reifer werden als das, was es zuletzt bei RTL II zu sehen gab. Mit Menschen, die wirklich etwas zu erzählen haben und man müsste die Sendung öffnen. Wenn heute der Papst gewählt wird, dann sollen sich die Leute im Haus darüber unterhalten. Ich könnte mir übrigens vorstellen, dass auch ein normales «Big Brother» um 22.15 Uhr läuft.

Wieso sprechen Sie von einem Risiko, wenn Sie kurz zuvor die sehr treuen Fans loben?
Naja, wenn die neue Staffel so anfängt, wie die letzte aufgehört hat, könnte es schwierig werden. Da hat man die Loyalität der Community schon gewaltig auf die Probe gestellt.

Vielen Dank für das Gespräch, Herr Brandt.

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