Die Kritiker

«Vatikan»

von
Julian Miller sah die Dokumentation über den Vatikan, welche am Donnerstag um 21.45 Uhr im Ersten ausgestrahlt wird.

Story


Der Vatikan - seit fast 2000 Jahren das Zentrum der katholischen Kirche. An der Spitze dieser „absoluten Monarchie" steht Papst Benedikt XVI. als spirituelles Oberhaupt von über einer Milliarde Katholiken und als weltlicher Souverän eines der ältesten Staaten der Welt.

Wer sind die Menschen, die diesen Apparat tragen und die ihre Arbeit nicht nur als Beruf, sondern als Mission begreifen? Sie stehen im Zentrum der Dokumentation. Vom Bodyguard des Papstes bis zum Kardinal: Quer durch alle Hierarchien und Tätigkeitsbereiche stellt der Film acht Menschen vor, die im Vatikan arbeiten und zum Teil auch leben. Mit ihren individuellen Geschichten geben sie einen sehr persönlichen Einblick in das „Universum Vatikan".

Der Film beleuchtet auch die weibliche Sicht auf den „Priesterstaat". Was kaum jemand weiß: Der Vatikan beschäftigt heute 15 Prozent weibliche Mitarbeiter. Die Geschichten der Journalistin Gudrun Sailer und der Restauratorin Stefania Pandozy sind voller Überraschungen. Eine ganz andere Perspektive bieten auch die Ministranten, die hier leben. Es war ein besonderer Vertrauensbeweis, dass der Vatikan dem Filmteam Zugang in das vatikanische Preseminario San Pio X gewährte. Welches Interesse haben die Ministranten in der heutigen Zeit an einer möglichen Priesterlaufbahn? Ein Jahr lang durfte das Team den 14-jährigen Valentino begleiten. Er ist noch auf der Suche nach Antworten.

Kritik
Richard Ladkani öffnet mit seiner Dokumentation die Pforten des Vatikans und will uns mit ihr in das religiöse und kulturelle Machtzentrum der katholischen Kirche entführen. Wirklich tief rückt man jedoch nicht vor. Das mag unter anderem daran liegen, dass der Film viel zu viele Untersuchungsfelder zu bearbeiten versucht: das Leben der Messdiener im Zentrum des Katholizismus, die Arbeit einer deutschen Journalistin bei Radio Vatikan und ihre Recherche nach der ersten Frau in den Diensten des Kirchenstaates, die Sicherheitsvorkehrungen bei den päpstlichen Spaziergängen und seinen öffentlichen Auftritten, sowie die Restauration der Tausende von Kunstschätzen, die in den alten Gemäuern lagern. Überall bleibt man an der Oberfläche, nie beschäftigt man sich wirklich intensiv mit einem der Themen.

Insgesamt bleibt «Vatikan» damit arm an Informationen und die wenigen, die der Film liefert, werden dutzendfach wiederholt. Zwar erhält man durchaus einen interessanten Einblick in den ältesten Staat der Welt, doch bleibt dieser leider ausnahmslos undifferenziert. Nie kommen die Abgründe des Vatikans und der katholischen Kirche zur Sprache (außer, um sie sofort wieder zu relativieren) und die wichtigsten umstrittenen Angelegenheiten sowie entsprechende Episoden der Geschichte dieser Welt der Unterwürfigkeit werden mit keinem Wort erwähnt. Jedwede Art von kritischer Diskussion findet nicht statt. Der Papst bleibt durchwegs Lichtgestalt und ist nie eine kontroverse Figur. Einen wirklichen Wert hat diese Dokumentation damit leider von vornherein nicht – außer vielleicht als Katholikenpropaganda.

Das Erste strahlt «Vatikan» am Donnerstag, den 6. Januar 2011, um 21.45 Uhr aus.

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