Hingeschaut

«Auswanderer sucht Frau», VOX sucht Originalität

von
Daniela Katzenberger moderiert eine wenig innovative VOX-Show, der der Mut zur Originalität fehlt.

Was Verona Pooth für den Rahmspinat war, ist Daniela Katzenberger für Personensuchmaschinen und die Telefonauskunft mit der fünfstelligen Nummer. Doch während es bei der früheren Feldbusch für Deutschland noch avantgardistisch war, eine in den Medien tätige Person durch kluge Vermarktungsmaschinerien zu einem bekannten Werbesternchen aufzubauen und von der Boulevardpresse anhimmeln zu lassen, ist Katzenberger ein symptomatisches Produkt einer neuen Fernsehgeneration: Vom kleinen «Goodbye Deutschland»-Ableger «Auf und davon – Mein Auslandstagebuch» ließ sie sich nach Los Angeles begleiten, wo sie bei Hugh Hefner an die Türe klopfte und fragte, ob sie nicht für den «Playboy» posieren dürfe. Die Geschichte der Ludwigsburgerin begeisterte Zuschauer wie Boulevard und ebnete ihren weiteren Weg.

Zwischenstops in Talk Shows, Sonderausgaben von «Goodbye Deutschland – Die Auswanderer», ein eigenes Café auf Mallorca, ein Auftritt bei «The Dome» mit eigenem Song, eine VOX-Sendung, die Fernsehdokumentation der Brustvergrößerung und der Entfernung des katzenberger’schen Markenzeichens, des Augenbrauentattoos – Katzenberger ist zu einer Kunstfigur stilisiert worden, die kein Fernsehen macht, sondern vom Fernsehen gemacht wird, ein Produkt zahlreicher Reality- und Doku-Soaps, das mit der Aufmerksamkeit der Zuschauer untergehen oder überleben wird. Noch ist der Katzenberger-Hype auf einem relativen Maximum – da schickt es sich an, die Aufmerksamkeitsdosis weiter zu erhöhen und der Katze nebst «natürlich blond» noch ein weiteres Format zusammenzuschustern, dass sie moderieren darf.

Herausgekommen ist die Doku Soap «Auswanderer sucht Frau», in der anachronistischer VOX-Auswandererkult auf aktuellen deutschen Verkupplungswahn trifft. Und hier zeigt sich dann, was die Simplifizierung der Katzenberger zur Kunstfigur für Auswirkungen hat: Das naiv-gutgläubige Blondchen mit der pfälzischen Schnauze und den dumm-dreisten Sprüche existiert nicht mehr. Stattdessen sitzt eine aufgeblasene Illusion vor einem Bluescreen, der ein perfekt arrangiertes Urlaubsflair vorgaukelt und liest Sätze vom Teleprompter ab, die ihr ein armer Texter in nervenaufreibender Arbeit angedichtet hat. Die unnachahmliche Art Katzenbergers, das Spontane und Situationsbedingte, mit dem sie sich bei ihren ersten Fernsehauftritten den Weg zur jetzigen künstlichen Realität geebnet hat, geht dabei vollkommen verloren.

Beliebig wirkt dann auch die Besetzung; man hätte jeden anderen mit der Moderation betrauen können, zumal Katzenberger nur zwei, drei Mal zu Wort kommt, das Geschehen kurz kommentiert und anders als Inka Bause bei «Bauer sucht Frau» nicht in die Treffen der Auswanderer und ihrer Frauen eingreift – geht ja auch nicht, vom Bluescreen im deutschen Studio aus. Das ist schade, denn Katzenberger als Moderatorin hätte mit dem richtigen Konzept eine zwar nervtötende, aber durchaus provokante und witzige Sendung auf die Beine stellen können, die echten Gesprächsstoff zu bieten hätte. Zumal das Format einen guten Ansatz verfolgt und weitestgehend ohne Dramatik auskommt: Interessante und polarisierende Charaktere in unterschiedlichem Alter, in verschiedenen sozialen Stellungen und über alle Teile der Welt verstreut suchen eine Lebensgefährtin – die wird dann nicht nur mit einem potentiellen Partner, sondern auch gleich mit einer fremden Kultur konfrontiert. Ohne endlose Peinlichkeiten, ohne Gedöns und ohne Inka Bause kommt die Sendung recht schnell auf den eigentlichen Punkt: «Auswanderer sucht Frau».

Fremdschämen darf man sich zum Glück weiterhin nur beim großen Bruder RTL. Das macht Spaß – wer Auswanderer und im Rahmen der Möglichkeiten wenig peinliche Verkupplungsshows mag, wird auch «Auswanderer sucht Frau» mögen. Wer Auswanderer und Verkupplungsshows nicht mag, wird auch dieses Format nicht schauen. Und für alle Unentschiedenen hat VOX sein derzeitiges Senderdummchen ins Boot geholt, um zumindest noch einige Fans zum Einschalten zu bewegen, die auf mehr hoffen. Im Endeffekt bleibt wenig Neues, viel Altbekanntes und eine Katzenberger, der man offensichtlich nicht zutraut, eine derartige Sendung angemessen zu begleiten und die man nur um der Vermarktung willen eingesetzt hat. Alles andere hätte ja auch Zeit, Geld, Nerven und letztendlich den Mut zur Originalität gekostet – so bleibt man bei bekannter und durch Hype angereichter Durchschnittskost, die durch Katzenberger auch nicht besser wird, als sie letztendlich ist.

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