Die Zehn

Zehn Sendungen, die uns 2010 gefallen haben

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Seite 2
Rette die Million! (ZDF)
Jörg Pilawas Rückkehr ins Fernsehen wurde millionenfach verfolgt. Nach zwischenzeitlichen Planungen, im ZDF ein wöchentliches Magazin zu moderieren, blieb der Schuster Pilawa allerdings bei seinen Leisten – und moderierte wieder mal eine Quizshow. Daran ist grundsätzlich nichts auszusetzen, gehört er schließlich zu den besten Unterhaltungs-Moderatoren im deutschen Fernsehen. Noch besser, wenn er sich vom angestaubten Quizkonzept löst und mit «Rette die Million!» ein wenig frischen Wind ins Genre bringt. Leider wurde die Berichterstattung der ersten Ausgabe von übertriebenen und hochstilisierten Pannen während der Studio-Aufzeichnung überschattet. Was in der ersten Show inhaltlich noch an Unstimmigkeiten und Fehlern bestand, wurde in der zweiten Ausgabe direkt ausgemerzt – so funktioniert Qualitätsmanagement. Ein hervorragend in Szene gesetztes Studio, bisher sympathische Kandidaten und das angesprochene interessante Konzept machten Lust auf mehr. Ein Problem hat die Show noch: Die Kandidaten wissen selbst noch nicht, wie risikoreich sie spielen dürfen und sollen, wie sie die Regeln einzuschätzen haben. Dies wird sich wie bei allen großen Shows erst mit einem regelmäßigen Ausstrahlungsrhythmus einspielen – 20 Ausgaben sind aktuell für 2011 geplant; es dürften gern noch einige mehr werden.

Harald Schmidt (Das Erste)
Der Altmeister kann es ja doch noch. Besonders die erste Staffel der neuen «Harald Schmidt»-Sendung, die von Herbst 2009 bis Frühjahr 2010 gesendet wurde, hielt einige starke Highlights bereit, die man vom 53-jährigen Entertainer Schmidt gar nicht mehr gewohnt war. Er machte die Ankündigung wahr, nur noch das zu tun, wozu er Lust hatte – und dies merkte man ihn in den meisten Sendungen an. Besonders die Interviews mit Gästen – sonst oft ein peinlicher Dialog über die neueste CD oder den aktuellen Film – waren in der ersten Staffel der Show erfrischend und großartig, beispielsweise jene mit den Schriftstellern Sibylle Berg, Rainald Goetz oder dem Kolumnisten Hans Zippert. «Harald Schmidt» wurde zu einer Sendung abseits des Mainstreams, dem sich Schmidt in der Pocher-Zeit verschrieben hatte. Und so erlebten wir den besten Schmidt seiner ARD-Zeit im ersten Halbjahr 2010. Leider baute die zweite Staffel ab: Das Ensemble wurde teils ausgetauscht, Schmidt begrüßte zuletzt auch wieder die „üblichen Verdächtigen“ als Gäste wie die «X Factor»-Gewinnerin oder RTL-Moderator Peter Kloeppel.

Hart aber fair (Das Erste)
Oft ist die Einschaltquote kein Indikator für die inhaltliche Qualität eines Fernsehprogramms. Im Falle von «Hart aber fair», dem Polit-Talk mit Frank Plasberg im Ersten, trifft dieser Umstand gerade 2010 aber zu: Mit hervorragenden Gesprächen, investigativen Beiträgen und kontroversen Debatten talkte sich Plasberg in die Köpfe der Zuschauer und brach eigene Quotenrekorde. Der Höhepunkt: Die Diskussion über die Scientology-Sekte am 31. März, die von 7,47 Millionen Bundesbürgern verfolgt wurde und den Jahresbestwert für einen Polit-Talk aufstellte. Die Entwicklung dieses Formats ist bewundernswert: Jahrelang sträubte man sich dagegen, die WDR-Sendung ins Erste zu verlegen – auch weil die Möglichkeit des Misserfolgs bestand. Doch Qualität setzt sich durch, 2010 ist «Hart aber fair» mehr denn je feste Institution im fernsehtechnischen Polit-Zirkus und nicht mehr wegzudenken. Im Herbst 2011 wird Plasbergs Sendung auf den Montagabend verlegt. Und ein weiteres Kapitel in der spannenden Geschichte dieses Formats beginnt.

Ohne Geld bis ans Ende der Welt (ZDFneo)
Allgemein machte der neue, junge Sender ZDFneo im Jahr 2010 viel Spaß. Besonders unterhaltsam gestaltete sich die Doku-Reihe «Ohne Geld bis ans Ende der Welt», in der Reporter Michael Wigge im Selbstversuch ohne einen Pfennig Geld loszog, um die Welt zu besuchen. Was er auf seiner globalen Reise erlebte, hielt er selbst die gesamte Zeit über mit seiner eigenen Handkamera fest – und diese bewegten Bilder konnten wir später vor den heimischen Fernsehern genießen. Das Eintauchen in fremde Welten mit Wigge machte deshalb so viel Spaß, weil es ein unberechenbares Moment barg: Nie wusste man als Zuschauer, was Wigge sich jetzt einfallen ließ, um weiterzukommen oder im wahrsten Sinne des Wortes zu überleben. Die von 150 Reisetagen zu fünf TV-Episoden komprimierte Abenteuerreise zeigte das gesamte Reporter-Spektrum der Gefühle; von Glück über Trauer bis zur totalen Erschöpfung hielt die Kamera alles fest. Selten war eine Dokumentation so persönlich, deshalb so aufschlussreich bezüglich des Umgangs mit anderen Kulturen wie «Ohne Geld bis ans Ende der Welt».

MTV Home (MTV)
Der Lichtblick im Programm des Alibi-Musiksenders MTV heißt «MTV Home» - die Sendung mit dem Haus. Moderiert wird die Show von Klaas Heufer-Umlauf und Joko Winterscheidt. Der Titel ist Programm: Das Studio ist eingerichtet wie das Wohnzimmer einer typischen WG; von Couch, Kommode bis hin zum Kühlschrank ist alles vorhanden. Das Konzept der Sendung: Man empfängt prominente Gäste und einen Musikact pro Show. Der Rest der Sendezeit wird durch amüsante Einspielfilme bestritten. Joko & Klaas sind die Shooting Stars von MTV, da beide rhetorisch auf Zack sind und eine Spontaneität an den Tag legen, die man bei vielen Nachwuchsmoderatoren vermisst. Die Einspielfilme sind jedoch das eigentliche Herzstück der Sendung. In diversen Kategorien wie "Aushalten" oder "Wenn ich du wäre" liefern sich Joko & Klaas absurde Rivalitätskämpfe, wie z.B.: Wer hält es länger aus, ein WM-Spiel der deutschen Mannschaft nicht zu sehen? Die beiden Moderatoren funktionieren perfekt zusammen, und es macht einfach Spaß zu sehen, wie sie sich in ihrer Hass-Liebe gegenseitig übertrumpfen. Bei «MTV Home» findet man all den Mut und die Experimentierfreude, die man bei den Produktionen der großen Sender inzwischen schmerzlich vermisst. Text von Glenn Riedmeier

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