Die Zehn

Die 10 besten Soundtracks 2010

von
Seite 2

Kino ist nicht nur was fürs Auge: Quotenmeter.de präsentiert die zehn besten Soundtracks des Jahres. Ein musikalischer Rückblick auf 2010.

«Inception» (Hans Zimmer)

Christopher Nolans intelligenter Action-Thriller «Inception» ist ein in der Traumwelt verankertes, dreidimensionales Schachspiel. Und obwohl diese auf mehreren Bewusstseinsebenen spielende, intellektualisierte Version eines Heist-Movies nicht die stärkste Figurencharakterisierung des Kinojahres zu bieten hat, ist es ein eklatanter Fehler, Nolans Thriller die emotionale Seite absprechen zu wollen. Wehmut, Reue und schmerzliche Erinnerungen an eine frühere Liebe beherrschen sowohl die Charaktermomente von «Inception», als auch Hans Zimmers Filmmusik. Vom bewussten Stilbruch «Mombasa» abgesehen, dem Begleitstück zu einer Verfolgungssequenz mit klaustrophobischen Elementen und Anleihen an archetypische Agententhriller, ist die Musik in «Inception» verletzlich und auf romantische Weise depressiv. Selbst die bombastischeren Momente, zumeist manipulierte Versionen des Edith-Piaf-Chansons «Je ne regrette rien», strahlen keinen Popcorn-Blockbusterbombast aus, sondern dienen als schmerzlicher und bedrohlicher Signalton, der vor dem Zusammenbrechen des Traums warnt. Ganz Mutige können sich seit einigen Tagen sogar die «Inception»-App auf ihr iPhone laden, eine interaktive Musik-Applikation, die auf die eigene Umgebung und Tätigkeit reagiert und einen musikalisch unentwegt durch den Alltag begleitet. Somit kann man sich freiwillig zu einem Gefangenen in Christopher Nolans und Hans Zimmers verschachtelter Traumwelt machen lassen. Ein Totem wird, konsequenterweise, nicht mitgeliefert.
Anspieltipps: «Half Remebered Dream», «Dream is Collapsing», «Old Souls», «528491», «Mombasa», «Time»

«The Town» (Harry Gregson-Williams & David Buckley)

«The Town», Ben Afflecks zweite Regiearbeit, ist ein dramatischer Kriminalthriller, der verdientermaßen als Hoffnungsträger für eine Oscar-Nominierung in der Kategorie „Bester Film“ gehandelt wird. Die musikalische Kooperation zwischen Harry Gregson-Williams und David Buckley unterstützt diesen atmosphärisch dichten Film überaus effektiv, verleiht den dramatischen Momenten mehr Schwere und gibt den immer weiter eskalierenden Actionpassagen einen zusätzlichen Adrenalinkick. Außerhalb des Kontexts des Films ist die Musik zu «The Town» jedoch, im Gegensatz zu den meisten anderen Einträgen auf dieser Liste, ausschließlich für eingeschworene Liebhaber instrumentaler Filmmusik reizvoll, da sie auf ohrwurmtaugliche Themen verzichtet und kein eigenständiges Kopfkino auszulösen vermag. In Verbindung mit «The Town» gehört dieser elektronische und orchestrale Elemente vermischende Soundtrack aber zu den zehn gelungensten des Jahres – und hat sich somit eine Nennung in dieser Top 10 verdient.
Anspieltipps: «Healing and Stealing», «Who Called 911?», «Making the Switch»

«The Social Network» (Trent Reznor & Atticus Ross)

Sollte Facebook-Gründer Mark Zuckerberg jemals gedacht haben, dass die Hollywoodverfilmung seines Schaffens eine schmeichelhafte und leichtherzige Angelegenheit wird, so ereilte ihn spätestens angesichts dieser Namen die bittere Wahrheit: «Fight Club»- und «Sieben»-Regisseur David Fincher sowie die u.a. durch die Nine Inch Nails bekannten Trent Reznor und Atticus Ross. Diese Kooperation wurde bereits im Vorfeld heiß diskutiert und mündete schließlich in einen der auffälligsten Filmsoundtracks der letzten Jahre. Reznor und Ross unterlegten Finchers Drama «The Social Network» mit einem Score, der Hans Zimmers unkonventionelle Beiträge zu «Sherlock Holmes» und «Inception» wie alltägliche Chartmusik erscheinen lässt. Der düstere und desorientierende Soundtrack scheint einem Albtraum entsprungen, besser gesagt der fragmentarischen Erinnerung an ihn. An einen kalten Albtraum über beengende Gerichtsräume, verkaterte Morgen nach durchzechten Nächten und zerbrochene Freundschaften. Und in Mitten dieses im ungesunden Glühen eines Computerbildschirms gehüllten Albtraums ertönt eine bizarr technisierte Interpretation von Edvard Griegs «In der Halle des Bergkönigs». Experimentell, zappenduster, kalt, benebelnd.
Anspieltipps: «In Motion», «A Familiar Taste», «Pieces Form the Whole», «In the Hall of the Mountain King», «Magnetic»

«Scott Pilgrim gegen den Rest der Welt» (Various Artists)

Ungenannte Wissenschaftler behaupten, Edgar Wrights überdrehtes Geekspektakel «Scott Pilgrim gegen den Rest der Welt» sei das Ergebnis eines zweiwöchigen Schlafentzugs, dem täglichen Konsum von mindestens fünf Litern Energy Drink, ständiger Beschallung durch ironische Hipster-Rockbands und dem Versuch, mittels Multitasking gleichzeitig ein Arcade-Kampfspiel, eine japanische Tanzsimulation und eine ausgewählte Nintendo-Klassikerspielesammlung durchzuspielen, während man drei komödiantische Manga-Sammelbände durchliest, an gescheiterte Liebesbeziehungen zurückdenkt und sich nebenher Disney-Zeichentrickserien aus den späten 80ern und frühen 90ern ansieht. Sollte man dieses Experiment überleben, so träume man daraufhin etwas, das «Scott Pilgrim gegen den Rest der Welt» gleicht. Der Soundtrack zum beschriebenen Synapsenkollaps erreicht in Sachen Wahnwitz nicht das gleiche Expertenlevel, kommt aber recht nah heran. Subtilität ist auf dem «Scott Pilgrim gegen den Rest der Welt»-Album also so rar wie fair spielende Computergegner in der «Mario Kart»-Serie. Dafür macht der Soundtrack in seiner chaotischen, knalligen und zumeist lauten Art ähnlich viel Spaß wie die bunten Kartrennen mit grünen Dinos und dicken italienischen Klempnern. Wenn man sich für derart hyperaktiven Indierock erwärmen kann. Wenn nicht, keine Bange: Eine kleine Wahl ruhigere Tracks hat sich ebenfalls auf das Album verirrt.
Anspieltipps: «We Are Sex Bob-Omb» von Sex Bob-Omb, «I Heard Ramona Sing» von Frank Black, «Sleazy Bed Track» von The Bluetones

«Rapunzel» (Alan Menken & Glenn Slater)

Nach einer beim Kinopublikum eher auf durchwachsene Resonanz stoßenden Experimentierphase kehren die Disney-Animationsstudios für ihren 50. abendfüllenden Kinofilm wieder auf bewährte Pfade zurück: Die Märchenadaption «Rapunzel» ist ein romantisches und witziges Musical in der Tradition von «Arielle, die Meerjungfrau» oder «Aladdin». Bloß wurde die Geschichte der Prinzessin mit dem güldenen Haar nicht als traditioneller Zeichentrickfilm, sondern mittels malerischer Computeranimation umgesetzt. Im Detail unterscheidet sich «Rapunzel» auch musikalisch von seinen direkten Vorgängern in Disneys-Märchenkanon. Die Lieder des disney’schen Hofkomponisten Alan Menken werden weniger pompös und broadway’esque in Szene gesetzt, stattdessen erinnert ihr Platz in der Filmdramaturgie an Disney-Klassiker der 50er und 60er, wie etwa an «Dornröschen». Jedoch besitzen die teilweise von den Folkrock-Interpreten Cat Stevens und Joni Mitchell inspirierten Lieder mehr Dynamik und Vitalität, sowie mehr klangliche Tiefe, als die Stücke aus den älteren Disneymärchen. Die Songs aus «Rapunzel» sind vielleicht keine sofortigen Ohrwürmer, aber sie wachsen einem mit jedem Mal ein bisschen näher ans Herz und werden sich deswegen noch ihren stolzen Platz in den musikalischen Disneychroniken erkämpfen. Besonders das zentrale Liebesstück wird den altbekannten Balladen arg Konkurrenz machen.
Instrumentale Anspieltipps: «Kingdom Dance» bzw. «Tanz auf dem Marktplatz», «Waiting for the Lights» bzw. «Warten auf die Lichter»
Anspieltipps für die Originalversion: «Mother Knows Best», «When Will My Life Begin (Reprise 2)», «I See the Light»
Anspieltipps für die deutschsprachige Fassung: «Wann fängt mein Leben an?», «Mutter weiß mehr (Reprise)», «Endlich sehe ich das Licht»

Bonustrack: «Tron: Legacy» (Daft Punk)

«Tron: Legacy» wird zwar erst Ende Januar den Weg auf die deutschen Kinoleinwände finden, der Soundtrack der französischen Houseformation Daft Punk ist aber bereits im Handel erhältlich. Die erfolgreichen Musiker zählen den Sci-Fi-Kultfilm «Tron» zu ihren größten und wichtigsten Einflüssen, weswegen sie entsprechend begeistert waren, an der Fortsetzung mitwirken zu dürfen. Diese Verehrung für das Material spürt man dem ambitionierten Soundtrack auch an. Mit viel Passion kombinieren Daft Punk ihren eigenen Stil mit dem klassischer Hollywood-Epen, Modernes mit Retro-Elektroklängen, zarte Streicher und kraftvolle Bläser mit verspielten sowie bombastischen Synthesizer-Sounds. Traurige, eiskalte Themen wechseln sich mit ehrfürchtigen Hymnen und kolossalen Actionstücken ab, werden von rasanten Club-Einlagen unterbrochen und klingen trotzdem wie aus einem Guss. «Tron: Legacy» ist eine akustische und emotionale Wundertüte mit einem durchweg erkennbaren, alles übergreifenden Motto.
Anspieltipps: «The Grid», «Recognizer», «Arena», «The Game Has Changed», «Adagio for Tron», «Fall», «C.L.U.» (und für Dance-Hörer: «Derezzed»)

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